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Award / Auszeichnung | 06/2021

Brandenburgischer Baukulturpreis 2021

Gewölbebusung

Gewölbebusung

Hauptpfarrkirche St. Marien Prenzlau

DE-17291 Prenzlau, Marienkirchstr. 4

Nominierung

Krekeler Architekten Generalplaner GmbH

Architektur, Tragwerksplanung

Evangelische Kirchengemeinde Prenzlau

Bauherren

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Denkmäler, Gedenkstätten, Sakralbauten

  • Projektgröße:

    2.250m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2017
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

In einer Rekordzeit von nur 20 Monaten wurden die neuen Gewölbe der Marienkirche in Prenzlau fertiggestellt. Etwa 120.000 Backsteine wölben sich nun
zum neuen Kirchendach, das insgesamt etwa 2000 Quadratmetern groß ist.

Gestalterisches Konzept
In ihrer Form und im Material Ziegel nehmen die neuen Gewölbe das historische Vorbild auf. Die farbliche Fassung der Kappen in einer weißlichen Kalktünche tritt in bewussten Kontrast zu den rohen steinsichtigen Wänden – die Gewölbe sind so eindeutig als neues Element erkennbar. Die ziegelsichtigen Rippen schaffen eine Verbindung der Elemente. Im Vorfeld der Baumaßnahmen hatten restauratorische Untersuchungen keine eindeutig belegbaren Befunde geliefert, so dass auf eine historisierende Gestaltung verzichtet wurde.

Wiederbelebung traditioneller Handwerkstechniken
Erster Schritt war es, die Gewölbegeometrie der Prenzlauer Kirche genau zu rekonstruieren. So wurden vergleichbare Gewölbe zeitgleicher Kirchen aufgemessen und deren Maße und Proportionen auf die räumlichen Verhältnisse der Marienkirche übertragen. Der Verlauf der Rippenbögen konnte durch Rückentzerrung historischer Messbilder im Wesentlichen rekonstruiert werden. Jedes Joch ist
minimal anders. Neben dieser präzisen Planung im Kontext des Bestandes waren traditionelle handwerkliche Techniken gefragt. Die Gewölbe wurden Stein für Stein über hölzerne Lehrgerüste aufgemauert, die einer Art dreidimensionaler Schablone gleichkommen. Erst durch einen Schlussstein in der Mitte der sich kreuzenden Rippen, der von dem regionalen Künstler Jörg Steinert neu gestaltet wurde, werden sie in sich stabil. Die Gewölbekappen werden frei ausgemauert. Um die Bauarbeiten in 16 bis 23 Metern Höhe durchzuführen, wurde das Kirchenschiff innen komplett eingerüstet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die bauschmuckreiche St. Marienkirche in Prenzlau ist ein denkmalgeschütztes Wahrzeichen der Stadt sowie ein bedeutsames Backsteingotikgebäude im gesamten norddeutschen Raum. Die markante Ostfassade dominiert die Innenstadt, welche kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges schwere Verluste an historischer Bausubstanz erlitten hat, darunter auch Dach und Gewölbe der stadtbildprägenden Kirche. Nach ersten Sicherungsmaßnahmen Ende der 40er Jahre hat es bis zum Jahr 1970 gedauert, bis der Wiederaufbau starten konnte, welcher sich bis in die heutige Zeit erstreckt hat.

Die zum Baukulturpreis eingereichte Rekonstruktion des Kirchengewölbes in traditioneller Handwerkstechnik stellt insofern einen Höhepunkt in der örtlichen Geschichte dar, die vor über 70 Jahren begann. Die Einwölbung eines Kirchenlangschiffes nach dem baukonstruktiven Vorbild der Hochgotik stellt dabei eine besondere Leistung dar, denn die unzähligen, statischen Zwischenzustände beim Einwölben sind selbst mit modernster Technik kaum darzustellen. Mehrere hundert Tonnen Steine wurden in akribischer Handarbeit in Form von 21 Gewölbekappen zu einem einzigartigen Gesamtkunstwerk verarbeitet. Das Ergebnis ist ein Zeugnis der Handwerkskunst auf einem bemerkenswert hohen Niveau.

Ein aus dem Ruhestand gerufener Maurer konnte dieses beeindruckende Wissen an die nächste Generation weitergeben. Dieser Wiederaufbau in Rekordzeit, der Mut und das Vertrauen der Beteiligten in das Handwerk, das hohe Niveau der Ausführung, die Weitergabe historischer Handwerkstechniken und nicht zuletzt die Wiederherstellung dieses außergewöhnlichen Raumgefüges verdient nach Ansicht der Jury eine Nominierung im Rahmen des Baukulturpreises.
Blick von oben auf die Gewölbebusung

Blick von oben auf die Gewölbebusung

Schlussstein 1. Joch im Januar 2019

Schlussstein 1. Joch im Januar 2019

Blick von unten auf das neue Gewölbe

Blick von unten auf das neue Gewölbe

Kontrast des neuen Gewölbes mit steinsichtigen Wänden

Kontrast des neuen Gewölbes mit steinsichtigen Wänden

Seitenschiff Arbeitsebene, Maurer beim Ausmauern der Kappen

Seitenschiff Arbeitsebene, Maurer beim Ausmauern der Kappen

Außenansicht St. Marien Prenzlau

Außenansicht St. Marien Prenzlau