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Offener Wettbewerb | 06/2014

Neubau Sammlungszentrum Römerstadt Augusta Raurica

LOST AND FINDS

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 40.000 CHF

Ilg Santer Architekten

Architektur

Fürst Laffranchi Bauingenieure

Bauingenieurwesen

BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH

Bauphysik

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser gliedern das Raumprogramm in zwei voneinander getrennt positionierte Baukörper, die unterschiedlich umgesetzt werden. Das Sammlungszentrum mit dem Funddepot wird in einem flachen Rundbau organisiert, der freistehend im östlichen Perimeter zu liegen kommt. Die Setzung lässt viel fliessenden Landschaftsraum offen, die Beziehung zum Osttor bleibt entspannt. Der Werkhof liegt abgerückt im Westen des Perimeters und bildet eine strukturelle Einheit mit dem bestehenden Hof. Ein schützendes, offenes Dach beherbergt Schuppen und Kleinbauten darunter. Durch die Trennung zum Funddepot entstehen zu überbrückende Distanzen und Verkehrswege.

Die Stärke des Projektes Lost and Finds liegt in seinem präzisen Ansatz bezüglich Umsetzung eines architektonischen Konzeptes in Raum und Programm. Für die Hauptfunktion des Projekts, des Schützens, wählen die Verfasser eine archetypische Urform. Das Umfassen der Fundstücke im schützenden Kreis wird architektonisch umgesetzt und konstruktiv klar artikuliert. Die Folge ist ein in sich ruhender, zurückhaltender Bau, der sich in einer einfachen Sprache an Bauhütten bei Kathedralen anlehnt und trotz der Kreisform in keiner Weise Monumentalität ausdrückt.

Betrieblich führt das geometrisch ideale Verhältnis von Peripherie zu Inhalt, zu guten Abläufen zwischen den verschiedenen Arbeitsschritten in Forschung und Konservierung. Die Anlieferung erfolgt radial über die Vordachzone dorthin, wo das Stück zuerst bearbeitet werden muss. Im Innern folgt die Architektur der Logik des Arbeitsablaufs – linear entlang der gebogenen Verteilzone. Das zentrale Funddepot ermöglicht allen Beteiligten, den geometrisch kürzest möglichen Weg zu den Ausgrabungsstücken.

Thematisch wird das Ausgraben und Schützen durch die Artikulation einer umfassenden Mauer wörtlich umgesetzt. Der heute als schützende geschichtliche Schicht über den Ruinen liegende Bodens, wird in Lehmbautechnik in die Vertikale umgelegt und schützt so als Ring einen kreisrunden Leerraum. Ein Raum, der in ferner Zukunft wieder verschwinden mag – die Lehmmauer und die sie umgebende Architektur ihrerseits, sind wiederum vergänglich, wie die darunter liegende Epoche.
Der Umstand, dass der Lehm von andernorts herbeigeführt hätte werden müssen, da Eingriffe in den Untergrund auf ein absolutes Minimum zu beschränken sind, schmälert etwas die Schlüssigkeit des Konzepts.

Im Schnitt spricht das Gebäude dieselbe klare architektonische Sprache. An die Lehmmauer lehnt sich eine einfache, modulare Holzkonstruktion an. Ein direktes Zitat der Dombauhütten, die sich oft an die Mauern der Kathedralen anfügten. Die Vordachzone, die sich entlang des gesamten Gebäudeperimeters erstreckt, schafft einen Übergang zwischen Innen und Aussen und gleichzeitig eine Arbeitszone, die je nach Jahreszeit auch zum Arbeiten an Fundstücken genutzt werden könnte.
Zur Landschaft führt dies zu dem niedrigen, zurückfliehenden Horizont, der das Gebäude zugleich diskret und präsent prägt, es aber auch zurücknimmt, unterstützt durch die zurückweichende Kreisform.

Im Innern führt die Rundform zu einem entspannten und doch attraktiven Raumgefühl. Die gebogene Verbindungszone lässt keinen ewig langen Gang entstehen, sondern zwei Wände, die sich in der Tiefe der Perspektive wegdrehen. Die eine innere Fassade zu den Werkräumen wird zum durchlässigen Filter – transparent und sich immer wieder zu den Arbeitsräumen öffnend. Die hohe Wand zum Funddepot entzieht sich durch ihre Geometrie dem Blick und trägt entscheidend zum dynamischen Raumgefühl bei.

Ein grosszügiger Tragraster von 7.5 x 7.5 m überspannt in beide Richtungen das Funddepot. Die Materialisierung mit einer Stahl- und Stahlbetonverbundbauweise entspricht den Anforderungen an das Bauen über den Ruinen. Das Sammlungszentrum agiert als äusserer Ring um das Funddepot und wird mit einem radialen Holzrahmenbau in Brettschichtholz elegant gelöst. Die horizontale Aussteifung aus Stahl soll in der nur Vertikallasten abtragenden Stampflehmwand erfolgen, was aufgrund des unterschiedlichen Kriechverhaltens eher als problematisch zu beurteilen ist. Die Erdbebensicherheit wird mit der an und für sich leichten Konstruktion Rechnung getragen, vielleicht mit Ausnahme der Stampflehmwand, die gesondert zu betrachten wäre. Den Prinzipien des Bauens über den Ruinen wird mit einer Flachgründung, einem Kieskoffer und einer Vorbelastung des Baugrundes Rechnung getragen. Durch die Vorbelastung werden die Setzungsdifferenzen massgeblich minimiert.

Der Werkhof folgt der dem Projekt eigenen pragmatischen Logik und vereint die Funktionen in orthogonaler Organisation in nahem Abstand. Die Ausrichtung und Proportionen von Werkhof und Sammlungszentrum zueinander erinnern an die öffentlichen Bauten aus der Römerzeit: Grosse Primärgeometrien, die in spannungsgeladenem Verhältnis zueinander in Beziehung stehen. Die landschaftliche Dimension wird hier entscheidendes Element und führt die beiden Gebäude auf einfache und selbstverständliche Art der zukünftigen Nutzung als Freilichtmuseum zu.

Neben der Stringenz in seiner architektonischen Sprache verfügt das Projekt Lost and Finds über einen entscheidenden strategischen Vorteil. Das Gebäude macht die finanzpolitisch bedingte Etappierung zum architektonischen und konstruktiven Thema. Die erste Etappe erzeugt bereits ein in sich kohärentes städtebauliches und architektonisches Gebilde, das durchaus auch so stehengelassen werden könnte. Der kreisrunde Innenraum ist in sich attraktiv und funktionsfähig, kann jedoch auch helfen, Entscheidungsträger und Souverän von einer zweiten Etappe zu überzeugen.

Das Projekt besticht durch seine architektonische, funktionale und ökonomische Haltung. Mit radikaler Konsequenz verfolgt es seine Thesen und formt diese in einfache und baubare Aussagen um, klar artikuliert und intelligent im Einsatz der Mittel. Durch unerwartetes Zusammenspiel von klassischen Typologien und Konstruktionsweisen, wird ein zeitgemässes architektonisches Ensemble geschaffen, welches dem Sammlungszentrum und dem zukünftigen Freilichtmuseum eine eigenständige Identität geben kann.