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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2022

Sanierung und Erweiterung Oberstufenschule StrÀttligen in Thun (CH)

2. Rang

BĂŒrgi SchĂ€rer Architekten AG

Architektur

Appert Zwahlen Partner AG

Landschaftsarchitektur

Grolimund & Partner AG

Bauingenieurwesen

Beurteilung durch das Preisgericht

Act Now - mit dem Kennwort bekennen sich die Projektverfassenden zum Entwicklungspotential der fĂŒr die 70er Jahre typischen Schulanlage von Franz Wenger und formulieren einen Katalog «reparieren- der» Eingriffe ins Ensemble, um die rĂ€umlichen- und nutzungsspezifischen QualitĂ€ten der Schule fĂŒr kommende Generationen zu transformieren. Act Now als Aufforderung einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Bestang, ist in der architektonischen Konzeption weitestgehend gut und pragmatisch gelöst. Der Abbruch von Trakt 4, der Hauswartungswohnung und dem Provisorium schaffen den nötigen Raum, um einen kompakten, 5-geschossigen SolitĂ€r in das orthogonale Grundmuster der Anlage einzuschreiben. Mit dem Entscheid den Trakt 2 aufzustocken, wird die rĂ€umliche Neuinterpretation des Ensembles volumetrisch wieder in ein Gleichgewicht gefĂŒhrt und verankert die Anlage stĂ€dtebaulichen ĂŒberzeugend im Quartier. 
Die identitĂ€tsstiftende Passerelle wird konsequent erweitert und verbindet sĂ€mtliche Trakte in schlĂŒssiger Weise. Die ortsbaulich prĂ€zisen Korrekturen fĂŒhren zu einer KlĂ€rung und StĂ€rkung des Ensembles in baulicher wie auch freirĂ€umlicher Hinsicht. Die fliessenden FreirĂ€ume verzahnen sich selbstverstĂ€ndlich mit dem Quartier und werden trotz baulicher Verdichtung in Ihrer QualitĂ€t und QuantitĂ€t klar verbessert. Das Freiraumkonzept ĂŒbernimmt die orthogonale Grundordnung und formuliert begrĂŒnte oder unversiegelte FlĂ€chen als Intarsien, welche in die sonst durchlaufenden BelagsflĂ€che eingelassen sind. Unterschiedlich dicht platziert, entstehen differenzierte FreirĂ€ume mit verschiedenen AtmosphĂ€ren. 
 Der bestehende Hof wird als Quartierhof interpretiert, offen und flexibel bespielbar ĂŒber der Kommando- zentrale oder mit BĂ€umen und unversiegelten Bereichen am Rand. 
 Der sĂŒdliche Hof wird kleinteiliger ausformuliert; Die unterschiedlich grossen PflanzflĂ€chen, dicht mit BĂ€umen bepflanzt, gliedern diesen in verschiedene TeilrĂ€ume, welche ein reiches Angebot fĂŒr die unter- schiedlichen BedĂŒrfnisse der Schule und fĂŒr die Jugendlichen anbietet. Der zentrale Schulhof wird grundsĂ€tzlich als durchgehender Weg- und Platzraum gelesen. Im Zentrum wird dieser mit einer erhöhten Sitz- und Liegeskulptur möbliert mit Bezug zum Rasenspielfeld. Die Sportanlage wird ebenfalls mit dem Grundsatz, klare geometrische BezĂŒge herzustellen, umgestaltet. Im SĂŒden wird ein zweiter Hartplatz vorgeschlagen und das Rasenspielfeld mittig zwischen den Beiden eingespannt. Diese Anordnung generiert einen prĂ€zisen Bezug zwischen Schulhof und Rasenspielfeld, jedoch ist die Grösse des Rasenspielfeld gemindert. Das Beachvolleyfeld wird ganz im SĂŒden des zweiten Hartplatzes angeordnet. 
 Die bestehenden VelounterstĂ€nde werden ins Konzept Integriert, ergĂ€nzt mit einer ungedeckten Veloanlage beim sĂŒdlichen Hof und entlang den beiden Schultrakten an der Hallerstrasse. Die 14 ParkplĂ€tze entlang dem Balmweg sind gut angeordnet, jedoch fehlen noch immer einige AbstellplĂ€tze. Der Neubau ist einfach organisiert und die achs- symmetrische Grundrissordnung gewĂ€hrt eine angemessene FlexibilitĂ€t in der Nutzung. Über ein wohlproportioniertes Foyer im Erdgeschoss mit Aula, Mehrzweckraum und Musikfachraum erreicht man ĂŒber eine grosszĂŒgig angelegt Treppenfigur die Klassenzimmergeschosse. Nicht ganz nachvollziehbar bleibt die rĂ€umliche QualitĂ€t dieser Treppenfigur, insbesondere im Übergang des einlĂ€ufigen zum zweilĂ€ufigen Teil. Auf den Unterrichtsgeschossen ist die Treppenanlage an eine grosszĂŒgige Halle angebunden, die als erweiterte Lernlandschaft genutzt werden kann und als Begegnungszone einen pĂ€dagogischen Mehrwert schafft. Sinnvollerweise ist die Treppe in den oberen Geschossen brandschutztechnisch gesichert, doch fĂŒhrt sie im Erdgeschoss durch das Foyer nach draussen und schmĂ€lert dadurch dessen Nutzen. Die sanitĂ€ren Anlagen sind jeweils von den Treppenpodesten zugĂ€nglich, bis auf das IV WC, welches immer vom Klassenzimmergeschoss erreichbar ist. Diese platzsparende und effiziente Anordnung kennt man von Schulbauten aus der GrĂŒnderzeit , jedoch ist sie fĂŒr eine Schule im Heute viel zu beengt. Auch die Erreichbarkeit fĂŒr das Facility Management wird kritisch betrachtet. In der weitern Diskussion hat sich gezeigt, dass die Klassenzimmergeschosse des Neubaus trotz einer gewissen FlexibilitĂ€t zu wenig Spielraum bieten. Die Nutzungsverteilung ĂŒber die Gesamtanlage ist möglich und bietet sich dank der flexiblen Raumstruktur, die der Schule zugrunde liegt, an. Programmatisch fragt man sich jedoch, ob es richtig ist, auf drei von vier GebĂ€uden Klassenzimmer zu verteilen, da die Bauten typologisch doch sehr unterschiedlich sind.
Die rĂ€umlichen Eingriffe in Trakt 1, 2 und 3 sind behutsam und ordnen sich der bestehenden Struktur unter. Die Lifte sind schlĂŒssig platziert, jedoch zeigt sich im Vergleich mit den weiteren ProjektvorschlĂ€gen, dass die Chance einer rĂ€umlichen KlĂ€rung des Klassenzimmertrakte verpasst wird und in den Erschliessungsbereichen die rĂ€umliche QualitĂ€t fehlt. Mit seiner leichten HĂŒlle aus vorvergrauten Holz-Elementen, Photovoltaik-Elementen und Glas sucht der Neubau in seiner tektonischen Fassadengliederung und im Ausdruck die Verwandtschaft zu der bestehenden Schulanlage. Geschickt wird die thermisch geringe Speichermasse der GebĂ€udehĂŒlle mit einer hybriden Holz-Beton Tragkonstruktion kompensiert. Die Fassaden der Bestandsbauten werden innen gedĂ€mmt, wobei zu beachten ist, dass gewisse WĂ€rmebrĂŒcken nicht bewĂ€ltigt werden können und der Vorschlag der mechanischen gesteuerten FensterlĂŒftung die filigranen Aluminiumfenster in ihrem Erscheinungsbild klar verĂ€ndern. Anhand einer mechanisch gesteuerten FensterlĂŒftung (QuerlĂŒftung) wird die NachtauskĂŒhlung gewĂ€hrleistet. Konstruktiv wird jedoch das Potential der Fassadensanierung und Aufstockung auch hinsichtlich seiner MaterialitĂ€t nicht weiter untersucht, was bei der klaren Aufforderung des Act Now bedauerlich ist. 
Das Tragwerk der Klassenzimmergeschosse ist in sich nachvollziehbar, jedoch vermisst man ein kongruentes strukturelles Prinzip, dass sich bis in die Fundation nachvollziehen lĂ€sst. Gerade im Bereich der Aula, des Mehrzwecksaals und der vertikalen Erschliessung ist die vertikale Lastabtragung nicht vollends geklĂ€rt. Die Aufstockung von Trakt 2 scheint jedoch plausibel, da sich darunter die Zivilschutzanlage befindet und somit wohl keine weiteren ErtĂŒchtigungen der Fundation zu erwarten sind. 
 Hinsichtlich Nachhaltigkeit wird Act Now sehr gut bewertet. Sinnvoll und gestalterisch ĂŒberzeugend werden Photovoltaik- Element in die Verkleidung der HĂŒlle integriert. Der fĂŒnf geschossige Neubau generiert trotz einer sehr effizienten Grundrissanordnung am meisten HauptnutzflĂ€che, was im Erstellungskostenvergleich negativ auswirkt. Das Projekt besticht durch seine sorgfĂ€ltige stĂ€dtebauliche Konzeption und seiner vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema «Bauen im Bestand». In prĂ€ziser Weise werden bestehende aussenrĂ€umliche QualitĂ€ten gestĂ€rkt und die Schulanlage in volumetrischer und funktionaler Hinsicht.