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Offener Wettbewerb | 06/2020

Bildungscampus Burgdorf: Neubau des Gymnasiums in Burgdorf (CH)

Visualisierung

Visualisierung

5. Preis / 5. Rang

Preisgeld: 12.000 CHF

ern+ heinzl Architekten

Architektur

Johannes von Pechmann Stadtlandschaft GmbH

Landschaftsarchitektur

WAM Planer und Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

Gruner Roschi AG

TGA-Fachplanung

BG Ingenieure und Berater AG

Bauingenieurwesen, Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Drei Formen:

Städtebaulicher Kontext und Identität
Die Anlage des Gymnasiums Burgdorf liegt innerhalb einer gartenstadtartigen Bebauung mit starker Durchgrünung, alleeartig angelegten Grünzügen und Solitärbauten. Genauso wie das Technikum, entsprechen auch der Altbau des Gymnasiums und die Turnhalle nicht der Massstäblichkeit der umliegenden Wohnbebauung. Vielmehr akzentuieren sie sich mit ihren Aussenräumen als dominante, wohlproportionierte und Identität stiftende Bildungs-Bauten. Eine zentrale Bedeutung für das Areal der Schule und dessen Innenwirkung kommt dem Grünplatz zu, der zusammen mit den flankierenden hohen Baumreihen, der Schulanlage eine verbindende campus-artige und attraktive Mitte gibt, der sich die Altbauten zuwenden.

Architektur und Identität
Das neue Gebäude für das Gymnasium Burgdorf versteht sich als ergänzender Baustein der baulichen Anlagen des Gymnasiums. Sowohl in der städtebaulichen Disposition, als auch in der Gestalt der Fassaden und der Typologie des Baukörpers nimmt sich der Neubau das Hauptgebäude zum Vorbild: er positioniert sich parallel zum Hauptgebäude und der mittigen Rasenfläche und bildet zur Strasse einen grosszügigen begrünten Eingangsbereich aus. Das geneigte Dach mit den beiden grossen Gauben findet seine Referrenz ebenso im Altbau, wie die Fassaden, die die horizontale Gliederung des Altbaus, den repetitiven Rhythmus und die Proportionen der Fenster adaptieren. Die Position der Eingänge ermöglicht ebenso eine Durchwegung des Gebäudes auf Erdgeschossniveau, allerdings – in Abweichung zum Vorbild – schwellenlos und nicht axial mittig. Das nimmt dem Neubau die Schwere.
Gemeinsam mit dem Turnhallengebäude werden die einzelnen Bauten nun als zusammengehöriges Ensemble erlebbar.

Qualität und Flexibilität der Räume, innere Organisation und Funktionalität
Die innere Organisation des neuen Schulhauses ist klar, einfach und übersichtlich. Sie öffnet den Schülerinnen und Schülern den Blick auf die Welt, in der sie leben, schafft Orientierung und Raum zum eigenen Tun.
Räume des Lernens (Klassenzimmer) und Räume der Interaktion unterscheiden sich dabei in ihrer Gestalt. Das Foyer und der Flur mit den Aufenthaltszonen werden durch leicht geschwungene Sichtbetonwände gestalterisch zu einem zentralen Bereich zusammengefasst. Die Deckenbereiche werden mit Akustik-Holzpaneelen zur Verbesserung der Schallabsorption versehen. Materialität und Formgebung unterstreichen dessen halböffentlichen und aktiven Charakter als einen Ort der Gemeinsamkeit und Interaktion.
Die Klassenräume als Orte der Konzentration, der Wissensvermittlung und individuellen Wissensaneignung unterscheiden sich in Materialität und Proportion. Wände, Böden und Decken sind holzverkleidet und erzeugen ein ruhiges Lernklima. Grosse Fensterfronten, welche bei Bedarf als zusätzliche Arbeitsplätze genutzt werden können, belichten die Räume grosszügig und sorgen je nach Sonnenstand für eine ausreichende Beschattung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfasser entscheiden sich, das Ergänzungsgebäude abzubrechen und schlagen vor, mit einem viergeschossigen Neubau die städtebauliche Situation und die Identität des Gymnasiums zu stärken und neu zu definieren. Das Rasenfeld in der Mitte des Campus wird neu durch drei Solitärbauten, der Turnhalle, dem Hauptgebäude und dem vorgeschlagenen Neubau umrahmt. Mit der Setzung des Gebäudes werden die historische Entwicklung der Anlage und die historischen Achsen respektiert. Selbstbewusst wird dem Altbau ein zeitgenössisches Schulhaus mit ähnlichem Massstab gegenübergesetzt.
Zum Wohnquartier an der Jungfraustrasse entsteht im Norden ein Vorplatz, welcher den nötigen Abstand zum kleinmassstäblichen Wohnquartier schafft. Hier befindet sich der ebenerdige Haupteingang. Während des Tages benutzen SchülerInnen und LehrerInnen den südlichen Eingang zum Rasenfeld. Dieser liegt 1.5 m tiefer als der Hof und wird über eine aussenliegende Treppe angebunden. Eine hindernisfreie Verbindung fehlt an dieser Stelle. Die Böschung auf der Südseite erfolgt aus aussenräumlicher Sicht etwas zu abrupt und wirkt grabenartig.

Die Positionierung des neuen Schulgebäudes zu den bestehenden erscheint logisch und präzis. Zusammen mit den Wegverbindungen wird die Idee eines räumlich klar definierten Campus gestärkt. Allerdings wird damit auch ein grosser Freiraum, dem Campus abgewandte Seite generiert, welcher zusammen mit dem Hauptzugang als grosszügiger und vielseitig nutzbarer Platz ausformuliert ist. Zugleich wird eine willkommene und einladende Geste an das angrenzende Quartier angedeutet. Der Aufenthalt für die Schüler ist hier zwar denkbar, steht aber im Widerspruch zur Campusidee. Es wäre daher wünschenswert, wenn vor allem auf der campuszugewandten südlichen Seite, ein grosszügiger, gemeinsamer Aufenthaltsbereich vorgesehen wäre. Die Verortung des Velounterstandes ist nachvollziehbar, bildet aber in der vorgeschlagenen Ausdehnung eine zu starke Abgrenzung zum nordöstlichen Quartier. Die gewünschte Durchwegung des Quartiers fehlt.

Die Fassade ist mit horizontalen Betonbändern und vertikalen Holzlamellen gegliedert. Die raumhohen Fenster sind als Fixverglasungen geplant, Holzpaneele fungieren als Öffnungsflügel. Die repetitive Befensterung, das geneigte Dach und die Lukarnen adaptieren die Gliederung und Elemente der bestehenden Bauten. Mit der asymmetrischen Anordnung der Eingänge und der Gauben enthält sich der Neubau aber einer klassizistischen Ordnung.

Im Erdgeschoss treffen sich beide Eingänge in einem Foyer, von wo aus die geschwungene Haupttreppe in die Obergeschosse führt. Im EG befinden sich zudem die Mediathek, Unterrichtsräume und der Hausdienst. Die horizontale Erschliessung auf den Geschossen erfolgt über einen grosszügigen zentralen Korridor. Zwei Raumnischen unterbrechen dessen Länge und ermöglichen seitliche Ausblicke. Die «runden» Raumecken nehmen dem Korridor die Strenge, der Innenraum wirkt fliessend. Entlang der Korridore befinden sich in den Normgeschossen Unterrichts- und Nebenräume. Am Ende des Flurs sind naturwissenschaftliche Räume angeordnet und untereinander mit einem Aufenthaltsraum verbunden. Obwohl die clusterähnliche Anordnung geschätzt wird, ist die Verteilung dieser Räume auf mehrere Geschosse nachteilig. Diese für Schulhausbauten bekannte Grundrisstypologie ermöglicht eine längerfristige Nutzungsflexibilität. Die korridorumschliessende Tragstruktur aus Stahlbeton schränkt diese jedoch zu stark ein.

Die vorgeschlagene Lüftung mittels automatisierter Öffnung der vertikalen Holzpaneele ist als Low-Tech Ansatz begrüssenswert. In unmittelbarer Nähe zu den Sportplätzen führt sie jedoch zu Lärmimmissionen und Störungen des Unterrichts. Der nachträgliche Einbau einer mechanischen Lüftung wird als Option beschrieben, dürfte aber problematisch sein.

Die Konstruktion wird als Massivbau vorgeschlagen. Bei der Hülle kommen Holz und Metall zum Einsatz. Auf dem Dach sind lokal Photovoltaik-Paneele möglich. Der sommerliche Wärmeschutz ist bei dem vorliegenden hohen Anteil an Glas mit den vorspringenden Betonriegeln und vertikalen Holzlamellen gut gelöst. Die Unterkellerung ist minimal. Das Projekt weist leicht überdurchschnittliche Geschossflächen auf. In Verbindung mit der hochwertigen Gebäudehülle werden erhöhte Erstellungskosten erwartet.

Das Projekt «Drei Formen» liefert einen selbstbewussten, wertvollen Beitrag zur gestellten Aufgabe und vermag dem Gymnasium eine neue Identität zu verleihen. Leider weist das Projekt jedoch in einzelnen Bereichen zu starke Mängel auf und vermag das Potential des gewählten Konzeptes nicht vollumfänglich auszuschöpfen.
Abgabeplan Seite 1

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Abgabeplan Seite 4

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Abgabeplan Seite 5

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Abgabeplan Seite 6

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