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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2015

Neubau Jugendhaus und Stadtteilbibliothek

Platzfolge

Platzfolge

Anerkennung

Preisgeld: 1.500 EUR

Lukáš Veltruský

Architektur

Simon Mahringer Dipl. Arch. ETH

Architektur

Thomas Gantner

Architektur

Erläuterungstext

Konzept – Durch den Zusammenschluss von Jugendhaus und Stadtteilbibliothek entsteht ein neues Stadtteilzentrum in Stuttgart Heslach. Dieses soll Aktivitäten generieren und gleichzeitig Attraktivität erzeugen. Aus diesem Grund ermöglicht die Gebäudestruktur Raumkapazitäten, die multiple Nutzungen aufnehmen können. Die Raumstruktur soll das heute vorgegebene Raumprogramm abbilden und gleichzeitig die Möglichkeit für Anpassung und Veränderung in der Zukunft bieten. Ziel ist eine offene, modulare und adaptierbare Struktur. Die Jugendlichen sollen sich das Haus aneignen können. Der Charakter des Gebäudes soll dem eines Ateliergebäudes oder eines Werkgebäudes entsprechen – und gleichzeitig ein Zuhause bieten.

Nutzung und Nutzer – Erwachsenwerden bedeutet für die Jugendlichen ständige Veränderung und Verwandlung. Die persönlichen Interessen und Bedürfnisse verlagern sich – ebenso können sich die allgemeinen Erwartungen an ein Jugendhaus ändern. Der Neubau möchte den wechselnden Anforderungen gerecht werden und bietet eine Struktur der Veränderung und des Wachstums. Dazu bietet er flexible Räume an, die sich die
Jugendlichen aneignen können. Das Ergebnis ist Vielfalt und Verschiedenartigkeit 
in einer klaren Ordnung.

Städtebau – Heslach hat ein heterogenes, charakteristisches und lebendiges Stadtbild. Heslach braucht keinen Neuanfang, sondern die Besinnung auf vorhandene Strukturen und Potentiale. Das neue Gebäudevolumen integriert sich in das bauliche Gefüge. Gleichwohl zeigt es als Endpunkt oder Auftakt einer Promenade selbstbewusst seinen öffentlichen Charakter: Es spannt einen öffentlichen Quartiersplatz mit den umgebenden Gebäuden auf. Die Zugänge zu allen wichtigen Bereichen liegen am neuen Platz.

Fantavierplatz – Dieser neue Platz ist ein weiteres Glied in der Abfolge der öffentlichen Plätze entlang der Böblinger Straße: Erwin-Schöttle-Platz, Fantavierplatz, Traugott-Armbrüstle-Plätzle, Bihlplatz. Der Fantavierplatz ist die neue gemeinsame Mitte und wird durch die Hauptzugänge, das Café und die Freitreppe bespielt. Es entsteht ein sachter Übergang von der Böblinger Strasse zum Gebrüder-Schmid-Weg.

Stuttgarter Stäffele – Stadtplatz und Dachgarten sind über eine öffentliche Freitreppe direkt miteinander verbunden. Dieser vertikale Weg erweitert den Grund des Platzes bis auf das Dach und somit auch die öffentlich nutzbare Fläche. Dieses Element bespielt und belebt 
die Platzfassade ebenso wie den Platz. Daneben bildet es für die Hauptzugänge auf Platzniveau Vordächer aus.

Organisation – Das Gebäude ist ein kompaktes Volumen. Seine Höhe orientiert sich an den umgebenen Bauten. In diesem Volumen befinden sich die vier verschiedenen Raumbereiche: Jugendhaus, Stadtteilbibliothek, Jugendcafé und ein Dachgarten für die Jugend. Diese vier Bereiche können komplett unabhängig voneinander existieren. Zwei Raumschichten flankieren einen zentralen Flurbereich. Dieser ist breit genug zum Treffen, Warten und Sich-Austauschen. Die seitlichen Räume verzahnen und überlagern sich im Schnitt – diese übersichtliche und einfache Erschließungsstruktur ermöglicht komplexe räumliche und visuelle Beziehungen. Im Untergeschoss liegen die lärmintensivsten Räume. Auf Platzniveau befinden sich der offene Treff sowie die Zugänge zum Jugendhaus und zur Stadtteilbibliothek. Die Bibliothek nimmt das gesamte erste Obergeschoss ein und hat einen Lesebalkon zur ruhigen Ecke des Platzes. Es folgt ein Geschoss mit vorwiegend gemeinsam genutzten Bereichen und Verwaltung. Obergeschoss und Dach gehören alleine den Jugendlichen. Über den Dächern der Stadt und mit weitem Blick über das Heslacher Tal bietet die fünfte Wand des Hauses einen weiteren Möglichkeitenraum. Ein Bolzplatz, ein Kletterfelsen und urbane Landwirtschaft wird vorgeschlagen, gleichwohl kann der Raum andere Nutzungen beherbergen.

Brandschutz – Die unterschiedlichen Nutzungseinheiten sind durch den notwendigen Flurbereich räumlich entkoppelt. Es gibt eine erste notwendige Treppe im Haus, der zweite Rettungsweg geht über die Freitreppenanlage am Platz.

Struktur – Die Tragstruktur ist einfach – Stützen und Decken aus Stahlbeton mit Flachdecken h=26cm und Rechteckstützen 24/24cm. Das gewählte Tragsystem hat wirtschaftliche Spannweiten. Die Wände des Treppenhauses und des Aufzugschachtes sind aussteifend und Anlagerpunkte 
für die notwendigen Schächte. Die Fassade und inneren Trennwände sind nichttragend. Die Außentreppe ist ebenfalls in Stahlbeton ausgeführt – die Treppenläufe werden als Fertigteile ausgebildet, die Podeste und 
Balkonplatten mit Isokorb abgetrennt. Diese einfache und rigide Struktur ermöglicht eine große Freiheit in der Programmierung - heute und in Zukunft. Bei der Konstruktion der Wand-, Decken- und Fassadenelemente wurde an einen hohen Vorfertigungsgrad gedacht, um Bauzeit und Baukosten zu minimieren und nachträgliche Anpassungen zu ermöglichen.

Material – Ein Betonsockel auf Straßenniveau nimmt das Terrain auf. Oben spannt sich eine Haut aus Polycarbonat über die Struktur. Dieses transluzente Kleid lässt das Innere erahnen. Es entsteht ein Spiel aus durchsichtigen, transluzenten und lichtdichten Flächen. Im Innern vermitteln leichte modulare Elemente eine offene, helle und transparente Stimmung. Vorhänge, Holzelemente und das weiche Licht durch die Polycarbonathaut erzeugen eine warme und offene Atmosphäre. Die transluzente Fassade lässt die verschiedenen Aktivitäten innerhalb des Stadtteilzentrums nach außen wirken und vermittelt das Bild eines offenen Ateliers.

Der Leitgedanke für das haustechnische Konzept ist es, passive Strategien zu nutzen und gleichzeitig den Einsatz mechanischer Systeme auf ein Minimum zu reduzieren. Dies führt einerseits zu mehr Komfort für die Nutzer, andererseits auch zu einer Optimierung des Energiebedarfs und der Wirtschaftlichkeit im Betrieb.

Natürliche Belüftung – Das Haus wird natürlich belüftet. Einzig für diejenigen Bereiche im Untergeschoss, bei denen die Nutzung es erfordert, werden raumlufttechnische Anlagen vorgesehen: hierbei werden Multifunktionsraum, Musikbereich und Toiletten mit zentralen und dezentralen Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sowie kontrollierter Lüftung in Kombination mit Präsenzmelder und CO2-Sensoren ausgestattet. Eine Photovoltaikanlage betreibt die Wärmepumpen und die Versorgung der dezentralen Lüftungsgeräte. Optional kann eine Einbindung eines BHKW erfolgen, wenn dauerhafter Bezug von Wärme auch im Sommer über die umgebenden Gebäude sichergestellt ist.

Innovative Wärmeverteilung – Die zentrale Wärmeerzeugung besteht aus: Solarthermie, Erdspeicher (eTank®) unter der Bodenplatte als teilisolierter Speicher, Pufferspeicher und Wärmepumpe - ergänzt durch Spitzenlastabdeckung aus der Heizungszentrale auf dem Dach. Die Kühlanlage des Tonstudios wird in das Heizungssystem eingekoppelt. Im Winter und der Übergangszeit (Frühling, Herbst) werden die Wärmegewinne aus dem EDV-Bereich direkt dem Heizungssystem zur Verfügung gestellt. Pufferspeicher gleichen den Heizwärmebedarf im 24-Stunden-Bereich aus. Überschüssige Heizungswärme wird in dem Flächenspeicher saisonal eingespeichert. Die Aufteilung der Versorgungskreise erfolgt nach Himmelsrichtung und Nutzungsart. Behaglichkeit und Komfort wird durch Flächenheizungen im Fußboden in Verbindung mit Einzelraumregelung zur Absicherung
der Grundlast sichergestellt.

Energetisch optimierte Gebäudehülle – Es handelt sich um ein kompaktes Gebäudevolumen mit sehr gutem A/V-Verhältnis, bei dem die Wärmeverluste über die Fassade gering gehalten werden können. Eine in den opaken Bereichen hochgedämmte Gebäudehülle ist ein weiterer Baustein zur Minimierung des Energiebedarfs. Solare Gewinne im Winter werden durch die transparenten und
semitransparenten Fassadenbereiche möglich. Stoffstoren verhindern als außenliegender Sonnenschutz zu hohe Wärmeeinträge, im Innenraum gibt es Vorhänge als Sicht- und Blendschutz.

Beurteilung durch das Preisgericht

Kompakter Baukörper, der städtebaulich dreiseitig an die Grundstückgrenzen angelagert ist, und einseitig durch Abrücken vom Mehrgenerationenhaus eine bespielbare Außenfläche herstellt, über die die Funktionsbereiche des Jugendhauses und der Bibliothek getrennt voneinander erschlossen werden.

Der Entwurf stellt insgesamt einen interessanten Beitrag für einen modular aufgebauten Neubau eines Jugendhauses dar, beinhaltet jedoch starke betriebliche Defizite. Die Spielfläche auf der Dachfläche wird durch eine Freitreppe erschlossen. Nicht in den Plänen dargestellt sind notwendige betriebssichernde Absturz- und Sicherungsmöglichkeiten auf dem Dachgeschoß. Würden diese dargestellt werden, veränderte sich das städtebauliche Erscheinungsbild des Gebäudes erheblich. Die Außentreppe als angedachte Haupterschließung des Jugendhauses erscheint nicht praktikabel. Die räumliche Distanz der inneren Erschließung vom Aufzug und Treppenhaus kann nicht akzeptiert werden. Insgesamt liegen die Kenngrößen bezüglich Bruttogeschossfläche deutlich über dem Durchschnitt. Der Wert der Hüllfläche etwas unter dem Durchschnitt. Durch die notwendige Erhöhung der Stockwerkshöhe der Obergeschosse würde sich der Wert weiter verschlechtern. Die transluzente Fassade aus Polyicarbonathaut erscheint bezüglich Vandalismus nicht geeignet und ökologisch, energetisch nicht optimal.
Lageplan

Lageplan

Wimmelbild mit landestypischem Hintergrund und aktivem Fantavierplatz

Wimmelbild mit landestypischem Hintergrund und aktivem Fantavierplatz

Zonierung

Zonierung

Eingang – EG

Eingang – EG

Bibliothek – OG 1

Bibliothek – OG 1

Zwischengeschoss – OG 2

Zwischengeschoss – OG 2

Dachgarten – DG

Dachgarten – DG

Längsschnitt

Längsschnitt

Querschnitt

Querschnitt

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Ansicht Fantavierplatz

Ansicht Fantavierplatz

Stuttgarter Stäffele "re-invented"

Stuttgarter Stäffele "re-invented"

Fassade

Fassade