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Begrenzt offener Realisierungswettbewerb für insgesamt 40 Teilnehmer mit vorgeschaltetem Losverfahren nach GRW 1995 für 31 Teilnehmer, 9 Büros wurden vorab ausgewählt | 11/2005

Realisierungswettbewerb „Besucherzentrum am Herkules“

Ankauf

STUDIO SCHULTZ GRANBERG - Städtebau und Raumstrategien

Architektur

HL Heilbronner Lachkareff Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Jan Schombara Architekt | Berlin

Architektur

Erläuterungstext

Besucherzentrum Herkules

1 – Bergpark/Herkulesplateau
Als westlicher Abschluss des Bergparks wird das Herkulesplateau homogenisiert und in seiner Eigenständigkeit kenntlich gemacht. Thematisch als topographisch sanft modellierte Hochwiese, als eine Alm-artige Lichtung bestimmt, versammeln sich auf ihm das solitäre, monumentale Herkulesbauwerk und die Nebengebäude von pittoresk-ländlichem Maßstab.

Zu diesem Zweck werden gärtnerische Elemente, die die kontinuierliche Flächigkeit des Plateaus optisch verstellen, reduziert und auf die baulichen Objekte zusammengezogen, mit denen sie einen funktionalen Zusammenhang bilden. Auf dem Plateau werden Böschungsmauern, Hecken und starke Materialkontraste in den Wegbelägen nivelliert, während der Waldsaum und die Geländekanten als Begrenzungen zu den umliegenden Landschaftsräumen freigestellt und durch den Verlauf des Ringweges betont werden.

So wird die Stellung des Herkulesbauwerks und -plateaus als Vermittler zwischen dem künstlerisch geformten Bergpark und der agrikulturell geprägten Landschaft auf der westlichen Hochebene, zwischen der barock-raumgreifenden Achse und dem pragmatischen Patchwork aus Feldern und Wäldern wahrnehmbar.

2 – Besucherzentrum
Dieses Kenntlichmachen verlangt auch die Auslagerung und deutliche Abtrennung der Verkehrsfunktionen von dem Bewegungssystem des Plateaus. Das Besucherzentrum fungiert dabei als transitorischer Ort, der von der infrastrukturellen Welt in (und auf) die verkehrsfreie Welt des Bergparks überleitet. Es empfängt (entlässt) unten und entlässt (empfängt) oben, tritt selber aber nicht als Objekt des Herkulesplateaus sondern als dessen Rand in Erscheinung. Durch diese architektonische Dramatisierung der Topographie überschreitet der Besucher beim Übergang in den Bergpark eine landschaftliche Schwelle, die zum einen die Differenz der Räume hervorhebt und zum anderen das Thema der Künstlichkeit in Bezug auf das Naturhafte einleitet.

3 – Infrastruktur
Das Park- und Haltestellensystem wird kompakt nördlich der ankommenden Landstrasse organisiert.

Bevor der Waldparkplatz erreicht wird, hat der Besucher über die Wand des Besucherzentrums hinweg einen ersten Eindruck vom Herkulesbauwerk erhalten. Die Verkehrsinsel vor dem Besucherzentrum dient als Angelpunkt für alle Verkehrssysteme.

Die Haltestellen für den ÖPNV sowie für den Parkshuttle sind gut sichtbar und unweit des Besucherzentrums um die zentrale Verkehrsinsel angelegt. Vom Parkplatz führt eine Allee geradlinig auf den Vorplatz des Besucherzentrums, der als geneigte und sich verjüngende Fläche auf den Eingang zum Park – das Besucherzentrum – ausgerichtet ist.

Reisebusse parken entlang der Allee. Das Parkplatzangebot lässt sich im vorgeschlagenen System erweitern, ohne dass dabei der westliche Waldsaum, der den Parkplatz von der offenen Landschaft abschirmt aufgegeben werden müsste. Ein zusätzlicher Reisebus kann neben der Haltestelle für den ÖPNV parken.

Bei Sonderveranstaltungen wie dem „Son et Lumiere“ können temporäre Kassen auf dem Vorplatz aufgebaut werden. Die Anlieferungszufahrt nördlich der auslaufenden Wand des Besucherzentrums kann bei Bedarf für den Publikumsverkehr geöffnet werden. Gegenüber der in die Wand eintauchenden Fassade des Besucherzentrums sind lange Bänke als Sitzgelegenheit für wartende Besucher vorhanden.

4 – Programm Außenraum
Von der Freitreppe des Besucherzentrums gelangt der Besucher auf den umlaufenden Ringweg. Er nähert sich dem Herkulesbauwerk in einem weit geschwungenen Viertelkreis; so wird es in seiner allseitigen Körperhaftigkeit erfahren. Die wassergebundene Wegdecke des Ringweges mündet in die Rasenpflasterfläche, auf der das Bauwerk von weitem wie in einer Wiese zu stehen scheint. Über diese Fläche sind alle Zugänge in und auf das Herkulesbauwerk erreichbar.

Die Situation um die Bauhütte wird belassen. Die Hecke um das Aufseherhaus wird soweit zusammengezogen, dass Haus und Hecke zu einem inselhaften Objekt in der Wiese des Hochplateaus werden. Das Wasserreservoir wird zugänglich gemacht. Ein Schwimmponton mit kleinen Scharnierbrücken eröffnet die Möglichkeit, auf dem Wasser dieses künstlichen Teiches im Angesicht des Herkules zu verweilen.

Die Geländeaufschüttungen um das Restaurant werden von Sträuchern und kleinen Bäumen bereinigt, um sie in die Fläche des Herkulesplateaus zu integrieren. An seine Wölbung angepasste Picknickdecks erschließen den kleinen Hügel zwischen Restaurant und Herkules für den Aufenthalt. Auf der Ostseite des Restaurants entsteht durch die Anlage einer weiteren Terrasse zwischen Ringweg und Restaurant ein gestuftes Gelände, das die bisher sehr kleine Restaurantterrasse vor dem Sichtfenster in den Bergpark erweitert.

5 – Programm Besucherzentrum
Vom Eingang des Besucherzentrums fällt der Blick über die große Öffnung der Freitreppe auf das Herkulesbauwerk, sodass hier buchstäblich eine Schwelle gebildet wird. Die drei Hauptfunktionen – Auditorium, Cafe und Shop – sind durch die in transparente und opake Abschnitte gegliederte Glasfassade zum Vorplatz hin geöffnet. Der Tresen für Information, Tickets und Snacks liegt ihnen gegenüber als Teil der rückwärtigen Serviceschiene, von der aus die Hauptfunktionen versorgt werden. Von ihm aus haben die Mitarbeiter eine größtmögliche Übersicht über den Besucherraum.

Shop und Cafe sind zu einem großen Bereich zusammengeschlossen, während das Auditorium durch eine flexible Trennwand separiert wird, die es im Bedarfsfall erlaubt, alle drei Bereiche zusammenzuschließen. Die Möblierung von Shop und Cafe mit säulenartigen Präsentationselementen für die Shopangebote sowie mit Sitzgruppen für Cafebesucher wird miteinander zu einer innenarchitektonischen Landschaft verwoben. Cafebesucher werden auf diese Weise beiläufig animiert, sich mit den Angeboten des Shops zu beschäftigen (und umgekehrt).

An der Führungswand vom Eingang zur Freitreppe werden in einer Nische weitere Sitzmöglichkeiten angeboten. Die breite Freitreppe wird mit einem Podestlift ausgestattet, um gehandicapte Personen den Weg auf das und von dem Herkulesplateau zu erleichtern.

Die Bauweise ist als wirtschaftlich günstig einzuschätzen, da im Verhältnis zum Raumvolumen wenig Fassadenfläche herzustellen ist. Das Gebäude nutzt die gegebene Topografie, sodass trotz der eingegrabenen Bauweise verhältnismäßig wenig Erdreich bewegt werden muss. Die abzugrabenden und die aufzuschüttenden Anteile halten sich etwa die Waage. Das Tragwerk des Daches kann aufgrund der länglichen Form des Gebäudes in Form von Überzügen von den Fassadenstützen bis zur hinteren Stützwand spannen. Die Überzüge bilden für begrünte Dächer vorteilhafte Entwässerungsschotten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Plateau wird als großzügiger Freiraum aufgefasst, der alle
Elemente dort einbindet.
Das Besucherzentrum bildet in diesem Ensemble die balkonartige
Aufkantung mit dem freien Blick in die westliche Landschaft. Diese
Idee wird positiv bewertet, da sie dem Monument einen adäquaten
Umraum verschafft, indem die vorhandenen Elemente eingebunden
sind.
Der Einstieg in diesen klar begrenzten Umgriff wird über das
Besucherzentrum inszeniert, welches an der richtigen Stelle
platziert ist und bei dem deswegen keine Aufschüttungen nötig
sind.
Der Ausstieg aus dem Besucherzentrum in Richtung Monument hat
leider nicht die Qualität des Gesamtentwurfs.
Der Parkplatz ist nach Norden erweitert und wirtschaftlich baubar.

Von der Wendeschleife bietet das langgestreckte Gebäude eine
problematische Sockelsituation.
Positiv wird bewertet, dass das Plateau behutsam behandelt wird.
Als problematisch wird aus denkmalpflegerischer Sicht angesehen,
dass die ankommenden Besucher das Herkulesbauwerk nicht auf
dem Plateau stehend wahrnehmen, sondern als auf dem
Besucherzentrum stehend, und dass vor diesem noch das breite
Asphaltband der Straße liegt. Die historische Qualität der Ansicht
des Herkulesbauwerks von (Nord-)Westen wird damit deutlich
geschmälert.
Das Besucherzentrum ist durch die Reisebusse funktional gut
angebunden und auch der Weg des Shuttle – Busses ist im Prinzip
machbar.
Von dieser zentraler Stelle gelangen die Besucher über einen
länglichen Vorplatz zum Eingang. Über den Wartebereich kann das
Gebäude gleich wieder verlassen werden, so dass das
Besucherzentrum als Ort der Information nur mit voller Absicht
wahrgenommen werden kann.
Außerhalb der Öffnungszeiten ist dieser Zugang zum Herkules
versperrt und nur über den Rundweg erschlossen, an dem das
bestehende Restaurant abgehängt erscheint.
Die Nutzfläche wird überschritten, die Kubatur ist eher günstig.
Die Eingriffe in das Gelände sind gering. Die Neuordnung der
Stellplätze erfolgt im geforderten Umfang.
Die Konstruktion des Gebäudes lässt eine wirtschaftliche
Ausführung erwarten. Es muss weitgehend mechanisch belüftet
werden.
Insgesamt werden die Baukosten im noch günstigen Bereich liegen.
Das Besucherzentrum zeigt sich von den Parkplätzen kommend
lediglich als eine das obere Plateau fassende Raumkante. Bewusst
wird der Besucher auf einem Sockel zum Ein- und Durchgang
geführt, der auf das Herkulesdenkmal ausgerichtet ist und dieses
aus relativ großer Distanz erlebbar macht. Durch eine Verlegung
der Türanlage auf die Linie des eigentlichen Innenraumes (Grenze
zwischen Wartebereich und Shop) wäre die gewünschte
Durchgängigkeit auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Der
lang gestreckte Innenraum bietet gute Ein- und Ausblicke auf die
Angebote im Inneren wie auch auf den freien Landschaftsraum im
Westen.
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