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Award / Auszeichnung | 10/2017

BDA Düsseldorf Auszeichnung guter Bauten 2017

Sammlung Philara

DE-40233 Düsseldorf, Birkenstraße 47a

Auszeichnung

Sieber Architekten

Architektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Museen, Ausstellungsbauten

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2012
    Fertigstellung: 01/2017

Projektbeschreibung

Glaserei wird Museum für zeitgenössische Kunst

Wo bis vor kurzem ein glasverarbeitender Betrieb mit über 50 jähriger Tradition seinem Gewerbe nachging, ist nach Plänen von Sieber Architekten, Düsseldorf das Museum Philara des Immobilienentwicklers und Kunstsammlers Gil Bronner entstanden. In einem Ensemble von Hallen, nach dem Krieg in Stahlbeton-Skelettbauweise erbaut und mit einer Grundfläche von annähernd 2.000 Quadratmetern zwischenzeitlich für eine Glaserei mit vorwiegend lokalem Bezug viel zu groß geworden, fanden Bauherr und Architekt ideale Rahmenbedingungen zur Umsetzung ihrer Pläne. Das Baugrundstück befindet sich im Innenhof einer Blockrandbebauung im Stadtteil Flingern. Hier, wo die Verlagerung der Nutzung hin zu kulturellen Aktivitäten überall deutlich spürbar ist, entspricht der Eingriff in die örtliche Struktur des Baugrundstücks der Wandlung des gesamten Stadteiles.

Egal, ob es sich um einen Neubau, eine Erweiterung oder die Umnutzung vorhandener baulicher Anlagen handelt, ist ein Museum im Idealfall immer eine Folge von einfachen Räumen. Jeder Versuch, etwas anderes zu machen ist absurd. Man kann ein Museum nicht neu erfinden und man muss es auch nicht. Aufgabe und Form waren bereits im 19. Jahrhundert durchdekliniert und mehr oder weniger exakt festgeschrieben und letztlich wird jedes Museumsrojekt auf die Frage zurückgeworfen, ob es gelungen ist, der Kunst ein Passpartout, eine Folie, einen Rahmen zu geben. So auch hier: es ist eine Folge von verschieden großen Sälen und Kabinetten, gut und differenziert belichtet und übersichtlich. Typologisch handelt es sich bei der vorgefundenen Situation um eine dreischiffige Anlage mit seitlichem Annex. Als Architektur jedoch ist das Museum Wand, Raum und Licht. Die Wand begrenzt die Räume. Die Flucht der Räume schafft den Wechsel von Großzügigkeit und Intimität, von Geschlossenheit und freier Form, von hell und dunkel, von Enge und Weite, von Innen und Außen.

Im Zusammenspiel mit der bestehenden Architektur wird das Verhältnis zwischen Blockrandbebauung und öffentlicher Nutzung ebenso behandelt wie die Frage nach dem Verhältnis zwischen vorhandener Substanz und neu Hinzugefügtem. Es ist die Frage nach dem Umgang mit dem was uns hinterlassen wurde, und auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel und dem Verhältnis der Dinge zueinander. Hier wurde ein Konzept des Weitererzählens, des selbstverständlichen, subtil an der bestehenden Umgebung, ihrer Atmosphäre und Tradition orientierten Umgangs mit dem was wir finden umgesetzt. Auch in den Baumaterialien bleiben die Architekten mit ihrer Wahl den Setzungen des industriell geprägten Bestandes treu. Lichtbänder aus Polycarbonat, Fassadenelemente aus Stahl- und Gitterrostelementen, Fußböden aus Stahlbeton.
Mit minimalen Eingriffen wird die bauliche Struktur der Glaserei umgewandelt und ihrer zukünftigen Bestimmung zugeführt: Die Differenziertheit der Anlage wird durch den Einbau von Kabinetten in das westliche sowie Servicefunktionen wie Café und Verwaltung in das östliche Seitenschiff betont. Das höhere Mittelschiff bleibt weitgehend frei von Einbauten. Nur an seinem nördlichen Ende entsteht durch den Einbau einer Zwischenebene eine geschlossene Nische. Hier ist der Ort für Vorträge, Konzerte, Filmvorführungen, kurz alle Formen von Veranstaltungen, die für ein Museum als Ort der Kommunikation unerlässlich sind. An der Nahtstelle zwischen Hauptbaukörper und Anbau schafft eine neue Treppenanlage den Zugang zum Dach des Museums, das auf diese Weise zu einem öffentlichen Ort wird und Besuchern als Skulpturengarten offen steht. Mit seinem Namen „Glas Lennartz“ erinnert das Museumscafé an die Geschichte des Hauses. Es befindet sich in der ehemaligen Schleiferei mit direktem Zugang zu einer hinter dem Gebäude liegenden, inzwischen mit Brombeerranken überwucherten Gleisanlage. Wo früher Güterzüge die Rohstoffe angeliefert haben, finden die Gäste und Besucher des Museums jetzt eine sonnige geschützte Terrasse, ein hippes Großstadtbiotop in Industrieromantik. Entstanden ist ein Haus, bei dem die Grenze zwischen notwendiger Veränderung und möglichem Erhalt ausgelotet wird, das seine Geschichte bewahrt und zugleich offen bleibt für zukünftige Entwicklungen.

www.sieberarchitekten.de
www.philara.de

Beurteilung durch das Preisgericht

Kunst hat das Potential, positiven Einfluss auf die Entwicklung von Stadt auszuüben, wenn sie denn öffentlich zugänglich gemacht wird. Das wiederum bedarf nicht nur eines erheblichen finanziellen und zeitlichen Engagements, sondern benötigt vor allem auch gute Ideen, Bereitschaft zum Risiko und einen langen Atem. Denn es geht oftmals um nichts weniger als darum, einen guten Ort neu zu erfinden. Einem Düsseldorfer Kunstsammler ist es auf hervorragende Weise gelungen, einen solchen Ort zu schaffen und seine faszinierende Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Auf dem Werksgelände einer ehemaligen Glaserei im Stadtteil Flingern, zugänglich über eine Toreinfahrt und angrenzend an Bahngleise ist eine überraschende Welt von hoher architektonischer Qualität und angenehm legerem industriellem Charme entstanden, in welcher die Kunst im Dialog mit interessanten Raumkonstellationen hervorragend zur Geltung kommt. Eine Folge von großen Hallenbereichen und kleineren Räumen und Kabinetten, über mehrere Ebenen verteilt, lädt den Besucher zu einer anregenden Entdeckungsreise ein. Über eine turmartige Stahltreppe gelangt man schließlich bis auf eine schöne Dachterrasse, von wo aus man im Freien aufgestellte Skulpturen sowie auch den Ausblick auf die industriell geprägte Umgebung genießen kann. In architektonischer Hinsicht ist alles angenehm authentisch, ohne übertriebenen Aufwand gut gemacht und gleichzeitig räumlich spannend. Der Stadtteil wird durch dieses Highlight in seiner Entwicklung gefördert, obwohl oder auch gerade weil dieses tolle kleine Museum sich im Stadtbild nicht in den Vordergrund drängt, sondern entdeckt werden will.