Award / Auszeichnung | 10/2013
Deutscher Verzinkerpreis 2013
©baum & baroš ARCHITEKTEN
Blick vom Nordufer
Fußgängerbrücke über die Adler
1. Preis
Architektur
Ingenieurgemeinschaft Führer Kosch Jürges GbR
Tragwerksplanung
Projektdaten
-
Gebäudetyp:
Verkehr
-
Projektgröße:
keine Angabe
-
Status:
Realisiert
-
Termine:
Fertigstellung: 07/2012
Projektbeschreibung
Wenn eine Stadt als Collage aus historischen Ereignissen gesehen werden will, so wird im Falle von Königgrätz - einer mittelgroßen böhmischen Stadt zwischen den Flüssen Elbe (Labe) und Adler (Orlice) - diese Metapher mehr als deutlich. Die mittelalterliche Bebauung, der Barock der Antireformation und die Fortifikationsarchitektur der josephinischen Epoche bilden eine unverwechselbare urbane Kulturlandschaft, in der nicht nur historische Ereignisse paneuropäischen Maßstabs sichtbar werden, sondern auch eine Architekturgeschichte, die in ihrer städtebaulichen und gestalterischen Qualität ihresgleichen sucht. Ihre Kontinuität, von den Bauten des Wagnerschülers Jan Kotěra und seines Zöglings Josef Gočár über die Werke der klassischen Moderne bis zu den Bauten der Gegenwart, setzt sich bis heute in nahezu unverminderter Qualität fort. Die Bezeichnung „Salon der Republik“, wie man in der Zwischenkriegszeit Königgrätz nannte, ist heute noch gültig und nahezu omnipräsent. Hier mit einem neuen Bauwerk einen zu intervenieren, verlangt in hohem Maße Sensibilität, Respekt und Disziplin. Dies alles umso mehr, wenn das Vorhaben, eine zwischen dem historischen Zentrum und dem Universitätscampus gespannte Fußgängerbrücke, in eine zentral gelegene und dadurch außerordentlich sensible Umgebung integriert werden soll.
Der Brückenbau ist ein multidisziplinäres Anliegen, das nach einer Systemlösung verlangt, in der, neben den im Vordergrund stehenden technischen, technologischen und funktionalen Fragen, auch Fragen der Produktion, der Montage, der Ökonomie, der Unterhaltung und nicht zuletzt auch die der Ästhetik und der auf eine lange Zeit angelegten gesellschaftlichen Akzeptanz eine große Rolle spielen. Nach sorgfältigem Abwägen all dieser Aspekte haben die Autoren eine leichte und elementierte Stahlkonstruktion gewählt, die folgenden Kriterien gerecht wird:
-
Minimierung der Kosten durch die Wahl eines einfachen statisch bestimmten Systems
-
Einschränken der „nassen“ Bauweise vor Ort auf das notwendige Minimum (Gründung)
-
Vorfertigung aller Konstruktionsteile und Wahl ihrer Abmessungen mit Rücksicht auf Korrosionsschutz durch Feuerverzinken
-
Minimierung der Unterhaltungskosten durch Verzicht auf Anstriche
-
Minimierung des Reparaturaufwands durch Schraubverbindungen und durch problemlosen Zugang zu allen Teilen der Konstruktion
-
Schnelle und problemlose Montage sowie Verzicht auf aufwändige Hebezeuge und Hilfskonstruktionen
-
Minimierung der Umweltbelastung durch maximale Entmaterialisierung der Konstruktion
Ein asymmetrisches Hängesystem, das in solchen Fällen die übliche Wahl darstellen würde, haben die Autoren verworfen, denn eine hierfür notwendige unvermeidliche Dominante der tragenden Mastkonstruktion hätte mitten im wertvollen Baumbestand Des Jirásek-Parks eine erhebliche Beeinträchtigung dargestellt. Gewählt wurde daher eine vom Polonceau-Träger abgeleitete unterspannte Konstruktion mit einem zweiteiligen gelenkig geteilten Obergurt und einem fünfseitigen Zugpolygon im Untergurt in Form einer flachen Parabel. Zwischen dem Obergurt und dem Zugpolygon des Untergurts wurden drei druckbeanspruchte Glieder angeordnet: rechts und links des mittleren Gelenkes eine V-Stütze und unter dem mittleren Gelenk eine Stütze in Form eines gleichseitigen Dreiecks. Dieser unterspannte Träger wiederholt sich dreimal hintereinander in einem Abstand von 2,25 m. Die Steifigkeit in der Horizontalebene wird von Distanzrohren und einer Kreuzverspannung gewährleistet. Zur Verdeutlichung des Leichtbaus und Verminderung des Unterhaltungsaufwands wählten die Autoren als Geh- und Fahroberfläche eine transparente und durchlässige Konstruktion aus engmaschigen Gitterrostelementen von 2,25 x 0,75 m. Aufgrund der günstigen dynamischen Eigenschaften konnte auf einen Schwingungstilger verzichtet werden.
Mit der Fertigstellung entstand eine leichte, transparente und lesbare Konstruktion, die nicht mit einem formalen Gestus auf sich aufmerksam machen will, sondern sich vielmehr mit der Sprache eines intelligenten und rationalen Konzeptes mitteilen möchte, dessen statische und mechanische Lesbarkeit auch für einen fachlich ungeschulten Betrachter nachvollziehbar bleibt. Die absolute Priorität hatte die möglichst gewaltlose Eingliederung in den Baumbestand des Jirásek-Parks und die friedliche Koexistenz mit den Resten der denkmalgeschützten Fortifikation. Somit entstand ein Objekt mit unproblematischer Funktionalität, einer homogenen und robusten Oberfläche sowie einem minimalen Unterhaltungsanspruch.
baum & baroš ARCHITEKTEN
30. August 2012
Der Brückenbau ist ein multidisziplinäres Anliegen, das nach einer Systemlösung verlangt, in der, neben den im Vordergrund stehenden technischen, technologischen und funktionalen Fragen, auch Fragen der Produktion, der Montage, der Ökonomie, der Unterhaltung und nicht zuletzt auch die der Ästhetik und der auf eine lange Zeit angelegten gesellschaftlichen Akzeptanz eine große Rolle spielen. Nach sorgfältigem Abwägen all dieser Aspekte haben die Autoren eine leichte und elementierte Stahlkonstruktion gewählt, die folgenden Kriterien gerecht wird:
-
Minimierung der Kosten durch die Wahl eines einfachen statisch bestimmten Systems
-
Einschränken der „nassen“ Bauweise vor Ort auf das notwendige Minimum (Gründung)
-
Vorfertigung aller Konstruktionsteile und Wahl ihrer Abmessungen mit Rücksicht auf Korrosionsschutz durch Feuerverzinken
-
Minimierung der Unterhaltungskosten durch Verzicht auf Anstriche
-
Minimierung des Reparaturaufwands durch Schraubverbindungen und durch problemlosen Zugang zu allen Teilen der Konstruktion
-
Schnelle und problemlose Montage sowie Verzicht auf aufwändige Hebezeuge und Hilfskonstruktionen
-
Minimierung der Umweltbelastung durch maximale Entmaterialisierung der Konstruktion
Ein asymmetrisches Hängesystem, das in solchen Fällen die übliche Wahl darstellen würde, haben die Autoren verworfen, denn eine hierfür notwendige unvermeidliche Dominante der tragenden Mastkonstruktion hätte mitten im wertvollen Baumbestand Des Jirásek-Parks eine erhebliche Beeinträchtigung dargestellt. Gewählt wurde daher eine vom Polonceau-Träger abgeleitete unterspannte Konstruktion mit einem zweiteiligen gelenkig geteilten Obergurt und einem fünfseitigen Zugpolygon im Untergurt in Form einer flachen Parabel. Zwischen dem Obergurt und dem Zugpolygon des Untergurts wurden drei druckbeanspruchte Glieder angeordnet: rechts und links des mittleren Gelenkes eine V-Stütze und unter dem mittleren Gelenk eine Stütze in Form eines gleichseitigen Dreiecks. Dieser unterspannte Träger wiederholt sich dreimal hintereinander in einem Abstand von 2,25 m. Die Steifigkeit in der Horizontalebene wird von Distanzrohren und einer Kreuzverspannung gewährleistet. Zur Verdeutlichung des Leichtbaus und Verminderung des Unterhaltungsaufwands wählten die Autoren als Geh- und Fahroberfläche eine transparente und durchlässige Konstruktion aus engmaschigen Gitterrostelementen von 2,25 x 0,75 m. Aufgrund der günstigen dynamischen Eigenschaften konnte auf einen Schwingungstilger verzichtet werden.
Mit der Fertigstellung entstand eine leichte, transparente und lesbare Konstruktion, die nicht mit einem formalen Gestus auf sich aufmerksam machen will, sondern sich vielmehr mit der Sprache eines intelligenten und rationalen Konzeptes mitteilen möchte, dessen statische und mechanische Lesbarkeit auch für einen fachlich ungeschulten Betrachter nachvollziehbar bleibt. Die absolute Priorität hatte die möglichst gewaltlose Eingliederung in den Baumbestand des Jirásek-Parks und die friedliche Koexistenz mit den Resten der denkmalgeschützten Fortifikation. Somit entstand ein Objekt mit unproblematischer Funktionalität, einer homogenen und robusten Oberfläche sowie einem minimalen Unterhaltungsanspruch.
baum & baroš ARCHITEKTEN
30. August 2012
©Petr Šmídek
Blick vom Südufer
©Petr Šmídek
Südufer mit Fragmenten der Fortifikation
©Vladimír Píša
Nachtaufnahme vom Südufer
©Petr Šmídek
Gitterrostgehweg und Geländer über dem mittleren Gelenk
©Petr Šmídek
Unterkonstruktion des Gitterrostgehwegs mit integrierter Beleuchtung
©baum & baroš ARCHITEKTEN
Blick vom Nordufer in die Konstruktion
©baum & baroš ARCHITEKTEN
Passanten auf dem Gitterrostgehweg
©baum & baroš ARCHITEKTEN
Nördlicher Brückenkopf mit dem böhmischen Brückenheilgen Johannes von Nepomuk