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Offener Wettbewerb | 12/2019

Neubau eines Schulhauses mit einer dreifachen Turnhalle in Ziegelbrücke (CH)

Brückenbauer

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 50.000 CHF

Thomas Fischer Architekt

Architektur

Dr. Deuring + Oehninger AG

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfassenden beziehen sich auf die Typologie der bestehenden Anlage mit ihrer gedeckten Verbindungsachse und den orthogonal dazu aufgereihten Solitärbauten. Sie unterstreichen dabei die vorhandene Qualität der Grünräume zwischen den Schulbauten und die Offenheit der Anlage in Richtung Linthebene und Alpen.

Folgerichtig wird am nördlichen Zugang ein kompakter Baukörper als Auftakt der Anlage platziert, der die Grünräume minimal beansprucht. Ein viergeschossiges Volumen vereint die neuen Nutzungen unter einem Dach, wobei die zweigeschossige Schulnutzung auf der Sportanlage zu liegen kommt. Volumetrisch sind die Obergeschosse auf zwei Einheiten aufgeteilt, sie verleihen dem Bau eine auflockernde Gliederung, welche die Längsrichtung der Anlage stärkt: Es entstehen volumetrische und räumliche Beziehungen zum Bestand und den angrenzenden Aussenräumen. Der Neubau verblüfft mit einer Kompaktheit und Leichtigkeit zugleich. Er verleiht dem Areal einen Schwerpunkt, ohne jedoch die bestehenden Räume in die zweite Reihe zu stellen.

Mit gleicher Klarheit werden auch die Aussenräume erweitert: Eine zweite gedeckte Erschliessung ermöglicht einen direkten Zugang zum Areal und fasst die Aussenräume ein, welche die Verfassenden als «Campus-Green» in ihrer heutigen Qualität als offene Wiese belassen wollen. Ein neuer Platz auf der Südseite des Hauptbaus stärkt die Öffentlichkeit des Erdgeschosses und eröffnet im Areal einen vielversprechenden zentralen Treffpunkt. Die Verfassenden platzieren die schulische Erweiterung am südlichen Ende und lesen den Bau volumetrisch als Nachbar der Mensa. Die Vernetzung der Aussenräume über die neue Längsverbindung und den Platz schafft eine bedeutende Aufwertung und verbindet den Neubau mit dem Bestand zu einer Anlage.

Die Anordnung der Nutzungen bringt dem Areal eine neue Öffentlichkeit im Erdgeschoss. Im bestehenden Hauptbau erhält das Bildungszentrum mit den Verwaltungsräumen und polyvalent nutzbaren Flächen eine zentrale Anlaufstelle. Ein offenes Foyer erschliesst den Neubau und macht dem Bildungszentrum, dem Sportbetrieb und der Öffentlichkeit ein vielseitig nutzbares Raumangebot. Die Organisation im Neubau überzeugt durch eine klare Ordnung und ein reiches Angebot an Raumerlebnis. Vom Foyer aus werden sämtliche Nutzungseinheiten vertikal mit zwei freistehenden Wendeltreppen erschlossen. Der Weg führt über ein Mezzaningeschoss, wo der Aufenthaltsraum und die Bibliothek räumlich von der grossen Halle profitieren. In den Obergeschossen münden die Treppen je in einen zentralen Raumbereich, den die Verfassenden den schulischen «Aktionsraum» nennen. Der Weg durch das Gebäude führt somit durch verschiedene Grade an Öffentlichkeit, die bis in die zwei Unterrichtstrakte sukzessive abnimmt. In diesem Zusammenhang stellt das Preisgericht die Lage des Allwetterplatzes auf dem Dach betrieblich in Frage, denn es werden unnötig lange Wegbeziehungen zwischen den Sportnutzungen erzeugt, die für den Betrieb der Schultrakte störend sind.

Die dreiteilig organisierten Unterrichtstrakte versprechen ein hohes Mass an Aneignung für Lern- und Unterrichtsformen. Die Mittelzonen bilden den bespielbaren inneren Raum, der –je nach Zuordnung der Bildungsgänge– auch verschieden identifizierbar sein kann. Mittels zwei Verbindungbrücken werden die «Aktionsräume» geschossweise verbunden, so werden kurze und erlebnisreiche Wege innerhalb der Trakte angeboten. Die vorgeschlagene Raumstruktur erfüllt den Anspruch an einen Lernraum, bei dem Flächen verschieden benutzt und identifiziert werden können. Das Erdgeschoss mit Office bietet auch für ausserschulische Sportveranstaltungen einen attraktiven Treffpunkt und Zuschauerraum mit Tribüne zur Halle. Hinterfragt wird hier jedoch die Nutzungen Schulcafé und Forum, die mit Mensa und Haupttrakt A genügend abgedeckt sind. Der Sportbetrieb kann über die Windfänge der Wendeltreppe separat erschlossen werden. Die Abschliessbarkeit der Schulzugänge für die Nutzung durch Vereine etc. ist jedoch noch nicht gelöst oder dargestellt. Im Untergeschoss sind die Wege zwischen Garderoben und Halle kurz und die Raumorganisation ist klar und übersichtlich. Die Nutzbarkeit der Geräteraumflächen ist durch die Wendeltreppen leicht eingeschränkt.

Das konstruktive Konzept des Projekts stellt sich konsequent in den Dienst des kompakten und flexiblen Gebäudetyps. Der konventionelle Massivbau im Erdbereich und die Halle werden von einem Stahlbeton-Verbundfachwerk überspannt, wobei die schrägen Fachwerkstäbe aus Stahl als Zug- und Druckstreben wirken und die Decken als Druckgurte fungieren. Mit diesem Verbundsystem werden die Eigenschaften der Materialien gezielt eingesetzt, Materialeinsatz und Konstruktionshöhe sind optimiert. Die diagonalen Fachwerkstreben prägen das Erscheinungsbild der Schultrakte und unterstützen den Charakter der offenen Lernräume auf gelungene Art und Weise. Die flexible Grundrissanpassung ist jedoch mit den raumdurchquerenden Diagonalen auf gewisse Bereiche beschränkt oder sie stellt mit Durchdringungen eine Herausforderung an die akustische Situation zwischen den Unterrichtsräumen. Der Lastabtrag ist insgesamt schlüssig konzipiert, die Konstruktion ist einerseits innovativ, andererseits birgt sie Stellen mit Sondereinbauteilen und spezieller Bewehrungsführung im Bereich der Lastübergabebereiche vom Stahl in den Beton.

Der kompakte Bau resultiert in einer wirtschaftlichen und betrieblichen Effizienz. Das Gebäudevolumen liegt deutlich unter dem Durchschnitt der verglichenen Projekte. Die Erstellungskosten sind leicht unter dem Durchschnitt der Vergleichskosten aller Projekte der engeren Betrachtung zu erwarten. Der Materialeinsatz ist präzis und nachhaltig: Mit den Betondecken sind Speichermassen gegeben, weitere nichttragende Bauteile sind als Leichtbau aus Holz konzipiert, die Konstruktion von Dach, Decken und Fassaden sind mehrschichtig und somit einzeln ersetzbar und rezyklierbar. Mit dem Einsatz von Zementelementen wird der Neubau örtlich verankert: Das lokale Industrieprodukt verleiht dem Gebäude eine Aura von «Lernfabrik» und die rundumlaufenden Brüstungen nehmen den Dialog mit dem benachbarten Hauptbau Trakt A auf.

Das Projekt überzeugt mit einem kompakten und dennoch grosszügig nutzbarem Raumangebot, welches zusammen mit dem Bestand eine zukunftsorientierte und adaptionsfähige Bildungslandschaft schafft und dem Areal eine neue Identität verleiht. Mit einer zurückhaltenden Beanspruchung der vorhandenen Freiraumflächen wird eine Gesamtanlage gebildet, welche noch viel Raum für zukünftige Entwicklungen zulässt.