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Award / Auszeichnung | 07/2021

Bayerischer Landschaftsarchitektur-Preis 2020

Maßnahmenplan

Maßnahmenplan

Herstellung privates Ökokonto durch Renaturierung eines abgetorften Hochmoors im Ascholdinger Filz

DE-83623 Dietramszell, Am Torfwerk

Gewinner in der Kategorie Landschaftsplanung / Landschaftsentwicklung

Logo verde Ralph Kulak Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Landschaft und Freiraum

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 05/2017
    Fertigstellung: 06/2019

Projektbeschreibung

Seit Ende der letzten Eiszeit vor rund 10.000 Jahren entstanden im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen großflächige Moore.
Diese Torflagerstätten stellen bedeutsame Kohlenstoff- und Wasserspeicher dar, welche klimaschädliche Gase binden, zur Grundwasserneubildung beitragen und Hochwasserereignissen vorbeugen. So bedecken Moore zwar insgesamt nur 3% der Landesoberfläche, speichern jedoch etwa 30% des Bodenkohlenstoffs.
Naturnah erhaltene Moore stellen zudem einen Lebensraum für viele seltene Tier- und Pflanzenarten dar.
Durch die insbesondere im vergangenen Jahrhundert für den Torfabbau angelegten Entwässerungsgräben können die Moore ihre wichtigen ökologischen Funktionen jedoch größtenteils nicht mehr erfüllen.
In natürlichem Zustand sind Moore weitgehend klimaneutral. Werden sie jedoch entwässert, gelangt Sauerstoff an den zuvor wasserdurchtränkten Torf, der sich daraufhin zersetzt. Dabei werden nach und nach große Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO2) und Lachgas (N20) freigesetzt.
Die „Ascholdinger und Eglinger Filze“ wurden durch das ehemalige Torfwerk, welches bis ca. 1977 etwa 20 Torfstecher beschäftigte, bisher aktiv entwässert und in Teilflächen abgetorft. Trotz dieser vormaligen Abbautätigkeit besitzen die Moorflächen noch eine große Torfmächtigkeit.
Seit der Aufgabe des Torfwerkes war das Gelände der Natur überlassen. In der Folge entwickelten sich auf den abgetorften Flächen Laubwaldbestände, in den übrigen Flächen wuchsen dichte Fichten- und Kiefernbestände heran. Die für den Naturhaushalt so wichtigen Funktionen der Moorflächen drohten verloren zu gehen, da das Wachstum der Torfmoose durch den Baumbestand unterdrückt wurde.
Das bisher stark entwässerte Ascholdinger Filz stellt gemeinsam mit dem nördlich angrenzenden Eglinger Filz einen großen zusammenhängenden Moorkörper dar. Herr Georg Reischl aus Ebersberg, Eigentümer eines Großteils des Ascholdinger Filzes, hat die Initiative für die Renaturierung dieser Flächen ergriffen.
In enger Zusammenarbeit mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamts, dem Wasserwirtschaftsamt und dem Amt für Ernährung Landwirtschaft und Forsten, konnte das Landschaftsarchitekturbüro Logo verde aus Landshut hierzu ein umfangreiches Genehmigungs- und Umsetzungsverfahren erfolgreich abschließen.
Unter Beibehaltung von ca. 40% des schützenswerten Moorwaldes wurde eine Wiedervernässung der Moorflächen vorgesehen. Hierfür wurden Entwässerungsgräben verfüllt, bestehende Vorfluter umverlegt und niedrigere Torfdämme zur Niederschlagswasserrückhaltung errichtet.
Trotz der aus naturschutzrechtlichen Gründen eingeschränkten Bauzeit im Winter 2018/19 konnte die beauftragte Fa. Maxl aus Höhenrain unter der Bauleitung von Landschaftsarchitekt Johannes Kühne aus Egling die komplexen Arbeiten erfolgreich beenden.
Mit Umsetzung der Renaturierungsmaßnahmen wurden die Voraussetzungen geschaffen, um die natürlichen Kreisläufe zu reaktivieren. Auf ca. 16 ha entsteht nun durch das langsame aber kontinuierliche Wachstum der Torfmoose wieder ein effizienter Kohlenstoff- und Wasserspeicher.
Die oberirdisch sichtbaren Wasserflächen sind noch recht unscheinbar, aber der immer noch mächtige Torfkörper speichert bereits jetzt die Niederschläge des Winterhalbjahrs. Die Sommerregen werden den Wasserspeicher des Moors weiter auffüllen und damit die Voraussetzung für das Wachsen der Torfmoose schaffen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein eiszeitliches Moor, 10.000 Jahre alt - seit etwa 100 Jahren Teil unserer Kulturgeschichte, Heizstoff, Blumenerde, Arbeit für 20 Torfstecher bis 1977.
Die CO2-Problematik und ihre Folgen waren unseren Vorfahren nicht bewusst. Erst seit etwa den 1980er Jahren wissen wir, dass auch ein stillgelegter Torfabbau und ein trockengelegtes Moor große Mengen an CO2 und Lachgas freigeben.

Im Ascholdinger Filz wurden nun frühere Kulturarbeiten in Form von Entwässerungsgräben und Vorflutern zurückgebaut.
Ganz aktuell stehen wir am Anfang der gerade begonnenen „UN-Dekade“ der „Ecosystem Restoration“ – Wiederherstellung von Ökosystemen. Das Projekt „Ascholdinger Filz“ ist hier ein Vorbote.

Wie kann dies im Sinne der Nachhaltigkeit auch ökonomisch sein? Im „Ascholdinger Filz“ zeigt sich, wie wichtig die konkrete Zusammenarbeit von Flächeneigentümer (der Torfwerk-Erbe), Behörden und Landschaftsarchitekt*innen ist. Der Flächeneigentümer hat, unterstützt vom behördlichen Naturschutz, hier die Renaturierungsinitiative ergriffen und offensichtlich zugleich seinen Frieden mit dem Naturschutz gefunden. Die technische Planung und Ausführung haben das Landschaftsarchitekturbüro Logo verde und das ausführende Unternehmen Maxl übernommen. Ein privates „Ökokonto“ ermöglicht vermutlich die langfristige Finanzierung; und das Landschaftsarchitekturbüro fungiert als Moderator und Projektentwickler.

Wie viele „Öko-Punkte“ stellt uns heute das Ascholdinger Filz zur Verfügung? Wie viel Treibhausgase können dort gespeichert werden? Beide Quantitäten erscheinen wie eine Zukunftswährung. Das Ascholdinger Filz steht auch dafür, dass wir unser Verhältnis zur Natur überdenken müssen. Auf 16 Hektar wachsen nun wieder, langsam aber kontinuierlich, neue Torfmoose – auch für uns.
Ascholdinger Filz

Ascholdinger Filz

Ökokonto Ascholdinger Filz, Teilverfüllung ehemaliger Vorfluterbach

Ökokonto Ascholdinger Filz, Teilverfüllung ehemaliger Vorfluterbach

Ökokonto Ascholdinger Filz, zu erhaltende Heideflächen auf Torfrücken

Ökokonto Ascholdinger Filz, zu erhaltende Heideflächen auf Torfrücken