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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2011

Umnutzung eines ehemaligen Fabrikgebäudes mit den Schwerpunkten Hutmuseum, Versammlungsraum u. Gastronomie .

Anerkennung

ALL | Architekten Landenberger + Lösekrug

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Konzept

In das alte Fabrikgelände Reich zieht neues Leben ein!
Bei der Entwicklung der großen Freifläche auf der Westseite des neuen Hutmuseums sehen wir das stadträumliche Potential für die Etablierung eines hochwertigen Quartiers mit großer Anziehungskraft und Aufenthaltsqualität. Die Stadt Lindenberg kann hier einen weiteren Baustein für die hochwertige Reurbanisierung von industriellen Brachflächen realisieren. Von der Hauptstraße erreicht man über eine Allee den neuen Museumshof, der die zentrale Idee der Erschließung darstellt. Hier wird der Besucher mit ersten Exponaten der Freilichtausstellung empfangen. Die Außenanlagen (Hof, Allee und Spielplatz) werden mit Materialien, die an den industriellen Charakter des Ortes erinnern, ausgestattet. Museumshof, Allee und Spielplatz bilden die neue belebte Mitte des Quartiers.
An der Sonnenstraße dient ein weiterer Eingang als Zugang zum Veranstaltungssaal und als Nebeneingang zum Museum. Der Haupteingang des Kesselhauses liegt an historischer Stelle.

Innere Organisation

Vom Museumshof betreten die Besucher die große zweigeschossig hohe Eingangshalle.
Von hier werden alle Funktionen des Hutmuseums barrierefrei erschlossen. Auf der Eingangsebene befinden sich der Museumsshop, die Museumspädagogik, die Garderoben und Büros, der Counter mit Touristeninformation und Kasse und der Zugang zum Museum. Die Eingangshalle ist sowohl in funktionaler als auch gestalterischer Hinsicht das Bindeglied zwischen Außenraum und Museum. Der Bodenbelag des Museumshofs fließt in den Innenbereich, die Eingriffe in die Konstruktion des Gebäudes öffnen den Innenraum für eine klare Orientierung, Durch- und Einblicke machen die neue Nutzung für die Besucher erlebbar. Funktionale Verbindungen und Sichtbezüge durch Fensteröffnungen zum Kesselhaus bestehen ebenso wie der Durchgang zur Sonnenstraße mit Eingang zum Kesselhaus, Benutzung der zentralen
Toilettenanlage und Erschließung des Veranstaltungssaales im Dach.
Schon vom Erdgeschoß aus ist der abgeschlossene Bereich der Sonderaustellung im 1. Obergeschoß durch Glasscheiben zu sehen. Die Ausstellungen erreicht man über die in der Halle aufsteigende Freitreppe, welche in das neue Treppenhaus mit Aufzug mündet.
In allen Museumsebenen beginnt und endet der Rundgang jeweils in einem großzügigen Vestibül. Alle Ebenen sind separat erschlossen, was die unabhängige Benutzung der einzelnen Bereiche ermöglicht. Die Anordnung dieses Treppenhauses mit den Toiletten an der Sonnenstraße zwischen Hutmuseum und Kesselhaus eröffnet Möglichkeiten für die gewünschte flexible Nutzung und Vermietung. Das erhaltene historische Treppenhaus dient grundsätzlich als zweiter Rettungsweg. Im Dach gelangt man über ein repräsentatives Foyer mit Aufenthaltsbereichen, Garderobe, Bar und Teeküche zum Veranstaltungssaal. Die Laterne als Austrittsmöglichkeit für Besucher an der Position
des ehemaligen Aufzugsschachtes sowie ein Panoramafenster in Richtung Stadtmitte verorten den neuen Standort als Veranstaltungsstätte in der alten Hutfabrik Reich und verbinden ihn auch im Dach mit der Umgebung. Das Depot des Museums, die Lagerräume für Museumspädagogik und Touristeninformation und die
Technikräume werden in den Kellerräumen untergebracht. Das Depot ist an den Aufzug angebunden, so daß die Exponate vom Keller direkt in jedes Museumsgeschoß transportiert werden können. Konstruktion und Umgang mit dem Bestand – zur Architektur.

Charakter und Konstruktion der Fabrikhalle sollen wie vorgefunden konserviert werden. Notwendige Eingriffe in die Konstruktion werden sensibel durchgeführt und bleiben sichtbar. Unter dem besonderen Aspekt, daß hier ein Museum direkt am Produktionsort entsteht, möchten wir so viele Spuren wie irgend möglich aus der Produktionszeit erhalten und für die Besucher des zukünftigen Hutmuseums erlebbar machen.

Deshalb werden Ergänzungen in reduzierter Materialwahl additiv eingesetzt – um so den Kontrast zwischen Alt und Neu zu stärken. So werden Fußböden aufgebaut und Ausstellungsteile könnten auf dem rohen Beton der alten Decken stehen. Der Besucher soll auf einer neuen Schicht durch das Haus wandeln und die alten Böden und Wände sehen können. Zur Realisierung der aus unserer Sicht vorteilhaften ebenerdigen Erschließung aller im Erdgeschoß wünschenswerten Funktionen werden Teile dieser Decke an der Sonnenstraße angehoben und zur Angleichung der Deckenhöhen im 1. Obergeschoß ein Deckenfeld ersetzt. Dabei entstehen ein vollwertiges Kellergeschoß sowie ein zur Sonnenstraße orientierter Nutzungsbereich oberhalb (nicht wie bisher unter!) dem Straßenniveau. Die Museumshalle wird ohne gravierende statische Eingriffe realisiert. Es werden lediglich die Deckenplatten entfernt. Das Tragwerk, bestehend aus Stützen und Haupt- bzw. Nebenunterzügen bleibt erhalten und wird dadurch auf klare Weise erleb- und verstehbar gemacht. All diese Eingriffe vereinfachen die vorhandenen zahlreichen Ebenenversprünge und folgen der industriellen Gebäudekonstruktion.
Unser Entwurf konzentriert sich auf die originäre Gebäudekubatur. Wir verzichten zu Gunsten des Erhalts des denkmalgeschützten Ensembles auf Anbauten. Die Putzfassaden werden unter denkmalpflegerischen Aspekten von außen gedämmt, die historischen Fenster exakt wie vorgefunden aufgearbeitet oder ersetzt (Fensterteilung, Rahmenstärken, Verglasung). Ein zweifach isoliertes Kastenfenster auf der Innenwandseite stellt die thermische Trennung dar und regelt den Tageslichteinfall, Sonnenschutz und die Entrauchung. Die Fassaden werden erhalten, offensichtliche Schädigungen aufgrund von Anbauten aus der Produktionszeit werden an den beiden Hauptfassaden wieder in den Originalzustand gebracht. Die Giebelseiten werden im Sinne der Spurensicherung konserviert, d.h. alte Öffnungen, Durchbrüche, Fehlstellen, nachträgliche Fenster werden als Abdrücke in den Wänden sichtbar gemacht.
Die neue Nutzung drückt sich von innen im übertragenen Sinne partiell mittels großer klarer Fenster- und Türöffnungen durch die historischen Fassaden durch. Diese Öffnungen formulieren in der Außenwirkung ebenso den Kontrast zwischen Alt und Neu und folgen logisch unserem additiven Umgang mit dem Bestand im Inneren des Gebäudes. Alle neuen Öffnungen setzen für den Betrachter von außen innere Besonderheiten in Szene: Haupteingang, Kessel und Veranstaltungsraum. Durch diese Öffnungen erhält das Hutmuseum ein zweite zeitgenössische Außenhaut, welche die verschiedenen Fassaden zusammenschnürt und dem Hutmuseum seine neue Strahlkraft verleiht. Der das Dach durchbrechende alte Aufbau des Aufzugsschachts wird in Glas ersetzt und beleuchtet,
bietet den Besuchern Ausblicke und vermittelt der näheren und ferneren Umgebung als Laterne ein Zeichen der neuen Nutzung im „Reich der Hüte“.