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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2012

Bauliche Erweiterung Bündner Kunstmuseum

Alberto

3. Rang / 3. Preis

Valerio Olgiati

Architektur

Tobler Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Franz Bärtsch

Bauingenieurwesen

Conzett Bronzini Gartmann AG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt Alberto besticht durch seine prägnante konzeptionelle Idee. Ein riesiger Sockel, der gleichsam die neue unterirdische Museumserweiterung aufnimmt, wird als flacher Pyramidenstumpf im Ausmass des bestehenden Gartens um die Villa Planta gelegt. Der weisse Betonsockel hebt die Villa aus ihrem städtebaulichen Kontext und transferiert sie selbst zur Museumsikone. Die Villa Planta soll laut Verfasser nicht mehr die verhätschelte Kulisse für Vergangenes sein oder die Attrappe für den abgesperrten Museumsbetrieb, sondern das Museum selbst. Hier ist aber die Frage angebracht, inwiefern die Villa Planta als neoklassizistisches Wohnhaus eines reichen Kaufmanns, inmitten eines Parks gedacht und erbaut, der ihr angedachten Rolle als Ikone eines Kunstmuseums überhaupt gerecht werden kann? Oder mutiert sie nicht vielmehr, auf ihrem monumentalen Sockel, zum antiken Eingangsgebäude unterirdischer Museumshallen und wird so in ihrer Bedeutung karikiert?
Der Umgang mit den beiden geschützten Mammutbäumen sowie das Verhältnis zum dritten Mammutbaum auf dem Parkgelände der RhB verstärken diesen Eindruck. Die zwangsläufig grossen Ausschnitte aus der Sockelplatte, als Freiraum für die Bäume, schaffen Erinnerungen zum ehemaligen Park und thematisieren so auch den Verlust des wichtigen Umgebungsbezugs des ehemaligen Wohnhauses.
Entsprechend der Grundidee verbleibt der Eingang ins Bündner Kunstmuseum in der Villa Planta und führt von dort aus in den unterirdischen Erweiterungsbau. Dieser Entscheid mit dem direkten Abgang aus der grundrisslichen Mitte der Villa Planta in die erweiterten Museumsräume führt zu einem selbstverständlichen und übersichtlichen sowie logischen Bewegungsablauf der Besuchenden durch das Museum.
Der ehemalige Eingang der Villa wird als Hauptzugang wieder aktiviert und der Gartenzugang mit einer rollstuhlgängigen Rampe behindertengerecht ergänzt. Das Foyer mit Kasse, Shop und Garderobe besetzt die ganze Erdgeschossfläche der Villa Planta. Hier entsteht durch die Aufteilung des Foyers auf verschiedene Räume bei Veranstaltungen mit vielen Personen eine störende Unübersichtlichkeit.
Das Obergeschoss der Villa Planta sowie die beiden ersten Untergeschosse des Neubaus werden für die Sammlungspräsentation reserviert. Im Untergeschoss der Villa Planta sind die Räume der Museumspädagogik sowie Lager untergebracht. Das dritte Untergeschoss der Museumserweiterung ist den Wechselausstellungen vorbehalten.
Der Zugang ins Museum über die Villa ist verlockend und belässt ihr eine hohe Wertigkeit. Die heutigen Grenzen dieses Zugangs für den Museumsbetrieb offenbaren sich aber auch in diesem Projekt deutlich: Die Räume sind für die Funktionen Empfang, Kasse, Shop, Foyer, Garderobe zu klein. Eine Aufteilung auf verschiedene Räume und Etagen ist im Betrieb sehr personalintensiv. Der Betonung der Villa widerspricht die Nutzung von drei der vier Etagen für dienende Funktionen – bestehende Ausstellungsräume werden mit (zu) vielen Kompromissen umgenutzt. Der Zugang in den Neubau beeinträchtigt die Raumstruktur im Erdgeschoss der Villa.
Die unterirdischen Museumsräume sind analog der Platzidee als Leerräume im abgetieften Sockel aus weissem Beton gedacht. Die unterschiedlichen rechteckigen Raumgeometrien, die sich mit zunehmender Tiefe weiten, schaffen verschiedene Raumproportionen, die für die Präsentation von verschiedenen Kunstformaten gute Verhältnisse bieten. Hier besticht generell die ganzheitliche Konzeption dieser unterirdischen Raumanlage, die in Struktur, Material und Statik eine kohärente Einheit bilden. Raumhöhen und das Flächenangebot der Ausstellungsräume erfüllen nicht in allen Teilen die Vorgaben des Raumprogramms.
Die gewölbeförmigen Decken sind über drei, in der Verlängerung zur Villa Planta angeordneten Scheiben gelagert.
Die Decke über dem 3. Untergeschoss muss dazu über das 2. Untergeschoss aufgehängt werden. Das Projekt ist mit den gewählten Bauteilabmessungen in der geplanten Form mit geringfügigen Anpassungen realisierbar.
Die technischen Nebenräume sowie die Räume für den Betrieb werden u-förmig um diese Ausstellungsräume gelegt. Es entsteht mit der Nähe zu den Ausstellungsräumen sowie zum Lastenaufzug eine betrieblich gut funktionierende Raumeinheit, die über ein zentrales Oblicht im Bereich der unterirdischen Arbeitsräume auch mit Tageslicht versorgt wird.
In dieser Raumspange erscheint der Erschliessungsgang auf der Südseite als unnötig, vor allem im Zusammenhang mit der unübersichtlichen und aufwendigen Lifterschliessung der Villa Planta. Hier wäre eine Erschliessung durch die Ausstellungsräume und das direkte Anschliessen eines Liftvorraumes an die Ausstellungsräume denkbar.
Die Verbindung der Betriebsräume zur gewünschten oberirdisch gedeckten Anlieferung übernimmt ein eingeschossiger Nebenbau am östlichen Rand des Grundstücks. Dieses Nebengebäude ist sinngemäss ebenfalls aus weissem Beton erstellt und schliesst den Platz gegen die Zeughausstrasse ab. Aussenräumlich wirkt der nördlich angehängte dreieckige Hof nicht verständlich, schafft er doch einen schwierigen Übergang des Platzes zum anschliessenden Strassenraum und rückwärtigen Bereich des RhB-Verwaltungsgebäudes. Das Café wird im Nebengebäude mit Blick auf den Platz und die Villa Planta angeordnet. Es ist als eigenständiger Betriebsteil gedacht und hat keine innenräumliche Verbindung zum Museum, was eigentlich aus Sicht des Museumsbetriebs erwünscht wäre.
Anstelle des heutigen Villengartens soll künftig eine befestigte weisse Platzfläche in Form eines Pyramidenstumpfes den Ort prägen. Diese interessante, jedoch für den Ort als zu monumental empfundene Geste, kann typologisch nicht nachvollzogen werden. Stadträumlich gesehen ist die Öffnung zum angrenzenden Strassenraum und zum Postplatz hin schwierig. Die Inszenierung der bepflanzten Belagsöffnungen der Einzelbäume sowie deren Platzierung scheint nur teilweise zu funktionieren. Der Verlust des Gartens wäre eine Minderung des Gesamtensembles der Villa Planta. Gestaltungsideen für den Garten des RhB-Gebäudes fehlen.
Die Anforderungen des Minergie®-P-Standards können mit Anwendung neuzeitlicher Technologien erfüllt werden. Auf das hindernisfreie Bauen wurde auffallend viel Wert gelegt; mit Ausnahme der Villa Planta und einigen Bereichen im Aussenraum sind die Anforderungen gut erfüllt. Die aus brandschutztechnischer Sicht erforderlichen Fluchtwege sind teilweise zu lang.
Die Kosten des Projekts liegen erheblich über den vorgegebenen CHF 30 Mio.
Das Projekt zeichnet sich durch seine prägnante konzeptionelle Idee aus, die in konsequenter Weise aussen- wie innenräumlich umgesetzt wird. Es stellt einen wesentlichen Beitrag zur Diskussion und Lösungsfindung der Erweiterung des Museums an der sensiblen städtebaulichen Situation dar.