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nichtoffener zweistufiger Wettbewerb 1. Stufe als begrenzt-offener Ideenwettbewerb mit nachfolgender 2. Stufe als beschrÀnkter interdisziplinÀrer (integrierter) Realisierungswettbewerb | 02/2004

Grundinstandsetzung und Erweiterung des Hessischen Landesmuseums

2. Stufe

Caruso St John Architects

Architektur

ErlÀuterungstext

Ein Museums ‘Cluster’ fĂŒr das 21. Jahrhundert
Alfred Messels 1906 errichtetes Neues Museum in Darmstadt stellt eine ausgeklĂŒgelte Antwort auf die Problematik dar, mit der sich das Universalmuseum des frĂŒhen 20. Jahrhunderts konfrontiert sah. Dazu bestimmt, eine große Bandbreite an KulturgĂŒtern und Objekten aus Naturkunde sowie Naturwissenschaft zu beherbergen, bietet das GebĂ€ude eine Reihe verschiedenartig gestalteter InnenrĂ€ume, welche jeweils in eine ihnen entsprechende, ausgeprĂ€gte Architektur eingebettet sind. Hierin unterscheidet es sich von der eher szenographischen Herangehensweise vieler zeitgenössischer Museen. Jeder Bauteil des Messel Museums stellt eine tektonische Einheit dar, die Raum fĂŒr zahlreiche Ausstellungskonzepte und unterschiedliche Ausstellungsinhalte bietet, vergleichbar mit sich kontinuierlich anpassenden GebĂ€uden in einem gut funktionierenden Stadtquartier. Unser Anspruch in diesem Projekt ist es, das Feld der Möglichkeiten der bestehenden Sammlungen und der prĂ€chtigen SchauplĂ€tze der MuseumsinnenrĂ€ume noch zu erweitern. Wir fĂŒgen Messels kompaktem Stadtquartier, bestehend aus Barockkapelle, romanischem Kreuzgang, römischem Atrium und Renaissance Salon neue Raumtypen wie die Galerie der Glasmalerei, die „Kunsthalle“ und den Garten hinzu. Neu und Alt zusammen bilden ein Museums ‘Cluster’ fĂŒr das 21. Jahrhundert.

Stadt, Garten, PlÀtze und Höfe
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bildeten das Museum, das Opernhaus und das Schloss einen offenen Stadtraum, wo der mittelalterliche Kern, die gerasterte Stadterweiterung und der Herrengarten aufeinander trafen. Drei miteinander in Beziehung stehende PlĂ€tze, der Luisenplatz, der Mathildenplatz und der Paradeplatz, formten großzĂŒgige FreirĂ€ume im Zentrum der Stadt. Heute ist dieses sorgfĂ€ltig geplante stĂ€dtische Ensemble aufgrund einer Reihe oberirdisch wie unterirdisch durchgefĂŒhrter Maßnahmen zerstört, und das Museum steht jetzt in einem vom Verkehr dominierten Raum, der weder Garten noch Platz ist. Wir schlagen vor, die PrĂ€senz des sĂŒdlich an das Museum angrenzenden Herrengartens zu erweitern, so dass dieser einen klar definierten Rand entlang der Alexanderstrasse bildet. Auf diese Weise werden das Museum und das ehemalige Opernhaus zu im Park stehenden GebĂ€uden. Eine zweireihige Baumallee vor dem Museum schafft eine Begrenzung des Gartens zur Stadt hin und wertet die Umgebung entlang der Alexanderstrasse und den Eingangsbereich des Museums auf. Ein neuer Erweiterungsbau, der “crystal palace“, welcher das MesselgebĂ€ude funktional erweitert und den Herrengarten thematisch verstĂ€rkt wird als ein weiteres GebĂ€ude im Park eingefĂŒhrt. Die sich um den Neubau gruppierenden BĂ€ume spiegeln sich in der rĂ€umlich tiefen, verglasten Fassade wieder. Der offene Grundriss in seinem Inneren absorbiert die AtmosphĂ€re der ihn umgebenden Landschaft.

Ein Haus der GĂ€rten, ein atmendes Haus, Kunst und Natur
Das neue MuseumsgebĂ€ude erschließt sich auf Straßenniveau, welches auf halber Höhe des Sockelgeschosses liegt. Der Eingang parallel zum Haupteingang des Messelbaus fĂŒhrt in den zweigeschossigen öffentlichen Bereich des Neubaus, von dem aus eine breite Treppe und ein großzĂŒgiger Aufzug den Besucher hinauf in den Ausstellungsbereich leiten, oder hinunter zu den sich dort befindenden Wechselausstellungen, dem Auditorium, die Bibliothek und dem Studiensaal. Die Verbindung zwischen Alt- und Neubau wird in der Enfilade der Piano Nobile RĂ€ume geschaffen, welche sich im hinteren Teil des Messelbaus befindet. Ein weiterer Glasneubau, welcher ein Cafe beherbergt, befindet sich am Ende der Hauptachse des MesselgebĂ€udes und formt ein großzĂŒgiges Fenster vom Museum und in den Park hinaus. Eine breite Passage, auf der FußgĂ€nger und Fahrradfahrer Ihren Weg in den Park finden entsteht zwischen dem bestehenden und dem neuen MuseumsgebĂ€ude. Dieser ĂŒberdachte Bereich ist sowohl Teil des Gartens als auch Teil des Museums.
Die Anordnung der Piano Nobile Galerien im Obergeschoss des Neubaus Ă€hnelt dem Bild von Blumenbeeten in einem Garten. Die vorgefertigten stahlgerahmten Volumen der Galerien werden von den das Untergeschoss gliedernden BetonwĂ€nden getragen. Diese Galerien sind versetzt zu den BetonwĂ€nden ausgrichtet, so dass jede Galeriebox an mindestens drei Punkten aufgelagert und ausgesteift ist. Die WĂ€nde der Boxen sind zwischen den darunter liegenden WĂ€nden aufgespannt. Sie ĂŒbernehmen eine Überzugfunktion und tragen die Boden- und Deckenpaneele. Dies ermöglicht es, jede Galeriebox als statisch autonomes Element auszubilden, das jeweils von den darunter liegenden BetonwĂ€nden getragen wird.
Die RĂ€ume zwischen den Galerien sorgen fĂŒr Lichteinfall und erzeugen ein „Innehalten“ zwischen den verschiedenen Ausstellungsbereichen, sie sind eine verdichtete Version der Höfe, die Licht und Luft in die Tiefe des MesselgebĂ€udes bringen. Dieses offene Netzwerk stellt gleichzeitig einen Verteilerkanal fĂŒr die Abluft und eine Pufferzone zwischen Innen- und Außenraum dar und entzerrt damit die enormen Anforderungen an die Haustechnik des GebĂ€udes. Es dient außerdem als Lichtkanal, der Tageslicht in die Galerien lenkt, dessen unterschiedliche QualitĂ€t und IntensitĂ€t reichhaltige Umgebungen fĂŒr unterschiedliche Artefakte und Exponate schafft. Der Raum zwischen den Volumen lĂ€sst weiches Licht in die RĂ€ume im Sockelgeschoß einfallen. Es sorgt fĂŒr Orientierung und verleiht diesen RĂ€umen ihren ausgeprĂ€gten Charakter.
Die Außenhaut des GebĂ€udes besteht aus großen, dicken Gussglaspaneelen. Die lichtdurchlĂ€ssige OberflĂ€che reguliert die Auswirkungen direkter Sonneneinstrahlung. Die StĂ€rke des Glases und seine durch den Guß bedingte Textur verleihen dem Material eine physische PrĂ€senz, die seinen Eisengehalt hervorhebt, dieses Glas hat in gleichem Maße optische wie materielle Eigenschaften. Es lĂ€sst die Fassaden des GebĂ€udes die QualitĂ€ten des umgebenden Gartens absorbieren und reflektieren. Es schimmert mit der gleichen KomplexitĂ€t wie das Innere des Museums.
Entlang der HĂŒlle des neuen GebĂ€udes befinden sich intime RĂ€ume, die außerhalb der Galerien aber innerhalb der GebĂ€udehĂŒlle liegen. Diese RĂ€ume werden zu GĂ€rten in denen sorgfĂ€ltig ausgewĂ€hlte Pflanzen mit den Exponaten der angrenzenden Galerien in Wechselwirkung treten. Sie sind Orte der Ruhe im Museum und sind gleichzeitig Teil des umgebenden Herrengartens.