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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2011

Ausstellungskonzept Energieberg - Bieterverfahren zur Konzeption und Umsetzung eines Ausstellungskonzeptes für den Energieberg Georgswerder

Teilnahme / 2. Stufe

raumlabor berlin

Architektur

Erläuterungstext

Die Zeiten haben sich rasant verändert, die Ereignisse in Japan haben uns gezwungen, uns nochmals grundsätzlich mit dem Thema zu beschäftigen und unseren Ansatz
„Energie & Utopie“ zu überprüfen.

Wofür steht dieser Berg?
Welche Geschichte soll uns dieser Berg erzählen?

Symbolisch stehen Berge für Alter, Weisheit und Erfahrung. Unser jugendlicher Müllberg steht jedoch mehr für Kurzsichtigkeit und Gedankenlosigkeit. Der Aufwand für die Nach­sorge der Deponie wird wahrscheinlich den zeitlichen und ökonomischen Nutzen übertreffen: Die Verhältnisse stimmen nicht. Die Entsorgung ist fehlgeschlagen.
Mit der Umnutzung der Deponie als Energieberg mit regenerativen Energien wird jetzt ein Zeichen gesetzt, ein Symbol für Energie im Einklang mit den Ressourcen geschaffen.

Unser Entwurf unterstreicht dieses Vorhaben, indem wir ein grundsätzliches Nachdenken über Verhältnismäßigkeiten anregen wollen. Heute geschieht das größte Artensterben seit dem Dinosauriersterben vor 65 Millionen Jahren; es ist vom Menschen verursacht. 65 Millionen Jahre sind in Bezug auf das Universum eine relevante Größe, die 150.000 Jahre Homo sapiens kaum. Die Erde misst gerade mal 8.000 Kilometer im Durchmesser, der nächste erdähnliche Planet ist wahrscheinlich 1.200 Lichtjahre entfernt – kein Mensch wird ihn je erreichen. Wir müssen von dem leben, was wir haben.
Was machen wir mit unserem Müll? Wie viele Bodenschätze bleiben noch für unsere Kinder? Hat mein Leben einen Einfluss auf das Leben auf der anderen Seite des Planeten?

Mit Out of Scale wollen wir dem Besucher, ob Kind oder Erwachsener, ermöglichen, sich zeitlich und räumlich zu orientieren. Denn nur wer weiß, wo er steht, kann sein Handeln einschätzen.

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Ich sehe eine Treppe, die den Berg hinaufführt. Die Treppe ist beschriftet. Indem ich den Berg besteige, lese ich auf parallel laufenden Skalen:
Eine Skala nennt mir den Höhenmeter, den ich gerade erklimme, die nächste Skala beschreibt die Geschichte der Deponie bis zum Energieberg und lässt Raum für die Zukunft, eine weitere Skala beschreibt die Entwicklung des Lebens auf unserem Planeten.

Die Treppe wird immer wieder von den Serpentinen des Fußwegs gekreuzt. Dieser soll auch beschriftet werden und dient gewissermaßen als Kommentar zum Skalenweg. Die Treppe führt mich auf den Horizontweg. Hier sehe ich das überdimensionierte Windrad in ganzer Größe auf dem Gipfel des Berges.

In der Senke unterhalb des Windrads stehen die Klang­installationen; sie erinnern entfernt an ein Observatorium. Jetzt höre ich die ersten leisen Klänge der Installation, die sich in die vorhandene Geräuschkulisse von Autobahn, Windgeräuschen und großem Windrad einfügen. Wenn ich zwischen den Installationen umherlaufe, ergeben sich unterschiedliche Klangüberlagerungen, der Lärm der Autobahn wird in einen anderen Kontext gestellt. Aus den Energien am Berg wird Musik!

Auf dem Weg zum Gipfel habe ich zweimal die Möglichkeit, einen Rundweg um den Georg zu nehmen: Relativ niedrig beschreibt der Naturpfad einen geräumigen Kreis; hier stehen auf einfachen Schildern Begriffe aus Natur und Technik des Berges. Ein Feld der Bedeutungen wird aufgespannt, spielerisch und einprägsam zugleich. Diese Begriffe werden in dem Glossar der Wanderkarte erläutert.

Der Horizontweg ist die Besucherattraktion, von hier kann ich den Blick über Hamburg und Wilhelmsburg schwei­fen lassen. An vier Stellen verbreitert sich dieser Weg. Hier stehen Informationstafeln. Die Tafeln sind in einem flachen Winkel am Geländer befestigt und erinnern an Bergpanoramen in den Alpen. Die Bergpanoramen benennen Orte,
die ich sehen kann, wie auch Orte, die in dieser Richtung liegen und die ich nicht sehen kann, die thematisch jedoch relevant sind. Wieder springt der Maßstab und regt dazu an, über Verhältnismäßigkeiten nachzudenken.

Beim Abstieg bemerke ich, dass sich die Skalen der Treppe bis zum Eingang eines Gebäudes fortsetzen. Betrete ich das Gebäude, muss ich den Blick heben, um die ganze Schrift zu lesen: Out of Scale steht dort im Windfang, der Titel der Ausstellung. Daneben hängt das Modell des Energiebergs und eine Tafel mit dem Glossar. Ich stehe vor einer technisch anmutenden kreisförmigen Struktur, die bis zur Decke des Raumes heraufwächst: wie ein Ausschnitt aus dem Sockel eines Windrads. Zwischen den Tafeln und Schaukästen kann ich immer wieder durch die Struktur hindurch bis tief in die Maschinenhalle hineinblicken. Gehe ich um die Struktur herum, kann ich mein Wissen über die Geschichte des Berges anhand von Exponaten und Schautafeln vertiefen. Gehe ich in sie hinein, sehe ich in der Mitte eine geräumige Bank: ein Modell des Berges.

Erschöpft vom Bergwandern kann ich mich hier ausruhen und dabei den Kern der Ausstellung zu den erneuerbaren Energien betrachten. Hier wird mit Projektionen und Videos Wissen vermittelt, Relationen werden erläutert und Maßstäbe erklärt.

Im Mittelpunkt des Ausstellungskonzepts steht das Erleben. Mit den Klanginstallationen wird der Berg zum Instrument, die Energien werden ganz konkret in Klang übersetzt. Hier will man sich vielleicht im Gras niederlassen und einfach zuhören. Neben dem Kunsterlebnis lässt sich aber auch Energie begreifen und Kindern anschaulich erklären.
Der Horizontweg ist der Blick nach außen in die Welt; über die genannten Orte auf den Bergpanoramen wird der Horizont erweitert über das Gesehene hinaus.

Die Schilder am Naturpfad bilden gemeinsam eine Enzyklographie des Berges, deren Begriffe im Glossar auf der Wanderkarte erläutert werden. Die Wanderkarte ist unser Leitsystem. Hier sind die Wege und Landmarken zu finden; sie korrespondieren mit dem Glossar. Und hier erschließen sich die Zusammenhänge unserer Enzyklographie, auch ohne den ganzen Berg zu erlaufen. Auf der Rückseite finden sich neben dem Glossar jene Skalen, die auf der Bergtreppe zu sehen sind, und ein Leitsystem für den Innenraum, das die graphische Qualität der kreisförmigen Struktur als Skala betont und erläutert.
Das Glossar erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Gegenteil, es verweist immer auch auf das nicht Geschrie­bene und fordert zu eigenständigem Denken
heraus. Die Skalen auf der Treppe und die Schilder der
Enzyklographie am Naturpfad lassen sich ergänzen; dafür sind schon Platzhalter vorgesehen.

Die Ausstellung im Innenkreis zu den erneuerbaren Energien planen wir so, dass wir schnell auf Veränderungen reagieren können. Wir gehen davon aus, dass sich der Einsatz erneuerbarer Energien in den kommenden Jahren rasant entwickeln wird. Daher wollen wir flexibel bleiben, damit uns die Entwicklungen nicht überholen. Ganz anders die Klangskulpturen. Wind, Sonne und Regen werden uns hoffentlich erhalten bleiben; einmal eingestellt, sollen sie mit einer minimalen Wartung betrieben werden können – sie arbeiten schließlich mit regenerativen Energien.

TEAM: Andrea Hofmann, Christof Mayer mit Anne-Laure Mellier, Anna Wulf, Matteo Carli und Nina Gernes
In Zusammenarbeit mit Nicholas Bussmann, Künstler
Grafiker: István Scheibler

http://www.raumlabor.net/?p=3495

Beurteilung durch das Preisgericht

"Out of Scale" ist ein interessanter künstlerischer Konzeptansatz, der kontrovers diskutiert wird, aber nicht ausreichend für den gesamten Ausstellungsgedanken stehen kann.
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