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Offener Wettbewerb | 08/2004

Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrum - Zentrale Universitätsbibliothek und Computer- und Medienservice der Humboldt-Universität zu Berlin

Modell

Modell

Ankauf

Hufnagel Pütz Rafaelian Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Mit dem Neubau des Jacob und Wilhelm Grimm Zentrums wird in innerstädtischer Lage und direkter räumlicher Nähe zur Humboldt-Universität eine kollektive Funktion für das gesamte Universitätsquartier und ein wichtiger Baustein zur Revitalisierung eines vernachlässigten Stadtumfeldes errichtet. Dem Bibliotheks- und Medienzentrum wächst dabei eine Bedeutung zu, die über die konventionelle Vorstellung der architektonischen Aufgabe hinaus weist und sie in Bezug zum Ort stellt.

Potential zur Formulierung einer eigenen kulturellen Identität der Universitätsbibliothek ist die Ambivalenz der „innerstädtische Randlage“ des Grundstücks. Die Stadtstruktur entlang der Bahn mit aufgebrochenen Blöcken, Brandwänden, aufgelassenen Grundstücken und Hinterhöfen als Rückraum der Stadt, ist gleichzeitig hochurban, verbindet mythische Berliner Orte und Architekturen. Der Bahnhof Friedrichstraße in dessen Nähe Mies van der Rohe in den zwanziger Jahren sein Glashochhaus gedacht hat, das Internationale Handelszentrum der DDR und die steinernen Monumente der Museumsinsel reihen sich daran auf.
Ziel des Entwurfs ist es aus diesen Bedingungen einen konzeptionellen Rahmen für die Weiterentwicklung der Humboldt Universität aufzeigen und einen zeitgemäßen architektonischen Ausdruck für die Bibliothek in der Stadt zu finden: Universitätsbauten, die sich nicht isolieren sondern ihre Funktionen in den urbanen Kontext einbinden und doch entsprechend ihrer Bedeutung eine zeichenhafte Autonomie suchen.

Konstituierendes Element dieser Verortung ist die Besonderheit des Grundstücks, eingespannt zwischen dem gemauerten Viadukt der S-Bahnbögen, die eine Beziehung nach Süden zur Humbolduniversität erschweren und den hochaufragenden Berliner Brandwänden der nach Norden angrenzenden Stadtblöcke. Diese bestimmenden Elemente werden übersetzt in eine Sequenz urbaner Themen, die sich sowohl als Teil des umgebenden Stadtraumes als auch als kollektive universitäre Räume begreifen.

Kubatur und Maßstäblichkeit des Bibliotheksgebäudes entwickeln sich aus der vorhandenen Blockbebauung des Stadtgrundrisses und der „grobkörnigen“ Struktur der historichen Kasernen nördlich der Bahn. Höhenentwicklung und Proportion der Bibliotheksfassaden sind mit Sockel, Mittelzone und Dach sorgfältig auf die angrenzenden Fassaden abgestimmt. Die steinerne Struktur der Straßenfassaden wird entlang der Bahn in einen transparenten gläsernen Vorhang, ein großmaßstäbliches Schaufenster zur Stadt übersetzt, hinter dem die Bibliotheksfunktionen nach aussen sichtbar werden. Hier ist der Blockrand durchbrochen. Die Struktur der eingestellten „Buchregale“ öffnet den Innenbereich, wird zum Filter zwischen Stadtlandschaft und Universitätsnutzung.

Analog zu den beiden Grundstücksseiten werden zwei großmaßstäbliche kollektive Räume thematisiert. Auf der Bahnseite eine gläserne, lichtdurchflutete Eingangshalle, als transitorischer Raum zur Stadt, und als Herz der Bibliothek, zu den steinernen Brandwänden der angrenzenden Blöcke, ein introvertierter Lesehof in urbaner Dimension.

Ein über die Grundstückstiefe durchgehendes, oberhalb der Traufkanten auskragendes, Dach bildet zu den Stadtbahnbögen eine gedeckte urbane Passage und ein weithin sichtbares signifikantes Zeichen des Jacob und Wilhelm Grimm-Zentrums, welches über die Bahntrasse hinweg bei der Annäherung von der „Universitätsachse“ sichtbar wird.
Das Dach verbindet zum einem die Blöcke nördlich und südlich der trennenden Hochbahntrasse und formuliert in der Erweiterung der Architektur einen auf das Objekt bezogenen imaginären öffentlichen Raum.
Die Universitätsbibliothek ist nicht mehr nur herausgehobenes Objekt, sondern wird Teil der Stadtlandschaft, fordert zur Inbesitznahme der kollektiven Räume auf.


Architektonisch werden auf einfachste Weise Gebäude und städtischer Raum verbunden. Die Eingangshalle erlaubt den Zugang von den angrenzenden Straßenräumen und über die Fußgängerpassage. Erdgeschossig in der Halle und im Gebäudesockel liegen alle öffentlichen Funktionen: Cafe, Vortragssäle sowie der allgemein zugängliche Ausstellungsbereich. Über einen angehobenen „Stadtbalkon“ im Gegenüber zur Hochbahn erreicht man die internen, gesicherten Nutzungen und den Lesehof. Im gedeckten „Hof“ wird durch eine abgesenkte hölzerne Raumschale der Lesesaal definiert. Die moderate Höhenentwicklung des Gebäudes in Verbindung mit der zentrale Lage des großen Lesebereichs über einem „vertiefenden“ Büchersockel, eng umgeben von den Freihandbereichen mit offenen Lesegalerien und den Nutzungen in den „Blockrändern“ sichern kurze Erschließungswege sowie ein hohes Maß an baulicher Transparenz im Sinne der Nutzerorientierung.
Analog zur Konzeption des Entwurfs entwickelt sich die streng rationale konstruktive und technische Gebäudestruktur. Die kompakte Bauweise des Gebäudes in Form der angrenzenden Stadtblöcke, mit der vorgelagerter Eingangshalle, den im Blockinnern eingeschnittenem Hof zur Tageslichtnutzung und zur Straße gerichteten und Büroräumen mit natürlicher Be- und Entlüftung minimieren den Energiebedarf. Das nach Süden auskragende Dach dient dem sommerlichen Wärmeschutz der Eingangshalle und erlaubt bei tiefstehender Sonne im Winter die Energiebilanz zu verbessern. Darüberhinaus besteht die Möglichkeit diese Flächen für einer Photovoltaikanlage zur Stromgewinnung auszurüsten. Durch eine in die Tragstruktur eingegossene Bauteilkühlung wird die passive Speichermasse des Betons zur konstanten Temperierung aktiviert und in Verbindung mit einer Absorbtionskältemaschine der Bedarf an konventioneller Klimatisierung minimiert.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Isometrie

Isometrie

Perspektive

Perspektive

Innen-Perspektive

Innen-Perspektive