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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022

Gesamterneuerung Gewerbliches Berufs- und Weiterbildungszentrum in St.Gallen (CH)

1. Rang / 1. Preis / Zur Realisierung empfohlen

Preisgeld: 75.000 CHF

MALTE KLOES ARCHITEKTEN GMBH

Architektur

Carolin Riede Landschafts­ar­chi­tektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Büro für Bauökonomie AG

Projektsteuerung

Baukonstrukt AG

Tragwerksplanung

Gruenberg + Partner AG

TGA-Fachplanung

Gartenmann Engineering AG

Bauphysik, Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Mitarbeit/Verfasser Malte Kloes Architekten: Tilla Baganz, Ann-Madlen Gfeller, Malte Kloes, Nicola Mahon, Sven Rickhoff, Iris Schillaci

Das Konzept der Erweiterung und Erneuerung des Gewerblichen Berufs-und Weiterbildungszentrums St.Gallen greift Potenziale und Qualitäten der bestehenden Überbauung auf und komplementiert diese mit einem Spektrum räumlicher, funktionaler und technischer Aufwertungen und Ergänzungen. Ein kompakter Neubau, der sich mit dem bestehenden Gebäude der technischen Abteilung zu einer hochflexiblen Einheit verbindet, sowie eine Aufstockung des Gestaltungsgebäudes erweitern das bestehende Flächenangebot. Durch die unmittelbare Angliederung des Neubaus an den Bestandsbau und den hierdurch gewährleisteten, sparsamen Flächenverbrauch der Baukörper kann im Süden eine grosszügige, parkähnliche Grünfläche erhalten werden, die in den Pausen als Erholungsort, sowie als Flächenversickerung und Regenwasserretention dient.
Die Einführung neuer Raumtypologien, wie offener und zweigeschossiger Unterrichtszonen und verbindender Atrien generieren vielfältige Bezüge zwischen den verschiedenen Nutzungseinheiten, bringen viel Potenzial für neue Lehr- und Lernformen und verleihen dem Selbstverständnis der Institution als interdisziplinärer Ort der Begegnung und des Austauschs räumlich Ausdruck.
Bei der Gesamterneuerung der Anlage wird die bestehende Bausubstanz so weit als möglich weiterverwendet und erhalten, um den Material- und Ressourcenverbrauch, sowie die anfallende Grauenergie und Treibhausgasemission für die Erstellung neuer Bauteile auf ein Minimum zu reduzieren. Neben der Weiterverwendung durch Erhalt des Rohbaus, liegt der Fokus auf einem ressourcenschonenden und umweltverträglichen Einsatz von Baustoffen und Materialien: Der kompakte Neubau, die Aufstockung des Hauses der Gestaltung und alle zu ersetzenden Fassaden sind in Holzbauweise konzipiert. Eine konsequente Systemtrennung optimiert den Unterhalt der neuen Gebäudeteile über die Lebensdauer und ermöglicht geschlossene Stoffkreisläufe.
Die Erzeugung von Wärme über Erdsonden, ein bedarfsgerechtes und flexibel anpassbares Haustechnikkonzept, sowie der maximale Einsatz von Photovoltaik auf Dächern und an Fassaden tragen zusätzlich zum vorbildlichen, ökologischen Fussabdruck der Anlage bei und lassen den nachhaltigen Ansatz zugleich zum integrativen Bestandteil des neuen Erscheinungsbilds der Anlage im Quartier werden.
Resultat der Gesmterneuerung ist eine typlogogisch kohärente, identitätsstarke Gesamtanlage mit klarer Nutzungsverteilung, räumlicher Flexibilität und qualitätsvollen, naturnahen Aussenräumen, die ein mustergültiges Beispiel für die nachhaltige Erweiterung bestehender Bildungsbauten statuiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

LES HALLES steht für ein wohlbedachtes, gut durchgearbeitetes, solides aber auch beschwingtes Projekt, das sich umsichtig an die nutzungstechnischen und baurechtlichen Vorgaben hält. In einem sensiblen, von gutem Gespür für die relative Wertigkeit des Bestandes gekennzeichneten Umgang mit der bestehenden Anlage, wird das Berufs- und Weiterbildungszentrum qualitätsvoll weiterentwickelt.
Zwei Massnahmen sind hervorzuheben: Die räumlichen Bedingungen werden aufgeweitet und eine erfrischende, zeitgemässe Identität wird geschaffen. Städtebaulich und architektonisch ergänzen grosszügige Terrainebenen und Geschosse übergreifende Verbindungen das bisherige Raumangebot. Und das in Holzbauweise erstellte Fassadengewand mit den vorgehängten PV-Paneelen, die dem Sonnenschutz und der Energiegewinnung dienen, verleiht der Anlage einen köhäranten, angemessen frischen und fortschrittlichen Ausdruck.
Städtebaulich überzeugt das Projekt einerseits mit einer differenzierten Volumenstaffelung, die den Querbau der Dreifachsporthalle gelassen ins Ensemble integriert. Andererseits werden die verschiedenen Ebenen der Anlage, das Strassenniveau, die Terrassenlandschaft und der Freiraum zum Falkenwald geschickt miteinander verknüpft, so dass eine belebende Durchlässigkeit erzeugt wird.
Die Grundstrukturen und Typologien der Freiräume bleiben erhalten, bestehende Themen und Qualitäten werden aufgenommen. Der Ankunftsplatz an der Demutstrasse bleibt die gut erkennbare Adresse der Anlage. Die Terrasse, die den erweiterten Gebäudekomplex im Süden begleitet, dient als unmittelbarer Schul-Freiraum mit engem Bezug zum Innenraum. Die Terrassengestaltung nimmt überzeugend die Formensprache der Bestandsarchitektur auf: Pflanztröge flankieren die offene Bewegungsachse, fassen den Aussenbereich der Mensa, schaffen Distanz zu angrenzenden Schulräumen und öffnen den Blick in die Landschaft. Ein Gewinn sind auch die baumbeschattete Freitreppe an der Wattstrasse und die subtile Umgestaltung des südlichen Freiraums.
Die Freitreppe entlang der Wattstrasse überdeckt den geschickt angeordneten Strassenwärter-Stützpunkt und schafft eine neue attraktive Verbindung zwischen dem Ankunftsplatz und der Terrassenlandschaft. Die bestehende Aussentreppe beim Haupteingang wird grosszügiger gefasst und bildet nicht nur die zentrale Nord-Süd-Querung sondern erschliesst auch den neuen, direkten Aussenzugang der Mensa auf Terrassenniveau. Im Osten wird der bestehende Zugang zur Sporthalle aufgewertet. Dieser erschliesst sowohl den Erweiterungsbau als auch die bis zur Sporthalle verlängerte Südterrasse. Die Anlieferung erfolgt sinnvollerweise an dieser Lage entlang der Westfassade der Sporthallen. Allerdings kann die innere Anbindung der Anlieferung noch nicht überzeugen, da sie zur Erschliessung der Küche den Personenstrom der Haupttreppe kreuzt.
Schliesslich führen zwei geschwungene Aussentreppen in den südlichen Freiraum, der von dem bestehenden Terrassenvorsprung, dem Erweiterungsbau und der Sporthalle teilweise gefasst wird. Der Freiraum wird durch die Anbindung an das Gebäude und seine einfache, parkartige Gestaltung zu einer wertvollen Schnittstelle. Er dient sowohl als nutzbarer Aussenraum wie auch als attraktiver Ausblick aus dem Gebäude und bettet die Schule respektvoll und unter minimaler Bodenversiegelung in die Umgebung und das Demuttal ein.
Die Querungen in Nord-Süd-Richtung werden durch eine auf dem ersten Obergeschoss angeordnete Längsverbindung zwischen der «Schule für Gestaltung» und der «Technischen Abteilung» ergänzt. Diese aktiviert das Dach über dem Eingangsbereich und erschliesst einen zusätzlichen, willkommenen Aussenraum in dieser Höhenlage. Dies gilt auch für den Vorschlag der gut erschlossenen Anordnung von Aussensportfeldern auf dem Sporthallendach, deren Umsetzbarkeit jedoch zu prüfen ist.
Die gekonnte Animierung des Aussenraums wird im Gebäude durch die präzise Platzierung von Atrien reflektiert. Das zentrale Atrium beim Haupteingang bietet der Schule einen grandiosen Auftritt und verschafft Überblick. Die in den Gebäudeflügeln gestaffelt angeordneten Atrien bilden ein eigentliches Raumkontinuum. Gleichzeitig bieten diese zweigeschossigen Räume «neue Nutzungspotenziale, wie das Arbeiten an grossen Kunstwerken, die Integration grösserer Maschinen und Instrumente in die Lehre, oder die Einrichtung lokaler Präsentations- und Veranstaltungshallen». Die Atrien verbessern aber auch die Tageslichtnutzung. So wird zum Beispiel der eigenständige Zugang und der anschliessende, grosszügige Vorbereich der Einheit «Couture Lehratelier & Bekleidungsgestaltung» über ein zweigeschossiges Atrium visuell mit der im zweiten Untergeschoss angesiedelten Einheit «Foto, Print & 3D» verbunden, womit letztere mit Tageslicht von oben versorgt wird.
Allgemein kann die generelle Disposition der Nutzungen überzeugen. Der Bereich «Schönheitspflege» zum Beispiel wird mit seinen besonderen Anforderungen an die Tageslichtversorgung entlang der hohen Fenster des zweiten Untergeschosses angeordnet und die pädagogische Einheit «Zeichnen und Malerei» befindet sich aufgrund der ebenfalls erhöhten Anforderungen an Tageslicht und Raumhöhe in der überhohen Aufstockung der Schule für Gestaltung.
Auch die räumlichen Voraussetzungen für die Umsetzung des pädagogischen Leitbilds sind gegeben. Das offene Stützenraster der Tragstruktur ermöglicht es, in horizontaler Richtung Durchlässigkeit und vielseitige Raumbezüge zu generieren. Zugleich lässt die Einfachheit des Tragwerks Spielraum für zukünftige, programmatische Anpassungen und Raumrochaden. Die vorgestellte Organisation der pädagogischen Einheiten stellt sich fliessend und organisch dar. Sie sind jeweils räumlich zusammenhängend organisiert, jedoch nicht als hermetisch gegeneinander abgegrenzte Bereiche, sondern als offene, ineinandergreifende Raumcluster.
Dies gilt auch für die Erweiterungsbauten, die, wie die Fassaden, in Holzbauweise erstellt sind. Bei diesen wird subtil von den Bedingungen des Bestandsbaus abgewichen, um so auf einfache Weise einen Vorteil zu erzielen – so zum Beispiel bei den überhohen Etagen des Erweiterungsbaus und der Aufstockung. Im Zusammenspiel mit dem umsichtigen Umgang mit dem Bestand und der vorgeschlagenen Materialwahl garantiert die robuste und flexible Tragstruktur ein wirtschaftliches Bauwerk, das haushälterisch mit dem Freiraum umgeht, die Umwelt schont und der Gesellschaft langfristig gute Dienste erweisen kann.