modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2012

Bauliche Erweiterung Bündner Kunstmuseum

Die Kunst der Fuge

1. Rang / 1. Preis

Barozzi / Veiga

Architektur

STUDIO BÜRGI

Landschaftsarchitektur

Walter Dietsche Baumanagement AG

Bauingenieurwesen

bogner.cc KG

sonstige Fachplanung

xmade

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Beitrag besticht durch die präzise und klare Setzung des Neubaus in sein architektonisches Umfeld. Die einzelnen Bauten bilden als Solitäre eine gesamtheitlich gedachte Neuinterpretation der bestehenden städtebaulichen Situation. Diese Neubestimmung nimmt eine klare Haltung ein. Der Bau setzt einen markanten Eckpunkt in die parkähnliche Anlage. Der Neubau stellt sich in angenehmer Distanz neben die Villa Planta und das Verwaltungsgebäude der Rhätischen Bahn. Es entsteht eine raffinierte Ensemblewirkung, in der zugleich jeder Baukörper seine Eigenständigkeit wahrt, die auf eine eigene Bautradition verweist. Der Beitrag versteht das Weiterbauen als Transformation der Geschichte und schafft ein sinnstiftendes Neues.
Die Klarheit und Präzision der städtebaulichen Setzung findet im Inneren ihren Fortgang.
Dem Besucher erschliesst sich ein geschickt gesetztes, räumliches Koordinatensystem, welches den Dialog mit der Umgebung fortsetzt. Das hohe Eingangsportal, das nochmals die Eigenständigkeit des Neubaus unterstreicht, führt in eine Halle, von der aus die Villa bildähnlich gerahmt in Erscheinung tritt. Die Blickachsen definieren den Raum und laden zum Durchschreiten ein.
Aus betrieblicher Sicht besticht das Projekt durch ein klares Funktionsschema. Eine einfache Wegführung führt die Besucher vom Foyer in die beiden Bereiche für die Sammlung und die Wechselausstellungen. Das erste Untergeschoss mit gut proportionierten Räumen für die Sammlung steht einer flexibel unterteilbaren Raumstruktur im zweiten Untergeschoss für Wechselausstellungen gegenüber.
Der Verbindungsgang ist mit einer minimalen Untertunnelung in den Bestand konzipiert und mündet in der bestehenden zentralen Treppenanlage der Villa. Im Wintergarten des historischen Gebäudes sind Räume für die Sammlung reserviert, die nicht dafür genutzt werden können. Dies mindert die gemäss Raumprogramm geforderte Ausstellungsfläche.
Für Kunstvermittlung, Atelier und Werkstätten stehen grosszügige und ansprechende Räume, sinnvoll in den Obergeschossen angeordnet, zur Verfügung. Die im Raumprogramm verlangte gedeckte Anlieferung ist in den Plänen und im Text nur angedeutet. Diese muss aber zwingend realisiert werden.
Zuoberst liegt die öffentliche Terrasse mit dem Café. Diese Öffentlichkeit steht in einem subtilen Spannungsverhältnis zur äusseren blickdichten Gestalt. Die postulierte Aussicht auf die Stadt durch eben diese blickdichte Hülle ist allerdings fraglich, wie überhaupt das Café im Dachgeschoss zu abgelegen ist. Der Zugang ausserhalb der Öffnungszeiten durch Foyer und Shop ist nicht gelöst. Aus feuerpolizeilichen Gründen darf das Café an diesem Ort nur mit maximal 80 Personen belegt werden.
Die Grundrissgestaltung und die Tragstruktur des Neubaus sind bestechend effizient. Als massive Tragpfeiler ausgebildet beinhalten die «Wände» Funktionseinheiten wie Treppen, Lifte etc. und spannen gleichzeitig wohlproportionierte Räume auf. Die räumliche Logik und die Eigenständigkeit des Baus setzt sich so in den Untergeschossen fort. Die Tragkonstruktion besteht aus einer konventionellen Stahlbetonskelettstruktur mit vorgespannten Decken. Die Decken sind schlank geplant und mit Hohlkörpern versehen. Die Einlagen für die Lüftung erschweren die konstruktive Ausbildung der Vorspannung und die Ausführung, die Leitungsführungen in den Decken sind auf die Statik auszulegen. Der offene Durchgang von der Zeughausstrasse Richtung Villa Planta und der Zugang für Anlieferungen im Erdgeschoss erschweren die Stabilisierung des Gebäudes parallel zur Zeughausstrasse.
Das als Flachrelief bezeichnete Fassadenmotiv aus gegossenen Betonelementen ist eine raffinierte Referenz an die orientalische Motivik der Villa Planta. Das Fassadenbild unterstreicht jedoch einmal mehr die Eigenständigkeit des Baus. Der Garten der Villa Planta bleibt erhalten. Mit der baulichen Erweiterung wird ein neuer, konsequenter Aussenraum gestaltet. Im Gegensatz zur Villa Planta, die von einer Kiesfläche umgeben ist, grenzt eine Bundsteinpflästerung aus Andeerergranit nahtlos an das Gebäude an. Der vorgeschlagene Bodenbelag wirkt sehr kleinteilig und rustikal und erinnert mehr an einen Hinterhof als an eine städtische Platzsituation.
Ein Zierkirschenhain führt den Gartencharakter der Villa Planta weiter und verleiht dem Ort um den Neubau eine eigene Identität. Offen und nicht präzis ersichtlich ist die Lage der Einfriedung und somit der Grenze zwischen Garten und Platzfläche. Die Ideen für den Garten der RhB-Anlage überzeugen in der dargestellten Form nicht.
Für die Erfüllung des Minergie®-P-Standards sind an verschiedenen Stellen Wärmebrücken zu eliminieren, bei der vorgeschlagenen Wärmedämmung das Kosten-/Nutzenverhältnis zu überprüfen und der Sonnenschutz zu verbessern. Das Projekt erfüllt grundsätzlich die Anforderungen des hindernisfreien Bauens gemäss der Norm SIA 500, soweit dies im Rahmen eines Projektwettbewerbes bereits beurteilt werden kann. Die brandschutztechnischen Anforderungen sind nicht überall erfüllt; insbesondere im Bereich der Fluchtwege sind Anpassungen erforderlich.
Die Kosten liegen im Bereich der Vorgabe von CHF 30 Mio. Der Entwurf überzeugt insgesamt durch angemessene, eigenständige Mittel im Umgang mit der Aufgabe, der vorhandenen Situation und dem historischen Bestand. Das Niveau der architektonischen Durcharbeitung ist hoch.