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Offener Wettbewerb | 10/2014

Neubau einer Gemeinschaftsschule mit öffentlicher Bücherei

2. Preis

Preisgeld: 8.250 EUR

Jörg Boettger Architekt

Architektur

Anna Viader Städtebau Architektur Landschaft

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Entwurfskonzept sieht eine Reihe frei angeordneter Baukörper vor, die eine diagonale verlaufene Kette zwischen Sportfeld und Schulhof bildet. Die einzelnen Bauvolumen setzen sich in ihrer Ausrichtung zu den Bestandsgebäuden in Beziehung und bilden eine Abfolge gefasster Außenräume. An der Hanfbachstraße im Westen des Grundstückes bildet der Neubau mit dem Gebäuderiegel des alten Schulgebäudes einen öffentlichen Vorplatz, an dessen Stirnseite der Eingang zur Bücherei liegt. Er bildet ein Entree, über das der Besucher auf das Schulgelände geleitet wird. Hier präsentiert sich der Schulhof als ein offener, fließender Raum, der durch den Musikpavillon und die Furtbachschule auf der Südseite sowie das neue Gebäude der Hanfbachschule im Norden gerahmt wird.

In einer diagonalen Bewegung öffnet sich der Schulhof zum Gelände der Sportanlagen. Hier akzentuiert das Kopfende des Schulgebäudes die axiale Ausrichtung der Sportfelder und Sportgebäude. Die Bücherei ist zwar in die Gebäudestruktur integriert, zeigt sich aber als vom Erdgeschoss separierter Baukörper. Sie erhält dadurch eine eigene Identität als autonom funktionierende öffentliche Einrichtung. Zusätzlich wird ein Durchgang zwischen dem Schulhof und den nördlich gelegenen Sportanlagen geschaffen, wodurch eine blockierende Wirkung des Gebäuderiegels vermieden wird.

Das Foyer der Gemeinschaftsschule liegt der Bücherei direkt gegenüber. Es weist vielseitige Sichtbeziehungen zum Schulhof und zu den Sportanlagen auf und bietet Platz für verschiedene Veranstaltungen; durch Öffnung des Gymnastikraumes ist es zusätzlich erweiterbar.
Die Räume der Schulleitung sind unmittelbar an das Foyer angeschlossen und dadurch leicht erreichbar. Vom Eingangsbereich aus wird der Besucher weitergeleitet zu den anderen Nutzungen des Erdgeschosses mit den Arbeitsbereichen der Pädagogen und Räumen für den Fachunterricht.

Entlang des Obergeschoss der Gemeinschaftsschule erstreckt sich eine Loggia, die als Fluchtweg die flexible Nutzung der Unterrichts- und Verkehrsflächen gewährleistet, da es brandschutzrechtlich keine brandlastfrei zu haltenden Bereiche gibt. Sie weitet sich zum Schulhof hin auf und dient hier als zusätzliche Aufenthaltsfläche. Über die Loggia hat jeder Cluster der Primar- und Sekundarstufe einen ihm zugeordneten geschützten Außenbereich mit Treppe zum Schulhof.

Gemeinsam mit der Gliederung des Baukörpers in einzelne Gebäudevolumen schafft dies eine von außen ablesbare Identität der einzelnen Cluster. Alle Unterrichtsräume der Primar- und Sekundarstufe sowie die Lehrübungsräume für Biologie und Physik liegen im Obergeschoss entlang der Nordfassade und bilden ein kontinuierliches Band mit offenen Verbindungen zwischen den einzelnen Räumen. Das Band schafft in seiner mäandrierenden Geometrie sowohl eine klare lineare Orientierung, als auch eine Abfolge von sich weitenden Raumsituationen mit einer Vielzahl unterschiedlicher Sichtbeziehungen nach außen. Zusätzlich kann es flexibel auf Änderungen der Schulorganisation reagieren.
Jedem Cluster ist ein Teil der Verkehrsfläche als zentraler Raum zugeordnet, der der Schülergemeinschaft als Mitte dient und Freiheit zur individuellen Aneignung bietet. Durch Lage an der Loggia ist seine Nutzung nach außen erweiterbar.

Die Unterrichtsräume sind so angeordnet, dass eine altersgerechte Zonierung gewährleistet wird. Die Sekundarstufe orientiert sich nach Westen in Richtung der alten Hanfbachschule. Die Unterrichtsräume der Primarstufe liegen im östlichen Teil des Gebäudes und ergänzen die Primarcluster der Furtbachschule, wobei durch die separate Erschließung sich kreuzende Verkehrswege mit der Sekundarstufe reduziert werden.

Der Freiraum des Schulhofes wird durch kreisförmige Inseln zoniert, die Möglichkeiten für verschiedene Nutzungen bieten. So können sie als Sitzgelegenheit Raum zum Ausruhen bieten, als Spielfläche genutzt werden oder als Bereich dienen, auf dem die Schüler Ihren eigenen Garten anlegen. Der auf dem Gelände vorhandene Baumbestand wird dabei eingebunden oder ergänzt. Die notwendigen Parkplätze werden am Eingangsbereich zum Schulgelände mit direkter Anbindung zur Hanfbachstraße sowie entlang der Schulstraße bereitgestellt. Die Fahrradstellplätze werden auf verschiedene Orte an den Eingängen zum eingefriedeten Gelände sowie auf dem Schulhof verteilt.

Die Fassade wird als Pfosten-Riegel-Konstruktion ausgeführt, wobei das Obergeschoss durch eine Ebene aus vertikalen Holzlammellen verkleidet wird, die den Baukörper akzentuiert und gleichzeitig die Offenheit des Gebäudes kommuniziert. Zusätzlich bringen Dachflächenfenster Tageslicht in das Gebäudeinnere. Analog zur Materialität der Fassade ist Holz das prägende Material der Innenraumgestaltung.

Das Tragwerk für den Neubau der Schule ist als fugenlose Stahlskelettkonstruktion mit Flachdecken konzipiert. Das System besteht aus punktgestützten Decken, die in Längsrichtung aufgrund der Nutzung unterschiedliche Spannweiten besitzen. In Querrichtung erlaubt die Gebäudestruktur eine Zweifeldrigkeit mit gleichen Spannweiten.

Zur Energieverteilung im Gebäude sind Flächenheizsysteme mit hohen Oberflächentemperaturen im Heiz- und niedrigen Oberflächentemperaturen im Kühlfall zu empfehlen. Die jeweilige Heizlast wird über eine Fußbodenheizung gedeckt. Sie kann in der warmen Jahreszeit auch zu einer Grundkühlung genutzt werden, um Temperaturspitzen abzufangen. Im Veranstaltungsbereich der Aula ist eine Be- und Entlüftung zwingend erforderlich. In allen übrigen Bereichen können die Heiz- und Kühlsysteme durch eine Be- und Entlüftung mit Wärmerückgewinnung ergänzt werden. Zusätzlich erfolgt eine bedarfsabhängige Lüftung über die Fensterflächen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen vier frei verschwenkte und miteinander verbundene Baukörper in Ost-West-Richtung vor. Diese scheinbar freie Anordnung folgt jedoch den Richtungen am Ort und begründet sich aus den umliegenden Gebäudefluchten, die aufgenommen und weitergeführt werden. Durch diese Maßnahme wird ein klar wahrnehmbarer städtebaulicher Akzent gesetzt. Es entsteht ein großzügiger, gut proportionierter Schulhof, der sich zwischen der Hanfbachschule, der Furtbachschule und dem Neubau aufspannt. Freie Pflanzkreise gliedern den neu geschaffenen Innenhof. Der Übergang zwischen altem und neuem Innenbereich wirkt dagegen etwas unsensibel und trennt eher als zu verbinden. Als besonders störend werden die Fahrradstellplätze an dieser Schnittstelle empfunden.

Der Abstand der Neubauten zu den vorhandenen Sportanlagen erscheint ausreichend. Der notwendige Parkplatz an der nordwestlichen Grundstücksgrenze ist gut gelegen und auf kurzem Weg von der Schulstraße aus zu erreichen. Allerdings fehlt eine Aussage zu den geforderten Beh.-Stellplätzen.

Der Hauptzugang zum Schulcampus erfolgt von Westen her und liegt gut auffindbar zwischen Hanfbachschule und dem Neubauensemble. Ein offenes und funktional gut organisiertes Erdgeschoß lädt den Besucher / respektive die Schüler zum eintreten ein. Die Bibliothek liegt direkt am Haupteingang und ist somit optimal erreichbar für Bürger und Schüler. Sie kann im Alltag auch unabhängig vom Schulbetrieb genutzt werden. In den weiteren Baukörpern folgen zunächst die Verwaltungs- und Lehrerbereiche und anschließend die Fachklassen. Die räumlich, funktionale Abfolge ist schlüssig und gut gelöst. Die Fachklassen können so direkt von außen angedient werden.

Die Cluster für die Primar- bzw. Sekundarstufe sowie die Fachräume für Physik und Biologie befinden sich im Obergeschoss. Sie sind über einen innenliegenden Erschließungsgang miteinander verknüpft. Dieser weitet sich zu gut dimensionierten Aufenthaltsbereichen für die Schüler. Eine vorgelagerte Loggia schafft eine außenräumliche Verbindung zwischen den Clustern. Der Lernund Arbeitsbereich kann hier von Innen nach Außen erweitert werden. Über freie Außentreppen gelangen die Schüler direkt in den Schulhof.

Die Anforderung der verschiedenen Funktionsbereiche ist schlüssig organisiert und die Zuordnung zu den Erschließungselementen wird sehr positiv bewertet. Nur der Aufzug erscheint zu klein und nicht behindertengerecht. Die Gliederung der einzelnen Funktions- und Aufenthaltsbereiche mit vielfältigen Angeboten hat somit eine hohe Qualität.

Eine vertikale Holzlamellenstruktur im Obergeschoss dient als Filter zwischen Klassenräumen und Schulhof im Süden. Dieses homogene Erscheinungsbild bindet die Baukörper zusammen und sorgt gleichzeitig für ein abwechslungsreiches Erscheinungsbild durch die unterschiedlichen Blickwinkel. So dienen sie dem Sicht- und Sonnenschutz und vermitteln eine angenehme Leichtigkeit. Leider sind die Aussagen zur Fassadengestaltung im Erdgeschoss nur vage formuliert.

Das geforderte Raumprogramm ist vollständig und das pädagogische Konzept wurde sinnvoll umgesetzt. Eine genauere Aussage zur Oberflächengestaltung der Dachflächen fehlt, Flucht- und Rettungsweg werden konzeptionell erfüllt. Eine detaillierte Aussage zum energetischen Konzept liegt vor und erscheint logisch und nachvollziehbar. Der vorgeschlagene Erhalt des Altbaus während der Bauzeit wird allerdings kritisch hinterfragt. Der zu geringe Abstand von 1.50m könnte jedoch durch eine minimale Verschiebung in Richtung Norden geheilt werden.

Insgesamt stellt der vorliegende Entwurf eine schlüssige Lösung für die gestellte Aufgabe dar. Die gewählte Typologie (Gebäudeform) erscheint im Hinblick auf die örtliche Situation angemessen. Es entsteht ein Haus, das über die funktional sinnvolle Ordnung der Bereiche hinaus etwas erzählen kann von einer Idee des Zusammenlebens und des Zusammenlernens von Kindern und Jugendlichen. Es handelt sich hier um eine insgesamt sehr gute Arbeit.