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Einladungswettbewerb | 11/2017

Neubau Josefzentrum

Modellfoto

Modellfoto

2. Preis

Preisgeld: 2.000 EUR

Hillebrand + Welp Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

1.Der Städtebau
Um möglichst große Gemeindeflächen im Westen und Norden zwischen der
Kindertagesstätte und dem Neubau zu schaffen positioniert sich der neue Baukörper
dicht an die südliche und östliche Grundstücksgrenze. Der Glockenturm markiert den
Vorplatz und trennt den funktionalen Bereich der Zufahrt zur Kindertagesstätte von
den Freianlagen des Josefzentrums. Das Satteldach des Kirchraumes kommuniziert mit
der umgebenden Wohnbebauung und ist zusammen mit der Gestalt und
Positionierung des Glockenturms als wichtiges Erkennungsmerkmal sowie als
Anlehnung an die alte Josefskirche zu verstehen.

2.Der Kreuzgang
In Klosteranlagen diente der Kreuzgang zur Erschließung der Konventsgebäude und
war als allseitig umschlossener Innenhof der wichtigste Aufenthaltsbereich innerhalb
eines Klosters. Der Entwurf interpretiert den Kreuzgang neu und öffnet ihn an 2
Seiten zum umgebenden Stadtraum. Als sowohl Innen- als auch Außenraum
empfängt er den Besucher und bildet einen dritten, intimeren Platz: den
Gemeindehof. Durch die Kreuzgangüber-dachung können hier vielfältige und
größtenteils wettergeschützte Nutzungen stattfinden, von der Einbeziehung in
liturgische Aktivitäten über Gemeindefeste bis hin zu Stadtviertelfesten. Durch seine
offene Raumstruktur gewährt er jedem Passanten des Geländes einen
unverbindlichen Einblick in die Aktivitäten des neuen Josefzentrums. Mit seinen
Sitzgelegenheiten bietet er aber auch außerhalb von besonderen Veranstaltungen
einen Treffpunkt für Anwohner und Besucher

3.Die Multifunktionalität
Um vielfältige Nutzungen zu ermöglichen sind die 4 kleinen Gruppenräume
nebeneinander angeordnet und lassen sich mit Hilfe von Trennwänden individuell
miteinander verbinden. Durch große Schiebeelemente kann der Kreuzgang zum Hof
geöffnet werden und lässt so eine Erweiterung des Foyers und eine direkte
Kommunikation der Gruppenräume zum Gemeindehof zu. Die 2 großen
Gruppenräume sind einzeln vom Foyer/Kreuzgang und vom Kirchraum bzw. von
aussen zugänglich und bei gemeinsamer Nutzung vom Foyer/Kreuzgang. Der
Kirchraum kann durch Öffnen der mobilen Trennwand um die Flächen der 2
Gruppenräume einzeln oder gemeinsam erweitert werden.

4.Der Kirchraum
Als Herzstück der Konzeption rückt der Kirchraum nach Osten leicht aus dem
Volumen heraus und bildet eine abstrahierte Kirchenfassade. In seiner Form ist er an
den alten Kirchraum angelehnt und interpretiert diesen neu. Durch 3 Glasbänder im
First und in den Traufen fließt Tageslicht nach Innen und schafft eine helle,
introvertierte Atmosphäre. Die 2 Dachschrägen sind innenseitig leicht gekrümmt und
verleihen dem Raum dadurch eine weichere Wirkung und Leichtigkeit, während in
der weißen Ostgiebelwand das historische Rosettenfenster mit seinem Farbspiel zur
Geltung kommt. Im Kontrast zur weißen Decke stehen die 2 holzverkleideten Wände,
die zusammen mit dem geölten Holzparkett des Fußbodens dem Raum Wärme
verleihen.

5.Die Konstruktion
Das Gebäude wird in konventioneller Bauweise mit Sohle und Erdgeschossdecke aus
Stahlbeton und tragenden Kalksandsteinwänden mit Wärmedämmung und
hinterlüftetem Verblendmauerwerk hergestellt. Wo statisch erforderlich wird das
Mauerwerk durch Betonstützen verstärkt oder es wird wie im Übergang von den 2
Gruppenräumen zum Kirchraum ein Betonüberzug eingebaut. Die außenliegende
Decke des „kalten“ Kreuzganges wird thermisch von den anderen Decken getrennt.
Nach außen zeigt der Bau sandfarbenes Ziegelmauerwerk, das mit den Holzfenstern
harmoniert. Das Kalksandsteinmauerwerk im Inneren wird weiß verputzt, um den
Parkettboden sowie die hölzernen Einbauten zur Geltung kommen zu lassen.

Die zwei Dreieckgiebel des Kirchenraumes bestehen aus Beton. Diese werden außen
wärmegedämmt und verblendet und innenseitig mit feinkörnigem, weißen
Akustikputz verputzt. Das Satteldach des Kirchenraums besteht aus
Brettschichtsparren im Abstand von 1,50 m, die im Bereich der Oberlichtbänder
sichtbar weiß lasiert sind. Zwischen diesen sind KVH Balken und 24cm
Mineralwolldämmung angeordnet, die außen- und innenseitig mit OSB-Platten
geschlossen werden. Darauf liegt außen eine hinterlüftete Holzschalung, die mit
Kupferblech in Stehfalzdeckung verkleidet ist.

Jeweils im First und Traufbereich gibt es durchlaufende Alu-Oberlichtbänder mit
neutral sonnenschutzbeschichteter Isolierverglasung mit Milchglasscheiben. Diese
wandeln die direkte Sonneneinstrahlung in warme, blendfreie Helligkeit um.
Innenseitig der wärmegedämmten Satteldachkonstruktion wird in Trockenbauweise
eine leichte, geschwungene Hülle eingebaut, die abschließend ebenfalls einen
weißen, feinkörnigen Akustikputz erhält. Die 2 Traufwände erhalten eine
Holzverkleidung - wobei die Verkleidung zu den 2 Gruppenräumen direkt auf den
mobilen Trennwandelementen befestigt ist. Die leichte Perforierung dieser
Verkleidung dient der zusätzlichen Schallabsorption.

6.Der Ausblick
Auf der einen Seite soll durch die Neuinterpretation eines historischen Kreuzganges -
hier als offenes, einladendes und vielseitig nutzbares Gebäudeentree - an
Sakralbaugeschichte erinnert werden und gleichzeitig sollen die Bewohner des
Stadtteils und Besucher willkommen geheißen werden. Auf der anderen Seite sollen
der neue Kirchraum mit seiner Satteldachform und der rechtwinkelig dazu
angeordneten Glockenturm mit Satteldach und den Originalglocken an 2 wesentliche
Elemente der alten Josefskirche erinnern und auf diese Weise zu einem versöhnlichen
Weg der Weiterentwickelung des aktuellen Kirchengemeindelebens beitragen
können.

Beurteilung durch das Preisgericht

Vorgeschlagen wird eine kompakte, diszipliniert komponierte und einprägsame Anlage, bestehend aus einem zentralen, markanten Baukörper mit Satteldach, einem halböffentlichen, umschlossenen und gefassten Vorplatz sowie flachgedeckten Nebenräumen. Ein Glockenturm steht frei, markiert den Vorplatz wie das Gemeindegrundstück.

Der Entwurf lässt auf subtile Weise Erinnerungen und Assoziationen zu: Das Satteldach über dem Kirchraums erinnert an die alte Josefkirche, das angedeutete Motiv eines Kreuzgangs würdigt zum einen die Aufgabe, zum anderen wird ein angenehmer Übergang vom öffentlichen zum halböffentlichen Gemeindebereich geschaffen.

Die Zuordnung der einzelnen Funktionsbereiche ist grundsätzlich gut gelöst, die Ablesbarkeit der Bestandteile wird ebenfalls gewürdigt. Dennoch gibt es Kritik: so werden das Foyer und der Vorbereich vor den vier Gruppenräumen als deutlich zu schmal empfunden, die Zuschaltbarkeit des großen Gruppenraums zum Kirchenraum leidet unter der starken Prägnanz des dominanten Kirchraums, entweder wird er zum Seitenschiff oder aber die Möblierung steht im irritierenden Gegensatz zur Ost-West-Richtung des betonten Firstes mit der Rosette im Giebeldreieck. Bei einer Teilung des großen Gruppenraums wird darüber hinaus der östliche Teil zum gefangenen Raum. Auch liegt die Küche in Bezug auf die Andienung des Kirchenraums, der Gruppenräume und das Foyer nicht gut, hier - im Schnittpunkt Foyer und Flure - kreuzen sich zu viele Wege. Die Gestaltung des Glockenturms entspricht nicht der Qualität der Gesamtanlage.

Die Belichtung des Kirchraums wird unterschiedlich bewertet, so angenehm die - im positiven Sinne gesehen - zurückhaltende First- und Traufseitenbelichtung empfunden wird, so abgeschieden und introvertiert wird der Kirchenraum in einer doch eher angestrebt offenen Einrichtung gesehen.

Die Fassaden sind nachvollziehbar und gut entwickelt, die vorgeschlagenen Materialien und Bauweise sind schlüssig und angemessen. Hinsichtlich der Gebäudekennwerte liegt die Arbeit im guten, durchschnittlichen Bereich.

Den Verfassern gelingt ein sehr überzeugender Entwurf, leider mit funktionalen Schwächen im Alltagsbetrieb.
Perspektive

Perspektive

Lageplan

Lageplan

Grundriss

Grundriss

Ansicht Nord-Süd

Ansicht Nord-Süd

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht West

Ansicht West

Schnitt aa

Schnitt aa

Schnitt bb

Schnitt bb