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Beschränkter Wettbewerb mit vorgeschaltetem Bewerbungsverfahren zur Auswahl von 8 Teilnehmern | 03/2006

Gestaltungswettbewerb "Alte Synagoge"

Ausstellungs- und Leitsystem

Ausstellungs- und Leitsystem

2. Preis

Nattler Architekten

Architektur

Erläuterungstext



Entwurfsidee, Nutzung und Funktion
Der integrale Entwurfsgedanke, der dem Gestaltungskonzept zugrunde liegt, stellt die Idee des offenen Hauses als Ort der Kommunikation in den Mittelpunkt der Überlegungen. Formal greift das Gestaltungskonzept den Entwurf Edmund Körners immer wieder auf.
Um den Funktionen Veranstaltungsort, Begegnungsstätte und Ausstellungsraum gerecht zu werden, sind relativ wenige bauliche Eingriffe notwendig. Diese Maßnahmen sind jedoch unverzichtbar und basieren idealer Weise auf dem Verständnis der ursprünglichen Nutzung der Synagoge. Das Gestaltungskonzept folgt mit der Zuordnung von Funktion und Nutzung zu den verschiedenen Stockwerken uneingeschränkt den Vorgaben der Auslobung.
Der Entwurf konzentriert sich auf die Schaffung einer neuen Anmutungsqualität durch lebendigere Farbgebung, Lichteffekte, eingestellte, farbige Glasflächen, Klangelemente und mediale Inszenierung „historischer Zitate“. Ein zum Torahschrein verlaufender, roter Teppich gibt dem neuen, anregenderen Ambiente eine feierliche Note. Die Anbindung an das Sockelgeschoss erfolgt gemäß den ursprünglichen Plänen Körners durch das NW-Treppenhaus. Die bauliche Veränderung des Abgangs betont diesen durch eine Weitung des Antritts und erreicht damit eine deutliche Zuwendung zum Besucher. Eine transluzente Glasverkleidung, raffinierte Lichtführung und grafische Bearbeitung mit lebensgroßen Abbildungen werten das Treppenhaus auf und machen es zu einer hellen, freundlichen Verbindung zur Ausstellung im Sockelgeschoss.

Konstruktion
Intensivste Baumaßnahme ist die Absenkung von Teilflächen des Sockelgeschosses als eine ebenerdige Ausstellungsfläche. Neben der Öffnung der Treppenabgänge und dem Übergang zum Rabbinerhaus sind dies die massivsten baulichen Eingriffe.
Alle weiteren Maßnahmen dienen der Steigerung der Attraktivität und Anmutungsqualität und der konsequent auf die Besucher ausgerichtete Nutzung der Synagoge als Kulturzentrum. Die vorgeschlagene Kürzung der Emporenbrüstung dient einer besseren optischen Anbindung von Empore und Hauptraum.

Materialien
Eichendielen-Boden im Sockelgeschoss, neuer Muschelkalk-Fußboden im Treppenhaus
Rotes Teppichband achsial im Hauptraum, sandfarbener Teppichboden auf der Empore
Möbel im Eingangsbereich und im Hauptraum Ahorn hell. Rote Lederbänke im Foyer und auf der Empore
Transluzentes, hinterleuchtetes Glas für Theke und Verkleidung der Treppenhäuser. Wandfarben in Blautönen, Wände und Kuppel Wasserglaslasur-Technik
Ausstellungseinbauten Nextel antrazit, dunkelblau und Eiche; Glas sandgestrahlt mit Griffschutz, Glasvitrinen VSG; Informationsflächen und Orientierungssystem in Glas / Diasec-Methode. Halterungen und Beschläge Edelstahl, perlgestrahlt.

Ausstellungsgestaltung
Eine wesentliche Aufwertung erhält die Ausstellung „Stationen jüdischen Lebens“ durch eine zeitgemäße Gestaltung in Aspekten wie Hoffnung, Leben, Verlust und Zukunft.
Die Erzählform setzt anstelle komplexer, anonymer Schreckensszenarios den Fokus auf „Menschen und Schicksale“ und personifiziert so die Geschichte aus der Sicht der Gegenwart jüdischen Lebens und lebendiger Kultur. Geschichte ist die Voraussetzung für das Verständnis der Gegenwart und für die Entwicklung der Zukunft.
Das Gebäude selbst und besonders Vorhalle, Hauptraum und Empore sind zusammen mit den medialen Inszenierungen „historische Zitate“ selbst als Ausstellungsobjekt dem Ausstellungsteil „Religion und Ritual“ zugeordnet.
Alle Einbauten erfolgen in Museumsqualität, unter besonderer Berücksichtigung konservatorischer Belange, Haltbarkeit, Besucherfreundlichkeit, Umweltverträglichkeit, Behindertengerechtheit und Brandschutz.

Leitsystem
Da wo sich das Gebäude nicht bereits selbst erklärt, ermöglichen an den notwendigen Orientierungspunkten dem Besucher durch unaufdringliche, schmale Stelen aus sandgestrahltem, oberflächenbehandelten Glas einen selbstgeführten Rundgang durch die Ausstellung und das leichte Auffinden der Servicebereiche.

Farbkonzept
Das Farbkonzept interpretiert die ursprüngliche Entwurfsidee Edmund Körners, der Raumwirkung und Stimmung als Hauptfaktor der Gestaltung verstand. „Einheitlich wie die Formen des immer wieder-kehrenden Kreises ist auch die farbige Raumgestaltung. Blau und Gold sind die vorherrschenden Farbtöne. Leuchtendes Rot dringt durch die Fenster und erfüllt den Raum mit einer unsagbaren feierlichen Stimmung“.
BLAU – Wandfarben unterschiedlicher Tonabstufung als raumbestimmende Farbe
ROT – Teppiche, eingestellte Glasflächen als Akzent- und Stimmungsfarbe
GOLD – Nischen neben Torahschrein als das Farbklima stützendes Element

Lichtkonzept
Licht ist das Gestaltungselement, das neben dem funktionalen Nutzen vor allem emotionale Wirkung entfaltet. „Und wenn das Tageslicht am Abend erblasst, so ist dennoch die feierliche Stimmung nicht geschwunden. Von der Kuppel herab schwebt in der Höhe der Emporen der große Beleuchtungs-körperring, und aus scheinbar unzähligen Alabasterschalen strömt das wohltuende abgedämpfte Licht durch den Raum ...“ so die Beschreibung Körners.
Die neue Lichtstimmung ist steuerbar, die Grundeinstellung während der Öffnungszeiten ist auf die verschiedenen Gebäudezonen abgestimmt. beleuchtet direkt, indirekt, setzt Akzente, bringt eine Empfangsatmosphäre durch eine Lichtdecke im Zugang und eine spezielle Beleuchtung aus der Kassettendecke in der Vorhalle. Die Lichtstimmung steigert sich dann in der Haupthalle über die drei Lichtebenen Boden, Empore und Kuppel. Lichtdecken und hinterleuchtete, transluzente Glaswände betonen die Treppenhäuser, den Weg in die Ausstellung und auf die Empore.
Die szenografische, dramaturgische Lichtführung in der Ausstellung setzt Akzente auf die Exponate und modelliert diese aus dem Dunkeln heraus.
Eine weitere Einstellung der dynamischen Lichtsteuerung ist das festliche, warme, „feierliche“ Licht, das die Goldtöne besonders hervorhebt, wie von Körner beschrieben.
Eine dritte Lichtsituation bietet das neutrale Veranstaltungslicht, das sich durch angemessene Helligkeit auszeichnet und nach Bedarf individuell gesteuert wird.
Festliche Beleuchtung, Veranstaltungslicht, Ausstellungslicht, Akzentlicht und allgemeines Raumlicht ergeben zusammen mit der Transluzenz der Treppenhäuser eine außergewöhnliche Lichtstimmung.

Beurteilung durch das Preisgericht


Auszug

\"Mit wenigen baulichen Eingriffen und unter grundsätzlicher Beibehaltung der Programmdispositionen im Gebäude konzentrieren die Verfasser sich mit der vorgestellten Arbeit in überzeugender Weise auf die Anmutung und Wirkung, besser: die Wiedergewinnung des Hauptraumes. Für die grundsätzliche Idee, das Haus selbst und in besonderer Weise den Hauptraum zu stärken, ihn eindeutig in die Mitte des Hauses und des Konzeptes zu stellen, bedienen sich die Verfasser sehr direkt der Gedanken und Absichten Körners und der historischen Vorgaben seiner Synagoge: „Einheitlichkeit der Formen und Farben“. Die Dauerausstellung im Untergeschoss erschließt sich demgegenüber mit dem seitlichen, wiewohl deutlich aufgewerteten Eingang eher en passant.

Die im wesentlichen blaue Farbigkeit, mit goldenen und roten Akzenten, und das feierliche Lichtkonzept unterstreichen Körners Raum auf das deutlichste und in nachvollziehbarer Weise.

....Eine Reihe guter Detailvorschläge zu fühlbaren historischen Zitaten ergänzt die Wirkung der Erinnerung an den Raum als Ort von Religion und Ritual, z. B. durch die Hördusche im Zutrittsbereich und die Hörstationen auf der Empore. Ein Leitsystem mit Stelen bleibt im Kanon des Kreises, auch einer Körnerschen Vorgabe.

Die innere Erschließung ist pragmatisch und bequem organisiert, unter Verwendung der vorhandenen Vertikalerschließungen. Rundgänge unter Einbeziehung der Dauerausstellung im Untergeschoss sind möglich. Die optional im Galeriegeschoss an Stelle der Verwaltung vorgeschlagene, erweiterte Wechselausstellung stellt die historische Axialität des Raumes wieder her und ist weitgehend autark erschlossen.

Die Dauerausstellung im Sockelgeschoss unternimmt den nicht ganz gelungenen Versuch, diesen peripheren Grundrissbereich ebenfalls auf die „Mitte“ zu konzentrieren, zeigt jedoch auch hier deutlich und richtig die Absicht, das Gesamtkonzept auch hier sichtbar zu machen.

Die behindertengerechte Erschließung ist im Grundsatz nachgewiesen, zum Teil mit einfachen Mitteln (kleine Hubbühne auf der Empore). Die Realisierung des Konzeptes erscheint angesichts der geringen Eingriffe in die Substanz und zurückhaltenden Hinzufügungen gut möglich.\"
Architektur

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Lichtkonzept

Lichtkonzept