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3. Rang 4 / 4

Offener Wettbewerb | 04/2023

Sanierung und Erweiterung Schulanlage Kandermatte - Thierachern

Visualisierung Schulanlage Kandermatte

Visualisierung Schulanlage Kandermatte

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 10.000 CHF

ARCHITEKTEN GLAUS STĂ„MPFLI GMBH

Architektur

Riggenbach Garten und Landschaft

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Qualitäten
Die klare Setzung der Schulanlage Kandermatte wird mit der Erweiterung und Aufstockung der bestehenden Gebäude gestärkt. Auf dem Zwischenbau wird bewusst nicht aufgestockt, damit die Körnung der Schulanlage im Dörflichen Charakter bleibt. Der Schulhausplatz sowie der Zugang zum Schulhausareal vom Bachweg und Glütschbach aus sollen in Richtung des Dorfes räumlich offen bleiben. Die Schulanlage bildet einen klaren Abschluss des Dorfteils in der Kandermatte. Der bestehende Fussabdruck der Schulanlage wird nur um ein paar Promille vergrössert. Bewusst wurde an den bestehenden zwei Schulgebäude weitergebaut. Die bestehende Höhe Spitze Zeltdach wird jedoch nicht verändert. Die Sichtbezüge zum Dorf, in die Natur und zu den Bergketten bleiben erhalten.

Umgebungsgestaltung
Der Aussenraum der neuen Schulanlage Kandermatte nimmt die bestehenden Strukturen auf und entwickelt diese zu einem polyvalenten Freiraum weiter, welcher sowohl von der Schule wie auch der umliegenden Bevölkerung und Vereine genutzt werden kann. Der Aussenraum wird naturnah und biodivers gestaltet, sodass Mensch, Fauna und Flora ihren Platz finden und sich gegenseitig in Ihrer Entwicklung fördern und nicht beschränken. Schüler und Besucher des Areals erhalten so einen Einblick in die natürlichen Prozesse und entwickeln ein Verständnis für diese.
Der bereits bestehende Pausenplatz wird in seiner Grösse reduziert und mit einem robusten Ortbetonbelag aus Recyclingbeton ausgebildet. Die bereits vorhandenen Sitzelemente aus Beton werden im Sinne der Kreislaufwirtschaft wiederverwendet und neuplatziert. Die Verkleinerung des Pausenplatzes schafft Raum für naturnahe und offenporige Kiesflächen, welche an die ehemalige Glütschbach-Landschaft erinnern. Hier bietet sich den Schülern eine interessante und vielfältige Spiellandschaft mit Kies, Sand, Wasser und Spielgeräten an. Der eingefriedete Aussenraum der Basisstufe unter schattenspendenden Bäumen schafft durch verschiedene Nischen und Spielmöglichkeiten eine kindergerechte Erlebniswelt. Der westliche Übergang zur Landwirtschaftszone wird mit einer ökologisch wertvollen Buntbrache bestückt und erreicht so einen Bezug zum umgebenden Ackerland. Die Pausenglocke ertönt an einem heissen Sommertag und schon setzen sich die Schüler unter schattige Bäume, spielen am Brunnen auf dem neuen Pausenplatz oder erkunden die spannende Kieslandschaft. Eine Bachstelze hüpft vergnügt von Stein zu Stein und sucht nach Futter für die Jungtiere.


Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebau
Das Projekt übernimmt die konzeptionelle Logik des Bestands. Die klare Positionierung der Schule als bauliches Endelement im Norden des Dorfes und der Hof als Zugang zum Komplex werden beibehalten. Während der einstöckige Verbindungsteil nicht aufgestockt wird, werden die beiden eigenständigen Baukörper, in denen die Klassenzimmer untergebracht sind, im Grundriss vergrössert und um ein Stockwerk erweitert.

Freiraum
Die Proportionen und die Ausrichtungen des Freiraumes verändert sich zum Bestand nur gering. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass das Projekt stark auf dem Bestand der zwei Gebäude weiterarbeitet und diese nur geringfügig vergrössert. Damit kann der freiräumliche Bezug zum Dorf, den Sportfeldern und zum Bach hin erhalten bleiben. Die Kinder inklusive der Basisstufe erreichen das Schulhaus weiterhin über einen grosszügigen Pausenplatz. Die zwei Gebäudezugänge bringen die gewünschte Entflechtung. Für Freizeitnutzungen wird der nördliche Zugang aufgewertet. Ein Vordach erzeugt eine adäquate Willkommensgeste.

Das Projekt schafft es mit den Nutzungen im Erdgeschoss gute Bezüge zum Freiraum zu schaffen. So bekommt die Bibliothek – welche auch Dorfbibliothek ist – eine prominentere Lage am Pausenplatz. Der Singsaal mit seiner offenen Fassade schiebt sich unter das grosszügige Vordach und ist nun direkt vom Pausenhof zugänglich. Alle Basisstufen erhalten einen direkten Ausgang zum gemeinsamen Garten. Um dies zu erreichen, werden die Gruppenräume von den Klassenzimmern separiert. Das Projekt versucht das bestehende Freiraumkonzept mit einigen Optimierungen weiterzuentwickeln. Der Pausenhof wird etwas verkleinert und wieder von einer niedrigen Mauer gefasst. Um diesen Pausenplatz werden etwas differenzierte Grünflächen vorgesehen. Zum Bach hin sind das Kiesflächen mit Spontanvegetation, welche mit verschiedenen Spielgeräte möbliert sind. Im Süden sind es Rasenflächen und der Aussenbereich der Basisstufen. Letzterer ist gut proportioniert und weist mit seiner Ausrichtung ein hohes Potential auf. Der Pausenplatz wird einzig mit drei Bäumen ergänzt. Dieser zurückhaltende Umgang schafft nur eine geringe Aufwertung der heute als zu hart kritisierten Situation. Die Pausenräume weisen alle eine gute Ausrichtung auf. Die Grünräume sind durch die lockere Baumbepflanzung gut beschattet. Der Pausenplatz dagegen – vorgesehen als Ortsbetonfläche – dürfte in den warmen Monaten der Abwärme und dem fehlenden Schatten geschuldet, wenig attraktiv sein. Für die Kinder werden Spielmöglichkeiten in Bezug auf Bewegung -offener Pausenplatz, Spielgeräte und Sportfelder – geboten. Sitzmöglichkeiten sind auf den niedrigen Mauern vorhanden.

Das Projektteam zeigt nachhaltige Wege im Umgang mit Baumaterialien auf. So wird der Betonbelag aus Recyclingmaterial vorgeschlagen und Betonelemente weiterverwendet. Die vorgeschlagenen differenzierten Lebensräume von Trockenstandorte, über Wiesen und Ackerfloren ist als Beitrag zur Biodiversität zu sehen. Die Veloparkierung wird am bestehenden Standort neu aufgebaut. Zusätzlich schlägt das Team im Norden beim Nebeneingang ein Velodach vor.

Das Zusammenbinden der Gebäude mit dem grosszügigen neuen Vordach lässt den Pausenhof räumlich banaler wirken. Die klare Haltung mit dem Pausenhof und der umfassenden Mauer ist ein klarer Ansatz, der überzeugen kann. Die Klimatauglichkeit und damit die Aufenthaltsqualität des Pausenplatzes kann der Vorschlag leider nicht erheblich verbessern. Die östlichen Grünbereiche erscheinen ihrer Dimension und den fehlenden räumlichen Akzenten geschuldet als Resträume.

Räumliches Konzept und strukturelle Eingriffe / Organisation
Die Architektinnen schlagen vor, das Konzept mit zwei Eingängen beizubehalten und sie durch ein Vordach zu verbinden. Ein weiteres Vordach verbindet die Zugänge im Norden und bildet eine Adresse für ausserschulische Aktivitäten.

Der Südostflügel umfasst die Basisstufe und den Teil der Tagesschule, der verschiedene Räume belegt, die er sich mit der Basisstufe und dem mittig gelegenen Singsaal teilt. Im Nordwestflügel sind die Bibliothek, ein Teil der Schulsozialarbeit und die Bildende Kunst untergebracht.

Für die beiden erhöhten Gebäudekörper wird die vertikale Zirkulation beibehalten und ein Aufzug hinzugefügt. Die bestehende Aufteilung des Grundrisses wird unter Beibehaltung der typologischen Logik vergrössert. Die ungleichmässige, wenig flexible Anordnung der Gruppenräume ist dabei nicht optimal, darüber hinaus fehlt ein Gruppenraum. Die derzeitige Situation mit offenen Treppen, die es aus brandschutztechnischer Sicht nicht erlauben, die grossen Verkehrsflächen für andere Aktivitäten zu nutzen, bleibt unverändert. Die Dachneigung wird abgeschwächt, um unter dem Dach Stauraum zu schaffen, der leider nur über die Treppe erreichbar ist.

Architektonischer Ausdruck
Wie bei der Entscheidung, das Schulgebäude unter Wahrung der volumetrischen Idee und der Typologie zu erweitern, schlägt das Projekt vor, den erweiterten Komplex mit einer identischen Nachbildung des äusseren Erscheinungsbildes der bestehenden Fassade zu verkleiden. Die neuen hinterlüfteten Fassaden sind wiederum mit Eternit verkleidet, dessen Farbe nicht festgelegt ist. Die markanten vertikalen Elemente aus Beton, die bauphysikalische Schwierigkeiten bereiten, bleiben bestehen.

Konstruktion und Nachhaltigkeit / Tragwerk
Der Projektentwurf berücksichtigt insgesamt sehr gut die Tragstruktur im Bestand. Tiefergehende bauliche Massnahmen (Anpassungen an den Grundrissstrukturen, Nutzungsänderungen, usw.) am Bestand sind einzig im Bereich der Volumenerweiterungen beim Trakt A und B notwendig. Insbesondere verbleiben die bestehenden primären Tragachsen grossmehrheitlich unverändert.
Dadurch werden an der bestehenden Vertikalstruktur und den Geschossdecken ErtĂĽchtigungs- Massnahmen vermieden. Einzig fĂĽr die Volumenerweiterungen beim Trakt A und B muss der Bestand im Erdgeschoss vermutlich abgebrochen und ersetzt werden. Die Volumenerweiterungen und die Aufstockungen sind in Holzbauweise vorgesehen. Die vorgesehene Holzstruktur besteht aus einfachen und unterhaltsarmen Konstruktionsprinzipien. Die vorhandenen Deckenspannweiten und der grossmehrheitlich durchgehende, auf den Bestand abgestimmte vertikale Lastabtrag entsprechen den Vorgaben des nachhaltigen Bauens.

Haustechnik
Raumseitig ist zu wenig thermische Speichermasse vorhanden, wodurch der Technikaufwand erhöht wird. Die Zugänglichkeit der Lüftungsflügel ist suboptimal (relativ hoch für Primarschüler). Generell besteht ein zu geringer Informationsgehalt der Unterlagen und es sind keine integralen Planungsansätze erkennbar. Raumklimakonzepte sind in Folge fehlender Aussagen unklar. Die Platzierung des Lüftungsmonoblock auf dem tiefliegenden Flachdach über der Aula ist fragwürdig.

Etappierung
Die Etappierung ist mit den zwei Trakten nachvollziehbar.

Wirtschaftlichkeit
Kommt mit dem kleinste Neubauvolumen aller vier erstrangierten Projekt aus. Das Projekt besticht durch den weitgehenden Erhalt der bestehenden Baustruktur. Das Bestandesvolumen in den unteren Geschossen wird jedoch intensiver bearbeitet und umgebaut als das Siegerprojekt. Die beiden WC Anlagen bleiben bestehend. All diese Umstände tragen dazu bei, die Kosten tief zu halten. Dies ist dem vorliegenden Projekt sehr gut gelungen.

Fazit
Das Projekt zeichnet sich durch den Willen aus, massvoll in das bestehende Gebäude einzugreifen. Die generelle Sparsamkeit der Eingriffe ermöglicht die Beibehaltung des bestehenden Fussabdrucks. Dadurch könnten in Zukunft verschiedene Szenarien für den Standort in Betracht gezogen werden. Im Gegenzug ist die Verteilung der verschiedenen Programmteile nicht optimal. Die doppelte und manchmal dreifache Nutzung bestimmter Räume im Erdgeschoss ist betrieblich problematisch. Das statische Konzept und die Verwendung von Holz als Baumaterial gehen in die Richtung einer zeitgemässen und angemessenen Intervention. Leider ist die Verpflichtung zum Weiterbau zu generalistisch, so dass sich sowohl die aktuellen Qualitäten als auch die Mängel des Bestandesbaus im Vorschlag wiederfinden und die Gelegenheit, die Intervention für eine Neuausrichtung des Schulkomplexes zu nutzen, nicht ausreichend wahrgenommen wurde.
Grundriss Schulanlage Kandermatte

Grundriss Schulanlage Kandermatte

Modell Schulanlage Kandermatte

Modell Schulanlage Kandermatte

3. Rang 4 / 4