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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2010

Neues Kunstarchiv Beeskow

Anerkennung

Stephan Braunfels Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Architektonisches Konzept

Die Geschichte der Burg Beeskow beginnt im 13. Jahrhundert. Mehrere Umbaumaßnahmen im Laufe der Jahrhunderte, sowie jüngste Sanierungsarbeiten und auch das neu errichtete Ateliergebäude haben zu dem heute sichtbaren Burgkomplex geführt. Dabei ist der mittelalterliche Charme der Burg erhalten geblieben und dennoch eine zeitgemäße Nutzung der Anlage möglich.
Die wechselvolle Geschichte der Burg Beeskow begann als steinerne Wehranlage, zwischenzeitlich war sie Herrschaftssitz, später Wirtschaftshof und Anfang des 20. Jahrhunderts begann die kulturelle Nutzung der Burg Beeskow. Bereits ab den 30er Jahren zogen hier verschiedene Museen ein und vor allem seit der Wiedervereinigung wurde die Burg durch umfassende Restaurierungsmaßnahmen zum Bildungs-, Kultur- und Musikschulzentrum des Landkreises Oder-Spree.
Der Neubau für das Kunstarchiv Beeskow soll die vorhandene Nutzung entsprechend ergänzen. Der Neubau soll unter Beachtung der denkmalgeschützten mittelalterlichen Bausubstanz für die ca. 38.000 Exponate der Sammlung hochwertige Archivflächen für deren dauerhafte Unterbringung schaffen.

Dem Entwurf liegen zwei Leitgedanken zugrunde:
Der historische Turmgarten soll erhalten bzw. wiederbelebt werden.
Zur dauerhaften Bewahrung des Archivgutes sollen die Archivflächen komplett oberirdisch angeordnet werden.

Das Raumvolumen für die Archivflächen ist auf zwei bzw. drei Geschossen zusammengefasst und über dem ehemaligen Brauhaus als kompakter Körper angeordnet.
Unter Beachtung des mittelalterlichen Raumgefüges der Burg wird dieses Volumen so in der Südost-Ecke der Burg platziert, dass ausreichend Abstand zum Amtswohnhaus und dem Bergfried bestehen bleibt. Teile des Volumens schieben sich nach Osten über die Burgmauer hinaus an die historische Uferkante der Spree, die erst durch spätere Umformung des Flussbettes verlegt wurde.
Unterhalb der Archivflächen im Obergeschoss wird die Ruine des ehemaligen Brauhauses erhalten und in die zukünftigen Ausstellungsflächen im Erdgeschoß integriert.
Auf eine Unterkellerung über den bestehenden Keller hinaus wird zugunsten oberirdischer Archivflächen gänzlich verzichtet. Aufgrund des hohen Grundwasserspiegels und dem direkten hydraulischen Kontakt zum Spreewasserspiegel würden Untergeschosse im Burgbereich durchgängig Wasserkontakt haben.

Im Nordostender Burganlage entsteht der entsprechend den historischen Plänen vom Schlossplatz abgetrennte Turmgarten. Das historische Stallgebäude im Turmgarten wird erhalten und erhält als Werkstattgebäude eine neue Nutzung.

Der ca. 24 m hohe Bergfried, der im 18. Jahrhundert seinen heutigen Turmabschluss erhielt, bleibt der markante Hochpunkt der Burganlage. Durch die Verlagerung eines Teiles des Neubauvolumens über den Burggraben, bleibt die solitäre freigestellte Wirkung des Bergfriedes zwischen Schlossplatz und Turmgarten erhalten. Die Sicht von der Aussichtsplattform des heute als Museumsturmes genutzten Bauwerks bleibt uneingeschränkt erhalten.

Durch entsprechende Neu- und Umbauten wurde die Burganlage seit dem 13. Jahrhundert durchgängig genutzt und immer wieder für neue Nutzungen baulich angepasst. So sind innerhalb der Burg diverse Kulturschichten ablesbar und bleiben auch durch die Weiterentwicklungen erhalten.
Der Neubau für das Kunstarchiv und die Wiederherstellung des Turmgartens komplettieren die Struktur des Ensembles aus Burggebäude, Burgmauern und Freiräumen und setzen die baugeschichtliche Entwicklung der Burg somit konsequent fort.
Gewünscht ist eine lebendige Nutzung des historischen Bestandes als kulturelles und touristisches Zentrum des Landkreises Oder-Spree.

Materialkonzept

Die Burganlage wird von einer beeindruckenden ca. 210 m langen und bis zu 8 m hohen Mauer umschlossen. Die untere Hälfte der Mauer ist aus Feldsteinen errichtet. Spätere Gebäude und die Ergänzungen und Erhöhungen der Umfassungsmauern wurden aus Backstein durchgeführt.
Für den Neubau des Kunstarchivs Beeskow wird dieses historische Material aufgegriffen und in Verbindung mit einem gläsernen Gebäudesockel neu interpretiert.
Ziegel ist zudem im Bezug auf den Unterhalt des Gebäudes ein sehr nachhaltiger Baustoff.

Das Zusammenspiel von Gebäuden und Außenmauer ist vielfältig. Teilweise nutzen die anliegenden Gebäude die Mauer als Außenwand oder die Außenmauern der Gebäude ersetzen an dieser Stelle die Burgmauer. Zudem gibt es Gebäude, die an die Mauer angebaut sind oder andere, deren Traufe über die Mauer hinausragt. Dieser vielfältige Umgang mit der Mauer wird für den Neubau aufgegriffen.

Im Erdgeschoss, dem Ausstellungs- und Verwaltungsbereich, wird die Burgmauer, die auch die Außenmauer des Brauhauses war, als Außenwand genutzt. Fehlende Teile werden mit altem Ziegelmauerwerk ergänzt. Das neue Volumen für die Archivräume schwebt über der Burgmauer und kragt auch über diese aus. Zwischen historischer Außenmauer und Auskragung entsteht eine gläserne Fuge, über die Seitenlicht in die Ausstellungsräume fällt.

Der historische Turmgarten östlich von Bergfried und Salzhaus wurde auf zwei Seiten von der beeindruckenden 8 m hohen Burgmauer umschlossen. Durch die Wiederherstellung dieses Gartens kann man diesen historischen Raumeindruck zukünftig wieder genießen.

Von außen bleibt der abweisende Charakter der Wehranlage auf der Ostseite erhalten und wird durch die Ergänzung um die Ziegelmauern des Archivgebäudes noch unterstrichen.
Die Höhenentwicklung des Neubaus orientiert sich an der Firsthöhe des Salzhauses, bleibt jedoch deutlich unter der Firsthöhe des ehemaligen Brauhauses zurück. Dies unterstreicht die historische Akzentuierung der Burg und des alten Handelsweges Frankfurter Straße gegenüber den einstöckigen Bauten des Fischerkiezes.

Fachplaner: Janowski & Co. Beratende Ingenieure GmbH