EUmies Awards 2015

VinziRast-mittendrin ist ein pilotprojekt zur inklusion obdachloser menschen.

2009 wurde das wiener audimax von studierenden besetzt. auch obdachlose menschen wurden eingelassen. es kam zu konflikten. dann begann man gemeinsam zu kochen, zu diskutieren, flyer für die nächste demo zu kopieren etc. … am ende der protestbewegung war einigen studierenden klar: gemeinsames miteinander tun ist für alle von vorteil

auf basis dieser erfahrung initiierten, entwickelten und realisierten sie gemeinsam mit dem verein vinzensgemeinschaft st.stephan und uns (gaupenraub +/-) das vorliegende projekt: ein haus zum gemeinsamen lernen, arbeiten und wohnen, mitten in der stadt und offen für alle. während prag 2010 kurz vor der umsetzung eines obdachlosen-ghettos neben einer müllverbrennungsanlage am stadtrand war, um die touristischen zentren „obdachlosenfrei“ zu bekommen, haben wir ein projekt konzipiert, das obdachlosigkeit dort begegnet, wo sie entsteht – nämlich mitten in der gesellschaft, mitten in der stadt.
dank maximal offensiver kommunikation mit der nachbarschaft, der örtlichen bezirkspolitik und potentiellen unterstützern wurde VinziRast-mittendrin ohne widerstände in nur 3 jahren realität.

lage:
das umgebaute biedermaierhaus befindet sich nah am stadtzentrum und ragt hier weit in den straßenraum hinein. als vorspringendes eckhaus an einer der haupteinfallsstraßen von wien ist seine stadträumliche präsenz ideal für den beabsichtigten gesellschaftspolitischen hinweis: obdachlosigkeit ist kein problem das versteckt werden muss!

haus:
die hälfte der 1500m²- gesamt-nutzfläche sind öffentlichen oder halböffentlichen funktionen gewidmet: ein lokal mit gastgarten im eg ist die vermittlerin zwischen dem gebäude und seiner umgebung – es gibt keinen konsumzwang; obdachlose menschen sind genauso gerne gesehen wie nachbarn und der „rest“ der stadt – eingänge, fenster, sitznischen etc. sind so oganisiert und gestaltet, dass ein maximal schwellenloses außen zu innen-verhältnis möglich ist. daneben gibt es werkstätten für das gemeinsame arbeiten und basteln, bei dem ebenfalls nachbarn oder andere stadtbewohner willkommen sind. es gibt im ug einen veranstaltungsraum, in den stockwerken darüber studier- und beratungsräume sowie ein neues dachatelier mit dachgarten, dessen nutzung vielfältig sein und von vielen genutzt werden kann.

die andere hälfte der nutzfläche stellt 30 einzelzimmer in 10 wgs auf 3 stockwerken zur miete zur verfügung, die zur hälfte von obdachlosen menschen und zur hälfte von studierenden belegt sind. die wgs sind gemischt und verfügen über eine teeküche, darüber hinaus gibt es pro stockwerk eine große gemeinschaftsküche mit gemeinschaftswohnzimmer und vorgelagertem außenraum auf einer hier verbreiterten laubengang- erschließung sowie am dach einen dachgarten.

finanzierung:
das ursprüngliche gebäude wurde von hans-peter haselsteiner erworben und dem verein geschenkt. alle sanierungs- und umbau- bzw. erweiterungsarbeiten wurden zum großteil über kredite finanziert und zum anderen teil über spenden und hier vor allem material- und arbeitsspenden aus der bauwirtschaft. auch viele ehrenamtliche sowie obdachlose menschen haben über mehr als ein jahr unter unserer anleitung mitgearbeitet. da das projekt eigene wege geht, konnten außer der regulären wohnbauförderung keine öffentlichen mittel in anspruch genommen werden.

die energieversorgung erfolgt über fernwärme, der dachgarten wird mit regenwasser versorgt. alle brauchbaren bauteile und materialien wurden während des umbaus erhalten (kastenfenster, füllungstüren …) oder an anderer stelle wiederverwendet (die alten dachbodenziegel bilden heute die fußböden der werkstätten, die alten dachsparren sind zur bartheke und 4 werkbänken umfunktioniert...) das lokal wurde mit ca. 10.000 brettchen von alten obst-und gemüse-kisten ausgekleidet, was obdachlosen menschen über viele monate beschäftigung gegeben hat. Bei allen neuen materialien wurden massive baustoffe bevorzugt – lärchenvollholz für die dachterrasse des dachgartens, eiche-parkett für die wohnräume, in denen die böden nicht erhalten werden konnten bzw. für das neue dachgeschoss – darüber hinaus mußten wir uns nach den vielen materialspenden richten.

alles, was wir aussuchen oder uns wünschen konnten, war einem starken und klaren konzept untergeordnet: die farben grau und beige, die materialien zink, holz und beton , die oberflächen rohbau-rau und/oder maximal glatt, nichts altes restauriert sondern nur saniert – das mußte maximal durchgehalten werden da klar war, dass die vielen materialspenden (z.b. alle möbel) die potentielle kraft haben würden, die architektur in richtung „caritas-lager“ zu lenken.

gerade aber die architektur sollte alle menschen – nicht nur die sozial engagierten – dazu einladen, gerne an diesem projekt teilzunehmen – an einem durchschnittlich gut belegten tag können das ca 150 personen sein.

VinziRast-mittendrin gibt damit nicht nur 30 personen ein zuhause, so lange diese dort leben wollen sondern sieht sich vor allem auch als botschafterin gegen monokulturen und für diversität innerhalb der stadt und der gesellschaft.