Der schwierigen Aufgabe, auf beengten räumlichen Verhältnissen ein Quartierschulhaus mit Werkhof in ein traditionelles Wohnquartier mit stark durchgrünten Freiräumen zu implementieren, begegnen die Verfassenden mit einem bemerkenswert eigenständigen Entwurf. Mit dem Entscheid, das bestehende Werkhofgebäude in ein Kindergartenhaus zu transformieren, ermöglicht das Projekt GULLIVER nicht nur den Erhalt eines lebendigen örtlichen Zeitzeugens, sondern bildet gleichzeitig auch ein willkommenes Scharnier zwischen Schulanlage und dem sensiblen Umfeld des angrenzenden Wohnquartiers. Die selbstverständlich angeordneten Aussenräume des Kindergartens im Nordosten und der Garten für die Schulkinder im westlichen Spickel des Areals erlauben ebenda einen korrelierenden, feinfühligen Übergang im Freiraum. Ein mächtiger, fünfgeschossiger Hochpunkt mit niedrigem Annexbau setzt das neue Schulhaus, das ein Gesicht zum grosszügigen befestigten Allwetter- und Pausenplatz und den Abschluss zur Siriuswiese bildet, raumwirksam in Szene. Ein grosszügiges Vordach markiert nicht nur den Hauptzugang zum Schulhaus, sondern stärkt auch die Quartierverbindung von der Hochstrasse zur Gladbachstrasse.
Obwohl sich das Neubauvolumen scheinbar sensibel zwischen die limitierenden Baumkronen zu schmiegen scheint, kann es nicht über einschneidende Zwänge hinwegtäuschen. Insbesondere die für die Tennisplatzdimensionen nötigen Flächenverhältnisse können nur über eine architektonisch nicht zweifelsfreie Auskragung generiert werden, die sich im geschützten Abstandsbereich der Baumkronen befindet.
Der Freiraum ist charakterisiert durch ein Vielfalt versprechendes «Patchwork» unterschiedlichster Orte: Bestand und Neu, Grün und Grau werden präzise zu einem neuen Ganzen verwoben. Sowohl der neue Pausenplatz zur Hochstrasse hin, die hohle Gasse von der Gladbachstrasse her, als auch der Garten für die Schulkinder versprechen interessante Freiräume für die Schule zu werden. Problematisch jedoch sind die Auswirkungen des Projekts auf die Siriuswiese. Die massive Prägnanz des Neubaus verändert den Charakter und die Atmosphäre dieses äusserst wichtigen Quartierfreiraums, zudem sind die Risiken für Verluste im Baumbestand gross.
Die Konzeption des Neubaus ist kongruent mit der volumetrischen Erscheinung entwickelt. So werden im Kopfbau die Klassenzimmercluster geschossweise gestapelt, der Zwischentrakt beinhaltet die Spezialnutzungen. Eine kleine Aufwölbung zur Siriusstrasse beherbergt im Wesentlichen die Sport- und Musiknutzungen und dient gleichzeitig als separate Erschliessung für die Tennisnutzung und den ausserschulischen Betrieb. Das abfallende Terrain wird hierbei für eine interessante Schnittfigur genutzt, die einerseits ein überhohes Erdgeschoss für die Verpflegung und den Mehrzweckraum etabliert und gleichzeitig ein Zwischengeschoss als Garderobentrakt entstehen lässt. Um die Sporthallen zu erreichen, müssen allerdings vier Geschosse überwunden werden. Das eingangs beschriebene enge Korsett, in das sich der Schulhausneubau aufgrund der Bestandesbäume zu zwängen hat, ist auch im Innern spürbar, sodass insbesondere im Zwischentrakt enge Korridorsituationen entstehen und auch die eigentlichen Cluster nur in den obersten beiden Geschossen einwandfrei funktionieren. In den unteren Geschossen sind die grundsätzlich attraktiven Vorzonen zu den Klassenzimmern immer auch Erschliessungszonen zu den Spezialnutzungen oder auch zu den grundsätzlich als gut nutzbare Pausenfläche dienenden Rasenspielfeldern der Tennisanlage, was deren Nutzbarkeit bei unterschiedlchem Pausenbetrieb einschränkt. Der Einbau der Kindergärten in die bestehenden Strukturen des ehemaligen Werkhofgebäudes ist grundsätzlich gut vorstellbar, die strukturellen Gegebenheiten des Bestandes müssten dabei allerdings besser berücksichtigt werden. Zudem ist die hohe Eingriffstiefe in Bezug auf die Bestandesgarantie kritisch, da das bestehende Gebäude die aktuell geltenden Grenzabstände unterschreitet.
Die laterale gemeinsame Erschliessung der Einstellhalle und des Werkhofs ist gut positioniert und erlaubt einen sinnfälligen Betrieb des letzteren. Der Wartebereich hingegen funktioniert nicht und müsste massiv vergrössert werden. Zudem ist die zweigeschossige Unterbauung des bestehenden Werkhofs aufwändig.
Wegen der grossen Eingriffstiefe im Baugrund und der geringen Kompaktheit befindet sich das Projekt bezüglich Wirtschaftlichkeit leicht über dem Durchschnitt.
Die städtebauliche Faszination des Projekts liegt in der doppelten Dualität der Komposition, von Siriuswiese und Allwetterplatz einerseits und Schulhausneubau und ehemaligem Werkhofgebäude andererseits. Der charmante Zeitzeuge in der Scharnierposition zwischen Schulanlage und geschütztem Wohnensemble kann den thematischen und athmosphärischen Spagat vom Neubau ins schützenswerte Ortsbild gut lösen. Der für den Neubau gewählte Quadrant ist allerdings infolge des zu erhaltenden Baumbestands stark limitierend und bringt für den Schulbetrieb gewisse Einschränkungen mit sich.