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Offener Wettbewerb | 05/2022

Neubau Schulanlage Tüffenwies in Zürich (CH)

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 35.000 CHF

Jonas Wüest Architekt ETH SIA

Architektur

Appert Zwahlen Partner AG

Landschaftsarchitektur

Raumanzug GmbH

Akustikplanung

Gruner Wepf AG, Zürich

Tragwerksplanung, Brandschutzplanung

Gode AG

TGA-Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Der explizit strukturelle Ansatz des Projekts TOTORO erweist sich in weiten Teilen als tragfähig, um den hohen Anforderungen des Raumprogramms und der Nachhaltigkeitsdimensionen zu begegnen. Die Kompaktheit des Baukörpers erlaubt ausserdem eine präzise städtebauliche Setzung auf dem Areal. Die innere Gliederung überträgt sich unmittelbar auf die Gebäudehülle, bestimmt die markante Erscheinung des Baus und macht diesen als öffentliche Einrichtung erkennbar. Eine expressive Gebäudesilhouette, mehrgeschossige Fassadenrippen und die von der Gebäudeecke abgelöste Treppenskulptur verstärken diese Wirkung zusätzlich. Die gewählten Ausdrucksmittel hingegen, insbesondere die Tonalität der Fassade sowie das die oberen Geschosse umhüllende, perforierte Trapezblech, machen das Gebäude unnahbar. Die schulische Nutzung verbirgt sich hinter einer infrastrukturellen Anmutung.


Der minimale Fussabdruck des Baukörpers schafft ideale Voraussetzungen zum Erreichen der geforderten Freiraumqualitäten. Es gelingt, ebenerdig eine auf die Erdgeschossgrundrisse und -nutzungen abgestimmte Freiraumgestaltung mit Rückzugmöglichkeiten, Begegnungsräumen und Nutzungsangeboten zu organisieren, die soziale Sicherheit gewährleistet und den direkten Bezug zum Quartier herstellt. Die geforderten Massnahmen zur Hitzeminderung und zur Förderung der Biodiversität werden umgesetzt. Der erhaltene und mit zusätzlichen Pflanzungen ergänzte Baumbestand gewährleistet eine ausreichende Beschattung der Freiflächen. Die Dachfläche mit zwei Allwetterplätzen und gedeckten Pausenflächen ist sekundär über eine Aussentreppe erreichbar. Aus Sicherheitsgründen ist jedoch davon auszugehen, dass diese Sportflächen ausserhalb des Schulbetriebs nicht zugänglich sein werden.


Eine zentrale Eingangshalle ordnet das Erdgeschoss und erlaubt eine funktionale sowie übersichtliche Organisation der gemeinschaftlichen Räume. Die Adressierung der Zugänge, die Anlieferung sowie die Orientierung der Nutzungen auf die Freiräume sind schlüssig. Der separate Eingang für den unabhängigen Sport- und Publikumsbetrieb ist gut platziert. Die Aufenthaltsqualität in der schlanken, niedrigen, das Gebäude durchmessenden Eingangshalle beurteilt das Preisgericht jedoch kritisch.


Die vertikale Stapelung der Nutzungen erfordert eine differenzierte Gliederung der Geschossgrundrisse. In den Schulgeschossen wird dies insbesondere in der Anordnung der Cluster gut gemeistert. Die empfindlichen Nutzungen liegen entlang der lärmabgewandten Fassaden. Im Innern wird eine aus der Mitte heraus gedachte, klare Erschliessungsfigur mit adäquat angegliederten Nebenraumzonen herausgebildet. Als Konsequenz der hohen Kompaktheit ist hier jedoch eine gute natürliche Belichtung kaum zu erreichen. Insbesondere fehlt der für die Orientierung wichtige direkte Aussenbezug, der erst aus den Klassen- und Gruppenräumen ermöglicht wird. Deutlich wirkt sich dieses konzeptbedingte Handicap im gemischt genutzten 4. Obergeschoss aus, wo der Grundriss labyrinthisch wird. Zwar überzeugen die effizient auf der Lärmseite angeordneten Sportgarderoben – dem gegenüber wirkt das Layout von Musikschule, Handarbeit, Teamzimmer und Schulleitung jedoch verschachtelt und zufällig. Die sechs für Erschliessung und Entfluchtung vorgeschlagenen Treppenanlagen schliesslich überzeugen im Verhältnis zur angestrebten Effizienz und im Vergleich zu den anderen Projektbeiträgen weniger.


Die Nachhaltigkeitsthemen sind sorgfältig erarbeitet. Die Jury begrüsst die Suche nach einem Ausdruck, der direkt aus «rohbelassenen und bewährten Materialien mit einem guten Alterungsverhalten» abgeleitet wird. Leider konnte daraus noch keine stimmige Ästhetik abgeleitet werden. Die als Tragstruktur der Sportgeschosse an der Fassade aufgedoppelten Stahlstützen und die ausgeklügelte Zuweisung verschiedener Konstruktionsweisen (Stahlbau, Holz-Beton-Hybridbau, RC-Beton) überzeugen die Jury ebenfalls nicht vollständig. Die vorgeschlagenen Photovoltaikflächen auf dem geneigten Dach und die BrisesSoleil sind zu knapp bemessen, könnten jedoch mit Paneelen an der Sporthallenfassade erweitert werden. Die angestrebte Langlebigkeit in Kombination mit der sehr hohen Flächeneffizienz und Kompaktheit lassen eine gute Wirtschaftlichkeit erwarten.


TOTORO besticht in erster Linie bezüglich Städtebau und Freiraum. Das Projekt leistet einen wichtigen Beitrag zur Auseinandersetzung mit den gestellten gesellschaftlichen Fragen. Zugleich werden aber die Grenzen der Kompaktheit sichtbar. Die Konsequenzen dieser Effizienz zeigen sich deutlich in der inneren Organisation. Die gute Funktionalität vieler Teilbereiche ergibt in der Summe kein überzeugendes Ganzes. Durch das enge Korsett mangelt es an austarierten Schwellen- und Möglichkeitsräumen. Es fehlt im Endeffekt die Luft für Veränderungen. Geschmälert wird auch die Aufenthaltsqualität in den Zirkulationszonen, was bei der hohen Personenbelegung Auswirkungen auf die individuelle Befindlichkeit und das gemeinschaftliche Gefüge haben dürfte. Ebenso sind das im Äusseren vermittelte Bild der Schule und seine rohe Zeichenhaftigkeit kein Gewinn für das Quartier.