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Award / Auszeichnung | 04/2022

BDA-Architekturpreis Nike 2022

San Riemo, München

San Riemo, München

Wohnhaus „San Riemo“

DE-81829 München, Elisabeth Mann Borgese Strasse 24

Gewinner Kategorie "Soziales Engagement"

SUMMACUMFEMMER ARCHITEKTEN

Architektur

BÜRO JULIANE GREB

Architektur

SRW Plan. Architekten GmbH

Architektur

Lieb Obermüller Partner

Tragwerksplanung

EnergieAgentur Berghamer und Penzkofer GmbH & Co. KG

TGA-Fachplanung

Müller-BBM Building Solutions GmbH

Bauphysik

HSB INGENIEURE für Brandschutz GmbH

Brandschutzplanung

BL9 Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

KOOPERATIVE GROSSSTADT eG i.G.

Vereine / Verbände / Kammern

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2017
    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

Das Wohnhaus „San Riemo“ ist das erste realisierte Projekt der 2015 gegründeten KOOPERATIVE GROSSSTADT eG. Die mittlerweile fast 600 Mitglieder zählende Wohnbaugenossenschaft ist an der Erforschung der Vielfalt des Wohnens genauso interessiert wie an der prototypischen Realisierung neuer, teilweise auch experimenteller Wohnformen.
San Riemo wurde als robuste Infrastruktur für verschiedenste Lebensstile entworfen und beherbergt rund 100 Bewohner*innen. Die sich auf allen Oberschossen wiederholende kompakte Grundstruktur ermöglicht unterschiedlichste Wohnformen und Raumzuordnungen - von kleinen Apartments mit geteilten Wohnzimmern über zusammenschaltbare Familienwohnungen bis hin zu Groß-WGs.
Fester Kern jeder Wohnung bildet die Küche, die gleichzeitig auch Eingang und Flur ist. Die an der Fassade liegenden nutzungsneutralen Zimmer schließen direkt an dieses Zentrum an und können sowohl zusammengeschaltet als auch anderen Wohnungen zugeordnet werden. So können Wohneinheiten nicht nur wachsen und schrumpfen, sondern auch Zimmer mit den Nachbarn gemeinschaftlich genutzt werden. Leichtbautrennwände und Türen, die die Betonstruktur füllen, wurden von den Bewohner*innen selbst in einem partizipativen Verfahren positioniert.
Im Erdgeschoss erstreckt sich ein großer offener Gemeinschaftsbereich vom Haupteingang in die Tiefe des Gebäudes. Auf dem Weg zu den Treppen und Liftkernen trifft man dort die Nachbarn beim Waschen oder gemeinsamen Plätzchenbacken. Mit der daran angrenzenden Gewerbeeinheit, die derzeit Raum für eine Stiftung zur Förderung benachteiligter Jugendlicher bietet, richtet sich das Haus offen ans Quartier.
San Riemo ist der Versuch, die Nachhaltigkeit eines Geschosswohnungsbaus schon in seiner Grundrissstruktur zu verankern. Räumliche Veränderungen sind kurz-, mittel- und langfristig möglich: beginnend mit dem Öffnen oder Schließen von Türen zwischen Schalträumen über das Einfügen von neuen Türöffnungen bis hin zum Hinzufügen und Entfernen von nichttragenden Trockenbauwänden unter den vorverkabelten Unterzügen. Nachhaltigkeit in diesem Sinne spannt einen breiten Möglichkeitsraum auf für zukünftige - derzeit noch unbekannte - Bedürfnisse und (Wohn-)Wünsche.
Darüberhinaus wurde die gesamte Fassade des sehr kompakten Volumens in nichttragender Holzrahmenbauweise ausgeführt. Photovoltaikelemente wurden sowohl rund um die gemeinschaftliche Dachterrasse herum als auch markant in Form von schwarzen Fassadenelementen an der Eingangsfassade verbaut.

Beurteilung durch das Preisgericht

An der Namensgebung von Projekten erkennt man doch ganz gut die Geisteshaltung der Bauherrinnen und Bauherren. Im Fall von «San Riemo» ist diese herrliche Vieldeutigkeit auch Programm: Im Namen versteckt ist ein kritisches Augenzwinkern in Richtung gängiger Investorenbauten, ein wenig Sehnsucht nach Dolce Vita und ein High five an den Stadtteil München Riem. Nun, nicht nur der Name, auch der Bau selbst strahlt eine heitere Gelassenheit aus: die großen Fenster im Erdgeschoss, die gewellten Bleche der Fassade, die türkisfarbenen Elemente, das große dreieckige Fenster, das den Eingang markiert. All das tanzt aus der Reihe. Denn San Riemo macht sehr vieles sehr anders und besser als das Gros seiner Nachbargebäude.


Bemerkenswert ist der Prozess, mit dem die Bauherrin, die Genossenschaft «Kooperative Großstadt», die Realisierung ihres ersten Projekts anging: Statt intern eine Architektin oder einen Architekten zu beauftragen, lobten sie für ihr ehrgeiziges Vorhaben einen Wettbewerb aus. Die Jurysitzung war öffentlich. Diese Transparenz erlaubte es, dass alle der Genossenschaft mitverfolgen konnten, warum und wie Entscheidungen bei solch einem Vorgehen getroffen werden. Die Ziele des Bauvorhabens waren hoch: Es sollte ein beispielhafter, nachhaltiger, flexibel nutzbarer Wohnungsbau entstehen, der über qualitativ hochwertige Gemeinschaftsflächen verfügt und bezahlbaren Wohnraum bietet.


Die konkrete Gestaltfindung und Ausführung sind ein vorbildliches Abwägen, ein Ausloten des gegebenen Regelwerks, um die selbst gesteckten Ziele zu erfüllen. So entschied man sich beispielsweise, nicht den geförderten KfW55-Standard zu erfüllen. Denn um diesen letztlich zu erreichen, hätte man mehr Ressourcen verbrauchen und vor allem mehr Technik verbauen müssen. Dies würde aber, langfristig betrachtet, den kompletten CO2-Abdruck letztlich vergrößern und die Wartung kostenintensiver gestalten.


Die selbstbewusste Architektur bietet dem komplexen und vielschichtigen Programm die notwendige Robustheit, erlaubt Aneignung und Veränderungen und fördert den Austausch zwischen den Nutzerinnen und Nutzern. Auch durch die experimentellen Grundrisse der Wohnungen, die sich über das simple Zuschalten von Räumen verkleinern beziehungsweise vergrößern lassen, leistet das Projekt Pionierarbeit. «San Riemo» zeigt dem Markt neue Möglichkeiten, Wohnungen über die üblichen Drei-Zimmer-Küche-Bad hinaus zu denken. Das gelingt dem Projekt auch im städtischen Maßstab: Gleich nebenan befindet sich der lang gestreckte Baukörper des genossenschaftlichen Projekts Rio Riem. Die Bewohnerschaft der beiden Genossenschaften nutzt hausübergreifend Gemeinschaftsräume, Gärten, Gästezimmer und Fahrzeuge und schafft in dieser Kooperative eine lebendige, inklusive Nachbarschaft. Mit der Auszeichnung möchte die Jury einstimmig den Vorbildcharakter von «San Riemo» würdigen: Es braucht mehr solche mutigen Projekte – im städtischen wie auch im ländlichen Raum.




San Riemo, München

San Riemo, München

Lageplan

Lageplan

Grundrisskonzept

Grundrisskonzept

Schnitt

Schnitt