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Offener Wettbewerb | 06/2009

Forum :terra nova

forum - terra nova

forum - terra nova

1. Preis

Dirk Melzer Landschaftsarchitekt

Landschaftsarchitektur

lüderwaldt architekten

Architektur

Erläuterungstext

Zuerst schiebt sich durch die Erdkrume ein massiger Steinblock. Die schrundigen Erdschichten, aus denen er sich hochgeschoben hat, sind noch sichtbar, auf dem Dach wächst die Wiese weiter.

Davor scheint die Erdoberfläche bereits zukünftige Ereignisse vorwegzunehmen: Parallel zur Abbruchkante heben und senken sich rechteckige Flächen unterschiedlicher Größe, die gewachsene Erdkrume hebt sich, darunterliegende Schichten werden sichtbar.

Schon bald entsteht vor diesem Gelände die gigantische Grube für den Braunkohleabbau: gewaltige Maschinen arbeiten sich immer näher heran, Lärm und Staub beherrschen die Landschaft. Eine scharfe Landschaftskante entsteht.

Und noch eine ganze Zeit später wird diese gewaltige Beschädigung der Erdoberfläche unter den Fluten eines der größten Binnenseen Europas nur noch zu erahnen sein. Die bewegte Erdoberfläche verschwindet langsam unter einem immer dichter wachsenden Grasteppich, der massige Steinblock vermoost, Vegetation bricht sich Bahn.

Dieses Szenario bildet den Hintergrund für unseren Entwurf für das Forum terra nova:

An der Schnittstelle zwischen Braunkohlenabbau und zukünftigem Landschaftspark gelegen, bildet das neue Informationsgebäude ein großes Fenster zum Tagebau, später zum See. Die Vorgelagerte, bewegte Freifläche wird zu einer Aussichtsplattform und Bühne für vielfältige Aktivitäten:
- Beobachtung der landschaftlichen Veränderung direkt an der Kante zum Abbau (Fernrohrallee);
- Anfangs-, End- oder Zwischenstation auf dem Spazierweg durch die "Gärten der Technik";
- Ausgangs- und Endpunkt von Exkursionen durch das Tagebaugelände;
- Picknick am Tag oder bei Sonnenuntergang;
- Teil eines Naturlehrpfades;
- Konzerte, Vorführungen und Ausstellungen.

Das Gebäude öffnet sich im Erdgeschoss großzügig zur Freifläche, das zweigeschossige Atrium wird zum multifunktionalen Zentrum.
Eine langsam ansteigende Treppenrampe und ein Aufzug führen auf der Rückseite des Gebäudes hinauf zum Rundgang durch die Ausstellungsebene: zwei geschlossene, nur durch Oberlicht beleuchtete Ausstellungssäle werden durch einen schmalen Gang verbunden, dessen trichterförmige Öffnungen einen fokussierten Blick hinüber zum Tagebau und später zum See erlauben und so Rückkoppelungen zu den jeweiligen Ausstellungsthemen Landschaft, Technik, Energie, Ökologie, Ökonomie ermöglicht. Die Ausstellungssäle können für besondere Veranstaltungen vom Rundgang abgetrennt werden.

Das Gebäude ist als "steife Kiste" aus Stahlbeton konzipiert, deren Lasten über einen Stahlbetonbalkenrost auf Einzelfundamente mit Gleitlagern und Hubkammern abgetragen werden. Der Balkenrost wird genutzt als Hochwärmeisolierter "saisonaler Speicher". Die massiven Außenwände aus geschichtetem, mit Zuschlagstoffen aus den verschiedenen, durch den Tagebau nach und nach freigelegten Erdschichten angereichertem Beton werden von innen gedämmt. Die Innenschalen werden zur Heizung herangezogen. Im Ausstellungsgeschoss werden die Oberflächen dunkel und glatt gespachtelt bis sie einen seidigen Glanz erhalten, der im Gegensatz steht zu der ansonsten sehr rauen Erscheinung des Gebäudes.
Die Bänke in den Außenanlagen werden ebenfalls aus Stampfbeton mit den gleichen Zuschlagstoffen wie für das Gebäude hergestellt. Vom Gebäude bis zur Abbruchkante mäandrieren gekieste Wege durch und zwischen den Bänken. Die Bodenfläche des Gebäudes bestehen ebenfalls aus mit Zuschlagstoffen wie die Wände angereichertem und geschliffenem Beton. Die Bodenfläche des Atriums entwickelt sich in den Freiraum bis zu den ersten Bänken, so dass im unmittelbaren Vorbereich des Gebäudes eine strapazierfähige Aktivitätsfläche entsteht.
Die Sichtfreiheit von der gesamten Aussichtsplattform wird gegeben, da eine zusätzliche Abböschung um 1m an der Kante zum Tagebau die Absturzsicherung, in Form einer perforierten Scheibe aufnimmt.

Gleich einem Braunkohlebrikett speichert das Gebäude Energie zur Selbstversorgung. Die massiven Außenwände aus Beton werden von innen gedämmt. Zusammen mit auf dem Dach angeordneten Solarpaneelen nehmen diese Wände Sonnenenergie auf, über ein Wassergefülltes Rohrsystem wird diese Wärme in einen hochwärmegedämmten "saisonalen" Speicher geleitet, dort gespeichert und in der Heizperiode zur Erwärmung der Betriebs- und Ausstellungsräume herangezogen. Das Atrium fungiert als Pufferzone zu den Betriebs- und Ausstellungsräumen. Die Zuluft für diese Räume wird hier vorkonditioniert und dezentral verteilt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit besticht durch eine einfache Gesamtidee eines sich aus der Erde heraus schiebenden Steinblocks. Dieser
Gedanke durchdringt sowohl den Außenraum wie die Architektur des Gebäudes. Das Ergebnis ist ein schwerer Baukörper,
der den Ort kraftvoll besetzt und der sich als Objekt gegenüber der schieren Größe zukünftiger Landschaften behaupten
kann.
Die Metapher des Steinblocks mit der Präsentation geschichteter Gesteinslagen, lässt eine unverwechselbare
architektonische Erscheinung entstehen, die den genius loci reizvoll widerspiegelt.
Die räumliche Ausformulierung des Baukörpers hat die Landschaft als Kulisse zum Thema. Vom Innenraum des Atriums
entsteht ein schönes gerahmtes Bild der dramatischen Landschaft. Der Außenraum entwickelt sich konsequent in den
Innenraum des Gebäudes. So entsteht über das Motiv der Steinblöcke und des Rahmes eine überzeugende Beziehung von
Innen- und Außenraum.
Die Gebäudeorganisation ist funktional gut gelöst. Das Atrium kann als Bistro genutzt werden, steht einer
Tagungsfunktion aber offen. Die Ausstellungsräume im ersten Obergeschoß sind mit den Oberlichtern lichttechnisch gut
ausgestattet. Eine weitere Nutzung als Tagungsräume wäre wünschenswert, was jedoch eine Erweiterung des
Lichtkonzeptes zur Folge hätte. Die Nutzung des Daches als zusätzliche Terrasse wird vermisst.
Das energetische Konzept mit saisonalem Wärmespeicher im Stahlbetonrost in Verbindung mit Solarpanelen erscheint
innovativ und sollte weiterverfolgt werden. Der Kostenrahmen ist eingehalten.
Insgesamt ist die Arbeit ein gelungener und solider Beitrag für das Forum Terra Nova.
lageplan

lageplan

grundriss und schnitt

grundriss und schnitt

schnitt 1|50

schnitt 1|50

Innenraumperspektive

Innenraumperspektive

Phasen

Phasen