modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Mehrfachbeauftragung | 09/2023

Entwicklung Innenstadt in Glarus (CH)

Teilnahme

Beglinger & Bryan Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

IBV HĂŒsler AG

Verkehrsplanung

Atelier Freienstein

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

StÀdtebau/Freiraum
Mit einer sorgfĂ€ltigen Analyse und viel Ortskenntnis wĂ€hlt das Team einen Ansatz, der den Bestand respektiert und mit zurĂŒckhaltend prĂ€zisen Interventionen arbeitet. Mit mehr BĂ€umen soll die Innenstadt einerseits ökologisch aufgewertet und die AufenthaltsqualitĂ€t deutlich verbessert werden. Gleichzeitig erkennt das Team, dass die historisch wichtige Hierarchie der StrassenrĂ€ume mit BĂ€umen stĂ€dtebaulich herausgearbeitet und gestĂ€rkt werden kann und die optische Dominanz des Autoverkehrs verringert wird.

Durch die Anordnung der ParkplĂ€tze in den Seitengassen werden die wertvollsten stĂ€dtebaulichen Orte (Spielhof, Rathausplatz, Gemeindehausplatz) vollstĂ€ndig vom stehenden Verkehr freigespielt. Die Hauptstrasse wird in unverĂ€nderter Breite als geradlinige, stĂ€dtebauliche Hauptachse mit einer regelmĂ€ssigen Allee ausgestattet, was ihre Bedeutung im Stadtraum unterstreicht. Konzeptionell wird sie wieder in ihrer ganzen LĂ€nge gedacht und gestalterisch an die bestehende Allee im sĂŒdlichen Teil angeknĂŒpft. Konsequent wird die Bahnhofstrasse nicht mit BĂ€umen flankiert und erfĂ€hrt, lediglich mit durchlĂ€ssigen Pflanzstreifen ausgestattet, aber auch keine massgebliche Aufwertung.

Die FahrbahnrĂ€nder werden konsequent geradlinig durchgezogen und unterstreichen das ruhige Bild des linearen Strassenraums, haben aber auch eine sehr breite Fahrbahn bei nach wie vor relativ schmalen Vorzonen zur Folge. Auf einer Seite werden optional weiterhin LĂ€ngsparkplĂ€tze im Strassenraum angeboten. Die Platzsituationen sind sorgfĂ€ltig entworfen und versprechen eine hohe AufenthaltsqualitĂ€t. Die Achse «von der Linth durch die Stadt zum GlĂ€rnisch» wird ĂŒber eine Beruhigung der Zaunstrasse und Gemeindehausplatz zur Begegnungszone aufgewertet.

Als nachteilig wird die Unterbringung sĂ€mtlicher ParkplĂ€tze in den Seitengassen empfunden. Diese werden dadurch empfindlich abgewertet. Die historisch ebenfalls wichtige Verbindung zwischen Stadtkirche und Stampf erfĂ€hrt leider ebenfalls keine Aufwertung. Es ist zu befĂŒrchten, dass mit dem Vorschlag PlĂ€tze und Hauptstrasse zwar aufgewertet werden, allerdings auf Kosten des nĂ€heren Umfelds

Verkehr
Die Hauptstrasse und die Bahnhofstrasse wird als funktionale Hauptverkehrsstrasse mit Tempo 50 und bestehenden FussgĂ€ngerstreifen, durch die optionale Anordnung von LĂ€ngsparkfelder auf der Fahrbahn, der besonderen Gestaltung der Einfahrten in die Seitenstrassen und der Beibehaltung der Fahrbahnbreite bei rund 9.0 m in ihrer Bedeutung als Kantonsstrasse gestĂ€rkt. Trotzdem bleibt sie baulich in das StadtgefĂŒge integriert.

Mit der Verlagerung der Parkfelder in die Seitenstrassen bleiben diese weiterhin in Fusswegdistanz zu den GeschĂ€ften entlang der Hauptstrasse. Die EinfĂŒhrung des Einbahnregimes in der Gerichtshausstrasse und der Bankstrasse schafft dafĂŒr Platz.

Mit dem klar verstÀndlichen Regime Tempo 50 auf der Haupt- und Bahnhofstrasse und dem flÀchigen Tempo 30 auf allen anderen
Strassen wird nicht nur die Hauptstrasse in ihrer Funktion gestĂ€rkt, auch die weiteren Strassen erfahren eine Aufwertung fĂŒr den Fuss- und Veloverkehr. In den Seitenstrassen, die zusĂ€tzliche Parkfelder aufnehmen mĂŒssen, wird der Raum jedoch auch fĂŒr den Fuss- und Veloverkehr enger.

Der Spielhof, wie auch der Rathausplatz, werden von parkierten Autos befreit und grosszĂŒgige FlĂ€chen, welche zum Aufenthalt einladen fĂŒr zu Fuss Gehende geschaffen.

Die Ausbildung der Zaunstrasse als Begegnungszone und der Gemeindehausstrasse als FussgÀngerzone stÀrkt die Achse «von der Linth durch die Stadt zum GlÀrnisch».

Gestaltung
Mit der Optimierung der VerkehrsflĂ€chen, der Anordnung der Parkierung in die SeitenrĂ€ume zur Hauptstrasse / Bahnhofstrasse und der Befreiung der PlĂ€tze Spielhof und Rathaus vom Verkehr werden die FlĂ€chen fĂŒr zu Fuss Gehende insgesamt attraktiver, ohne dabei die heutige FunktionalitĂ€t in Frage zu stellen.

Mit der Neugestaltung des Spielhofes wird ein einladender und funktionaler Raum ĂŒber die Strasse hinweg geschaffen. Er lĂ€dt zum Verweilen ein. Die vorhandenen BĂ€ume werden durch weitere, «den alpinen Charakter» unterstĂŒtzende ergĂ€nzt, die RasenflĂ€chen werden zu blĂŒtenreichen StaudenflĂ€chen umgestaltet, es entsteht ein einladendes und stimmiges Bild. Der Rathausplatz wird durch zusĂ€tzliche BĂ€ume klar gefasst. In der Mitte bleibt der Platz offen und bietet Raum fĂŒr Veranstaltungen. Gleichzeitig wird unter den BĂ€umen ein Angebot zum Verweilen und Aufenthalt geschaffen. Der ĂŒber die Strasse springende Belag hĂ€lt die beiden PlatzhĂ€lften ĂŒber die Kantonsstrasse hinweg zusammen und unterstreicht den gewĂŒnschten reprĂ€sentativen Charakter des Raumes.

Die Achse zwischen Spielhofplatz und Rathausplatz wird durch eine Allee im Trottoirbereich gefasst. Zur Strasse hin wird der Gehweg entsiegelt und mit vielfÀltig bespielbaren FlÀchen, welche den Sockelnutzungen zur Aneignung zugewiesen werden, aufgewertet. Die Achse Bahnhof - Gemeindehausplatz - Zaunplatz erscheint durch einen einheitlichen Belag und locker eingestreute BÀume als Abfolge von PlÀtzen und platzartigen StrassenrÀumen. Sie erfÀhrt dadurch eine deutliche Aufwertung in funktionaler, wie auch gestalterischer Hinsicht.

Das Gestaltungskonzept ist stark mit dem Ort und seiner Geschichte verbunden. Es wĂŒrdigt den Bestand und ergĂ€nzt ihn sinnvoll und zurĂŒckhaltend. Die Absicht, auch die unbekannten Seiten der Stadt erlebbar zu machen, zeigt sich in punktuellen Massnahmen wie der Schaffung einer Grotte unter dem Rathausplatz, um den Giessenkanal erlebbar zu machen. Die Studie besticht durch den respektvollen Umgang mit den bestehenden Strukturen und Elementen.

Nutzung
Der Spielhof, Rathausplatz und Gemeindehausplatz werden baulich und gestalterisch aufgewertet und erhalten einen eigenen Charakter mit hoher AufenthaltsqualitÀt. Die aufgewertete Haupt-und Bahnhofstrasse verbindet die drei PlÀtze und macht die Erneuerung der Innenstadt zu einem identitÀtsstiftenden Ganzen.

WĂ€hrend kommerzielle Nutzungen im Spielhof in den Hintergrund treten und der Platz sich vor allem als Ort der Begegnung, des Spiels und des RĂŒckzugs auszeichnet, entsteht vor dem Rathaus ein grosser, von ParkplĂ€tzen befreiter und am Rande begrĂŒnter Platz. Dieser ermöglicht Veranstaltungen und MĂ€rkte und wertet ĂŒber die Nutzung der AussenrĂ€ume die Gastronomie und den Detailhandel auf. Dies schafft die vielfĂ€ltigen Begegnungsmöglichkeiten, wie dies auch die Vision «Zukunft Innenstadt» (2018) vorsieht.

ZurĂŒckhaltend und pragmatisch sind die baulichen und gestalterischen Eingriffe auf dem Gemeindehausplatz und auf der Ost-Westachse vom Bahnhof zum Zaunplatz. Zusammen mit der Aufwertung der Zaunstrasse zur Begegnungszone und der Gemeindehausstrasse zur FussgĂ€ngerzone erhöhen sie jedoch die AufenthaltsqualitĂ€t.

Im Bereich der Hauptstrasse wird mit dem vorliegenden Vorschlag der Vision «Zukunft Innenstadt», gemÀss welcher der «Verkehr nicht mehr trennend, sondern verbindend» wirken soll, nur beschrÀnkt nachgelebt. Mit der geplanten Fahrbahnbreite von 7.10 m bleibt die heutige Trennfunktion der Haupt- und Bahnhofstrasse weitgehend erhalten. Die Aufhebung der LÀngsparkfelder Àndert daran wenig, da die entsprechenden FlÀchen nicht zu den Trottoirs geschlagen werden.

Der mit der Verlagerung der Parkfelder in die Seitenstrassen an der Haupt- und Bahnhofstrasse verbundene Mehrwert hĂ€lt sich in Grenzen. Die AussenflĂ€chen vor den LĂ€den werden durch die Aufhebung der LĂ€ngsparkfelder nicht verbreitet. Das zusĂ€tzlichen Parkfelder in den Seitenstrassen erschweren eine klimatisch und siedlungsplanerisch erwĂŒnschte BegrĂŒnung der Strassen. Die Wohn- und AufenthaltsqualitĂ€t wird in diesen Strassen reduziert statt erhöht.