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Offener Wettbewerb | 06/2022

„Campus 25+“ – Erweiterung der Volksschule in Kirchberg (CH)

Lageplan

Lageplan

Grüttbach

2. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 50.000 CHF

SCHÄR BURI ARCHITEKTEN BSA/SIA

Architektur

David Bosshard Landschaftsarchitekten AG

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Weiterbauen, räumlich mit dem Quartier vernetzen und klare Nutzungseinheiten schaffen: dies sind drei Merkmale des Projekts «Grüttbach». Die Projektverfassenden definieren, aufbauend aus einer sorgfältigen Ortsanalyse ein differenziertes räumliches
Konzept aus Bestandsbauten, Erweiterungen und Neubauten, das durch eine Abfolge von Aussenräumen verbunden wird. Dabei gelingt es sowohl für die unterschiedlichen Schulnutzungen als auch für das Quartier identitätsstarke Freiräume zu bilden.

Die vorgeschlagene Durchwegung wird als Einladung verstanden, den Raum zu nutzen. Die Umgebungsgestaltung ist bestrebt vorhandene Elemente zu nutzen und Qualitäten weiterzuentwickeln. So wird der verkehrsberuhigte Reinhardweg mit der bestehenden Baumreihe aus Rosskastanien geschickt in das Freiraumgefüge integriert und wirkt als Rückgrat des Areals. Hier befinden sich auch die Fahrradabstellplätze. Die Anliegen der Zentrumsentwicklung werden mit einem öffentlichen Platz an der Ecke Solothurnstrasse/
Schulweg und einer partiellen Offenlegung des Grüttbachs als Bindeglied zum Dorf wahrgenommen und vermittelt so zu halböffentlichen Nutzungen wie der Bibliothek. Der Rehlipark wird als Parkplatz (und darunter liegender öffentlicher Einstellhalle)
umgenutzt. Mit einer zweiten Einstellhalle auf dem Schulareal wird – allerdings mit einem entsprechenden Aufwand – eine Entflechtung und ein praktisch autofreier Campus erreicht.

Die Gestaltung der Freiräume richtet sich stark an den Altersstufen aus. So ist der Pausenplatz der Oberstufe als grosszügige Bewegungsfläche mit Sitzgelegenheiten im Schatten angelegt. Die Freiräume der Primarschule verfügen über differenzierte Spielmöglichkeiten. Die Kindergärten bekommen eigene, mit einer Hecke umschlossene Gärten, welche durch die Bauten zoniert werden. Die Gärten stehen in einem guten Sichtbezug zu den Innenräumen. Auf dem Campus werden Bodenbeläge differenziert ausgestaltet und wo möglich auch sickerungsfähig und damit klimafreundlich ausgebildet.

Ausgehend von der Analyse der geschichtlichen Entwicklung, des Baubestandes, den vorhandenen Ressourcen sowie des Nutzungspotenzials werden wichtige Bauten erhalten und soweit notwendig räumlich angepasst. Die Tagesschule bleibt unverändert im Gründerbau von 1910. Die Primarschule wird im Längsbau von 1937 mit angemessenen Um- und Anbauten weitergeführt. Die nördlichen Erweiterungen mit Gruppenräumen ermöglichen zwar betrieblich eine Verbesserung, verunklären allerdings etwas die räumliche Klarheit und Offenheit, geben dem Gebäude jedoch auch ein wünschbares Gesicht gegen Norden. Hier ergänzt ein zweigeschossiger Bau das Ensemble und schafft die weiteren Klassenräume und polyvalent nutzbare Flächen für die Primarschule, die logisch und funktional angeordnet sind. Verbunden über einen gedeckten Zwischenbereich auf Sockelniveau bilden die beiden Bauten einen neuen Pausenplatz, der sich gegen Westen zur Turnhalle erstreckt und damit eine gewisse Grosszügigkeit öffnet.

Die Aula aus den 1960-er-Jahren wird mit der Bibliothek und einem vergrösserten Foyer erweitert und stärkt damit die öffentliche Lage, die mit einem chaussierten Platz und dem hier offen gelegten Grüttbach symbolisiert wird. Obwohl als kulturhistorisches Element nicht uninteressant, werfen diese Massnahmen – insbesondere auch in Zusammenhang mit der Umgestaltung des Rehliparks als (auch multifunktional nutzbaren) Parkplatz – einige Fragen auf.

Das Oberstufenschulhaus wird abgebrochen und durch einen viergeschossigen Neubau ersetzt. Eine grosszügige überdeckte Eingangshalle gegen Westen verbindet räumlich mit den Bestandsbauten. Der fast quadratische Gebäudetypus baut auf vielfach bewährten Grundrissmustern auf und ordnet rund um einen multifunktional nutzbaren Zentrumsbereich Klassen- und Gruppenräume an, die eine hohe Nutzungsflexibilität und Anpassbarkeit an unterschiedliche Lernformen erlauben. Insbesondere die Mittelzone, aber auch die Grundrissgestaltung des Erdgeschosses wirken noch sehr schematisch, schaffen zu wenig Orientierung und nutzen das Potenzial des Lichthofes nicht.

Westlich des Reinhardweges bilden zwei, den anschliessenden Wohnbauten massstäblich angepasste Neubauten gemeinsam mit dem umgenutzten alten Feuerwehrmagazin drei Doppelkindergärten mit entsprechenden Aussenräumen. Die traditionelle Typologie und Gestaltung der Kindergärten lässt mögliche zukunftsgerichtete Weiterentwicklung etwas vermissen. Die räumlich und bautechnisch gut erhaltene Tomatenburg nahe des Emmenufers wird ohne grosse strukturelle Änderungen für die Heilpädagogische Schule (HPS) sowie einige weitere Fachräume umgenutzt. Dadurch erhält die HPS einerseits eine ruhige Lage innerhalb des Campus und ist andererseits durch Mehrfachnutzen anderer Räume gleichsam Teil davon.

Die neuen Schulbauten mit zentralen Betonkernen für die Erschliessung sind als Holzelementbauten mit Lignaturdecken konstruiert. Der architektonische Ausdruck mit einer fein gegliederten Fassade – Bandfenster mit Ausstellmarkisen, Holzschalung, schräg auskragenden PV-Elementen, die neben der Stromproduktion auch einen gewissen baulichen Holzschutz darstellen – entsprechen gängigen Bildern, die sich jedoch, wohl aufgrund der Unaufgeregtheit, recht selbstverständlich in die heterogene Baustruktur einfügen. Die Gestaltung der Kindergärten mit dem Bezug zu den Wohnbauten vermag jedoch nicht vollumfänglich zu genügen und bedarf einer gestalterischen Klärung.

Die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung sind erreichbar, allerdings hat das Projekt eine schlechte Kompaktheit und erweist sich als recht aufwändig. «Grüttbach» liegt im Kostenvergleich sowohl bei den Neubauten schlechter und bei den Umbauten sogar markant schlechter als der Durchschnitt der Projekte. Das Konzept mit eher vielen Bauten und Massnahmen ermöglicht allerdings eine gute und logische Etappierbarkeit (im Idealfall ohne Provisorien) und zeigt auf, welche räumlichen und finanziellen Konsequenzen unabhängige Parkierungen mit einer Einstellhalle für die Schule und einer für die Öffentlichkeit (im Rehlipark) haben.

Fazit
Insgesamt handelt es sich beim Projekt «Grüttbach» um einen sorgfältig ausgearbeiteten Beitrag, der sowohl in der ortsbaulichen Körnung und aussenräumlichen Vernetzung, als auch in der Flexibilität zu überzeugen vermag. Schwachstellen zeigen sich allerdings bei der schulbetrieblichen Ausformulierung und adäquaten gestalterischen Umsetzung sowie, bei näherer Betrachtung, doch aufwändigen und nicht besonders wirtschaftlichen Eingriffstiefe.
Grundriss Untergeschoss

Grundriss Untergeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1.OG

Grundriss 1.OG

Grundriss 2.OG

Grundriss 2.OG

Grundriss 3.OG

Grundriss 3.OG

Schnitte und Fassaden

Schnitte und Fassaden