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Gutachterverfahren | 11/2004

Gutachterverfahren Quartiersmodernisierung „Herrenbach I“

Lageplan

Lageplan

1. Preis

büning + kerschbaum architekten

Architektur

Erläuterungstext

Freibereiche:
Die Wohnanlage Herrenbach I ist geprägt von städtebaulichen Leitbildern der
Nachkriegszeit: Weg von der als beengend empfundenen Architektur der weit-
gehend kriegszerstörten Innenstädte mit ihren finsteren Hinterhöfen hin zu
einem Städtebau im Sinne der Moderne, die es sich zur Aufgabe gemacht hat-
te, „gesunde Unterkünfte zu sichern, d. h. Orte, wo Raum, frische Luft und Son-
ne, diese drei wesentlichen Gegebenheiten der Natur, weitestgehend sicherge-
stellt sind.“ (Charta von Athen, 1933)
Etwas von diesen Qualitäten lässt sich auch hier wieder finden.
Mit wenigen Maßnahmen können sie gestärkt und ergänzt werden.
Der Innenhof wird geordnet und zoniert: Die Mitte nimmt eine große Rasenflä-
che unter den vorhandenen Bäumen ein. An sie angegliedert sind die Spielbe-
reiche für Kinder. Den Gebäuden ist zum Innenhof hin eine erhöhte Zone vor-
gelagert, in der sich die Terrassen der Erdgeschosswohnungen befinden.
Die dichte, niedrige Bepflanzung sorgt für die angemessene Distanz zwischen
dem halböffentlichen Hof und den umgebenden Häusern. Die umlaufende Sitz-
bank bringt zum Ausdruck, dass der Hof der lebendige Mittelpunkt für Jung
und Alt der Wohnanlage sein soll. Hier spielen Kinder, hier trifft man sich unter
der begrünten Pergola, die zahlreichen Sitzgelegenheiten laden zum Verweilen
oder zum kurzen Gespräch mit dem Nachbarn ein.
Der Platz zum Wäschetrocknen wird beibehalten, jedoch verkleinert. Die Müll-
container werden eingehaust und an die Randbereiche des Grundstücks verla-
gert.
Die Außenseiten zur Heine- und Eichendorffstraße bleiben begrünter, fließen-
der Raum mit hohen Bäumen. Lediglich die Wegeführung wird vereinfacht und
die Zugänge werden durch geräumige Vorbauten aufgewertet. Die neuen Ein-
gänge sind einladend und öffnen das Gebäude nach Außen. Sie beherbergen
die Briefkästen sowie eine Sitzbank und entlasten so die engen Eingangsbe-
reiche im Inneren.
Jedem Eingang sind Fahrrad-Stellplätze zugeordnet.

Balkone und Terrassen:
Durch vorgestellte Balkone bzw. vorgelagerte Terrassen im Erdgeschoss wer-
den die Wohnungen aufgewertet und ein Bezug zum Außenraum hergestellt.
Die Terrassen tragen zu einer Belebung des Innenhofs bei, da sie ein Betreten
desselben direkt von den Wohnungen aus ermöglichen, durch den Niveauun-
terschied und die Treppenführung aber die nötige Distanz wahren.
Auf einer Längsseite und zum Hof hin bietet eine brüstungshohe Mauer Schutz
vor Einblick und Zugluft, zur anderen Seite bildet ein Metall-Gitterrost die
Absturzsicherung – ein Material, das wir auch in den übrigen Fällen als
Brüstungselement einsetzen: bei den neuen Balkonen, den Laubengängen,
den vorhandenen Loggien und Balkonen.

Wohnungen:
Die Sanierung erfolgt in zwei Bauabschnitten. Im Bauabschnitt I, Heinestraße
20 und 20 a/b werden zwei Grundrissversionen vorgesehen. In den bewohnten
Wohnungen werden nur die Sanitär- und Heizungsinstallationen erneuert.
Gleichzeitig schlagen wir für die leerstehenden Wohnungen eine Verbesserung
der Grundrisse vor, die sich durch geringfügige Eingriffe in die Gebäudestruktur
realisieren lassen Beide Varianten sind kompatibel, da die vertikale Leitungs-
führung jeweils an denselben Stellen erfolgt. Dabei greifen wir weitgehend auf
vorhandene Deckendurchbrüche zurück, die durch den Abbruch der funktions-
los gewordenen Kamine zur Verfügung stehen. Es ist auch möglich, zu einem
späteren Zeitpunkt frei werdende Wohnungen im Grundriss zu verändern.
Im Bauabschnitt II werden die Wohnungen der Eichendorffstraße 2-8 komplett
umgebaut, da hier von einem völligen Leerstand ausgegangen werden kann.

Die kräftige Farbgebung der Gebäude in Rot, Orange und Weiß greift auf hi-
storische Vorbilder im Wohnungsbau zurück (Bruno Taut) und unterstreicht
durch die starken Über-Eck-Kontraste die Klarheit und Prägnanz der Kuben.
Sie soll eine Signalwirkung auf die Bewohner und das ganze Viertel ausüben
und die Identifikation der Mieter mit ihrem Zuhause unterstützen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Eine große Stärke der Arbeit liegt in der Behandlung des Wohnungsumfeldes. Der Innenhof bleibt sehr gut über die vorhandenen Kellerausgänge erschlossen. Den Erdgeschoßwohnungen wurden sehr gut nutzbare private Gärten (grünes Zimmer) zugeordnet. Diese sind um ca. 50 cm über das bestehende Gebäudeniveau angehoben. Von den quer stehenden Balkonen aus führt ein Treppchen sowohl auf den Mietergarten bzw. direkt in den Innenhof. Feinfühlig zeigt der Entwurfsverfasser Möglichkeiten zum differenzierten Umgang zwischen privaten, halböffentlichen und öffentlichen Freiraumflächen auf.

Fahrrad- und Müllstandorte sind richtig gewählt und gut dimensioniert. Die trichterförmigen, signalartigen Vorbauten der Hauszugänge werden grundsätzlich positiv bewertet.

Es ergeben sich jedoch nicht einsehbare und unübersichtliche Restflächen. Insgesamt werden die Hauszugänge in ihrer Farbgebung zu dunkel gewertet. Die Details für Briefkästen, Sitz- und Ablageflächen sind feinfühlig und mietergerecht. Der südliche Hofabschluss mit einer attraktiven und gut möblierbaren Laube ist sehr gut vorstellbar.

Das vom Hofniveau angehobene, umlaufende Band der Pflanzflächen fasst die Wohnanlage sehr gut zusammen, was das einheitliche Erscheinungsbild unterstützt.

Die Balkone belegen ein interessantes Nutzungsspektrum und zeigen sehr gute Aneignungsmöglichkeiten durch die Mieter auf. Fraglich bleibt, ob die als Brüstungen vorgeschlagenen Gitterroste die Anforderungen erfüllen.

Das vorgeschlagene Farbkonzept ist grundsätzlich nachvollziehbar, stößt aber bei der Behandlung der Außenfassade an seine Grenzen. Das Farbkonzept ist nicht ausreichend differenziert.

Nicht alle der vorgeschlagenen Grundrissvarianten sind funktionstüchtig. Bei Teilen des Preisgerichtes stieß z. B. der Vorschlag des freistehenden Küchenblocks auf Kritik. Die 4-Zimmerwohnung kann nur mit gefangenen Räumen realisiert werden. Das Wohnzimmer wird zum Durchgangsraum abgewertet.

Dahingegen können die durchgesteckten mit einer Diele aufgewerteten Grundrisse sehr wohl überzeugen.

Das vorgeschlagene Energiekonzept ist konventionell, lange Installationswege werden in Kauf genommen.

Insgesamt ein brauchbares Modernisierungskonzept, das mit der Aufwertung des Wohnumfeldes zu überzeugen vermag. Die Kostenansätze können nicht nachvollzogen werden.
Perspektive Terrassen und Sitzstufe

Perspektive Terrassen und Sitzstufe

Perspektive Hof

Perspektive Hof

Perspektive Eingang

Perspektive Eingang

Eingang (Detail)

Eingang (Detail)

Ansicht Eichendorfstrsse Ost und West

Ansicht Eichendorfstrsse Ost und West