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Mehrfachbeauftragung | 07/2012

Lutherarchiv

Teilnahme

HF Architektur GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Entwurfsansatz
Das Haus in der Seminarstrasse 2 ist kein herausragendes Baudenkmal an sich. Sein
eigentlicher Wert besteht darin, dass es den Straßenraum als geschichtlichen Ort prägt; in
seiner Baukörpergestalt, aber auch durch die unterschiedlichen Nutzungen, die das Haus
über die Jahre hatte und die sein Aussehen veränderten. Auch Nichtnutzung und
Nichtveränderungen der letzten Jahre, haben ihre Spuren hinterlassen.
Dies alles ist im heutigen Anblick des Hauses archiviert.
Wir wollten versuchen, dies in unserem Entwurf aufzugreifen. Die Hülle des Hauses in der
Seminarstr. 2 soll in seiner jetzigen Gestalt und Oberflächentextur erhalten und konserviert
werden. Weitere Aspekte sollten in diese Idee eingefügt werden: die Wiederherstellung der
aus denkmalpflegerischer und städtebaulicher Sicht gewünschten ursprünglichen
Ausprägung der Fassade von 1862 und die Notwendigkeit des Zusetzens der Fenster für die
Magazinnutzung.
So sollen die Fensteröffnungen mittels Betonfertigteilen verschlossen werden, die einen
Abguss der Fensterprofilierung erhalten. Die angestrebte historische Fassadengliederung
soll wiederhergestellt werden, indem auch alle anderen Öffnungen, die im Laufe der Zeit
zusätzlich in die Fassade eingefügt wurden, mit Betonteilen gefüllt werden. Ehemalige
Fenster werden dort gegebenenfalls auch als Prägung eingefügt.
Der Hauskubus wird abschließend mit einer homogenen Farboberfläche versehen, die nur
die unterschiedlichen Texturen wirken lässt: die verschiedenen Putzoberflächen des
Bestandes und im Gegensatz dazu die makellos glatten Flächen der Betonteile.
Es entsteht ein Patchwork, dass die Spuren der Zeit erahnen lässt und die Gebäudehülle
selbst zu Archivgut macht.
Das geplante Raumprogramm lässt sich jedoch nicht ganz in der Kubatur des Altbaus
unterbringen- eine Ergänzung ist notwendig. Entsprechend unseres Ansatzes soll diese
Ergänzung städtebaulich als Volumen möglichst wenig in den Straßenraum hineinwirken,
bzw. die städtebauliche Wirkung des Altbaus beeinträchtigen.
Wir entschieden uns deswegen für einen eingeschossigen Körper im Garten. Er „duckt“ sich
hinter die Gartenmauer, von der Straße aus ist er kaum zu sehen, zum Garten der
Schöpfung hin glänzt er jedoch in einem goldenen Metallkleid. Er hat das Gebäude
„durchwachsen“ und an der Strasse die Fassade des Altbaus durchstoßen. An der
Gartenmauer zur Bösen Sieben ist dies ebenfalls geschehen.
In dem neuen Gebäudeteil sind Mehrzwecksaal und Büro untergebracht, die so eine sehr
schöne Sichtbeziehung zu Garten, Strasse und Geburtshausensemble haben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser setzen sich sehr intensiv mit den überlieferten Nutzungsspuren des Bestandsgebäudes auseinander und schlagen deshalb eine Art „archivierenden Umgang“ mit den Oberflächen und Öffnungen vor. Dieser Idee folgt auch die konsequente Schließung der Fenster auf der Straßen- und Hofseite und die Konzentration von weiterhin nutzbaren Fenstern auf der Nordseite. Da das historische Gebäude nur die geforderten Archiv- und Bibliotheksflächen aufnehmen kann, fügen die Verfasser für die Unterbringung eines Multifunktionsraumes und der Arbeitsplätze ein neues, in der Architektur des transformierten Gebäudes sicht- und erlebbares Element ein. Im Erdgeschoss wird von der Gartenseite ein eingeschossiger Bau angefügt und quasi bis zur Straße „durchgesteckt“, der in einem räumlichen Kontinuum den Multifunktionsraum und den Arbeitsbereich aufnimmt. Zum Garten ist der Saal sichtbar. Im Straßenraum tritt mit einem markanten großen Fenster der Arbeitsbereich in Erscheinung und erlaubt einen interessanten Durchblick zum Garten. Die Eigenständigkeit dieses neuen Elementes wird in den Fassaden durch die Verwendung einer goldenen Metalloberfläche betont.

Die Erschließung des Gebäudes erfolgt über den Anbau an seiner nordwestlichen Ecke über den Multifunktionsraum und eine einhüftige Treppe entlang der nördlichen Giebelwand. Im Erdgeschoss ist neben dem über Eck organisierten Multifunktions- und Arbeitsbereich das Büroarchiv untergebracht, für das außerdem teilweise das Kellergeschoss genutzt wird. Dort soll auch der Sanitärbereich untergebracht werden. Im Obergeschoss liegt die Bibliothek und im Dachgeschoss das geforderte Depot. Beide Bereiche werden ggf. durch einen Kleingüteraufzug angedient.

Das Beratungsgremium begrüßt die sorgfältige und behutsame Auseinandersetzung mit dem überlieferten Gebäude und seinem Erscheinungsbild. Zugleich kann es der Idee zu einem neuen Implantat auf der Gartenseite mit einem deutlich sichtbaren Zeichen auch im Straßenraum viel abgewinnen. Gewürdigt wird vor allem der großzügige und interessant geschnittene Innenraum mit seinen Bezügen zum Außenraum. Eine kontroverse Diskussion entspinnt sich bezüglich der städtebaulichen Wirkung des vergleichweise niedrigen „Flachbaus“ mit der vorgeschlagenen Metallfassade, die deutlich als Kontrast zum historischen Gebäude und als sehr eigenständiges neues Element im Ensemble des Luthergeburtshauses interpretiert wird.

Aus Nutzersicht erweisen sich die Eingangssituation über den Multifunktionsraum, die Kombination von Multifunktionsraum und Arbeitsbereichen und schließlich auch die Unterbringung des auch für die Gartennutzung angedachten Sanitärbereiches im Kellergeschoss als vergleichsweise ungünstig. Die Organisation des Depot- und Bibliotheksbereiches sind praktikabel. Insgesamt generiert der Entwurf wegen der Nutzung eines gesamten Kellergeschosses im Vergleich die größte Nutzfläche.

Der Entwurf erfüllt überwiegend die energetischen Anforderungen und ist in sich im Wesentlichen schlüssig. Nach der vorgeschlagenen baulichen Lösung für die Sanierung des Bestandsgebäudes und für die Erweiterung muss der Entwurf nach Energieeinsparverordnung den Anforderungen an einen Neubau entsprechen. Nicht abschließend bewertet werden kann der zu erwartende Standard für den Heizwärmebedarf. Der bauliche Entwurf lässt jedoch einen hohen Dämmstandard in der Hüllfläche zu. Zur Präsentation sagte der Bewerber den Passivhausstandard zu. Die zu erwartenden Energiekosten liegen um ca. 10 % über dem Mittel aller eingereichten Entwürfe. Die geplanten technischen Konzepte unterstützen überwiegend die energetischen und raumklimatischen Anforderungen. Die ausreichende Lüftung der fensterlosen Archiv- und Depoträume wäre im Falle einer Planung zu klären, ebenso die Funktionalität der vom Bewerber zur Präsentation vorgestellten Kühlung des Depots durch die Sockelleistenheizung. Der bauliche Entwurf unterstützt überwiegend das energiesparende Bauen (mit Einschränkungen im Büroraum). Die Effizienz der Wärmepumpe sollte ggf. den Forderungen des Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes entsprechen (Arbeitszahl größer 4,0). Zur Planung sollte geprüft werden, ob die Bohrpfahlgründung mit zur Nutzung der Erdwärme einbezogen werden kann. Die Technikflächen sind ggf. zu gering bemessen.
Lageplan

Lageplan

Ansicht_Nord

Ansicht_Nord

Ansicht_West

Ansicht_West

Schnittansicht_Süd

Schnittansicht_Süd

Ansicht_Ost

Ansicht_Ost

Grundriss

Grundriss

Grundriss

Grundriss