Award / Auszeichnung | 03/2023
Auszeichnung Vorbildlicher Bauten im Land Hessen 2023
©Rene Graf, Kassel
Forschungsstation Kassel
Forschungsstation Traces
Anerkennung im Bereich sozialer Infrastrukturen
Universitäten / Hochschulen
Projektdaten
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Gebäudetyp:
Hochschulen, Wissenschaft und Forschung
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Projektgröße:
keine Angabe
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Status:
Realisiert
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Termine:
Fertigstellung: 07/2019
Projektbeschreibung
Am Lutherplatz in der Kasseler Innenstadt, 200 Meter nördlich des Königsplatzes, befindet sich die ca. 100 qm große Forschungsstation von TRACES. Sie dient seit Herbst 2019 für einen Zeitraum von fünf Jahren dem Dialog zwischen Stadtgesellschaft und Universität. Hier werden Studierende und Lehrende mit Gesprächen, Vorträgen, Workshops, Seminaren und Ausstellungen Einblicke in ihre Arbeit geben und die Öffentlichkeit im Sinne einer „Citizen Science“ in die Forschung einbeziehen. Die TRACES-Forschungsstation wurde als Design-Build Projekt von Studierenden der Architektur, Landschaftsarchitektur, Produktdesign und visueller Kommunikation unter Leitung des Fachgebiets Architekturtheorie und Entwerfen der Universität Kassel errichtet.
Den Grundkörper des Baus hatten Studierende der Universität Kassel in einem Design/ Build-Projekt unter Leitung des Fachgebiets Architekturtheorie und Entwerfen/ Prof. Philipp Oswalt im August 2019 im UNESCO-Welterbe des Bauhauses in Dessau-Törten für anderthalb Jahre errichtet, auf einem Grundstück, für welches das wachsende Haus von Ludwig Hilberseimer ursprünglich konzipiert war. Für TRACES gestalteten dreißig Studierende der Architektur, der Landschaftsarchitektur, des Produktdesign und der visuellen Kommunikation den Bau für die neuen Anforderungen um und erweiterten ihn. Der einjährige Planungsprozess umfasste die Standortwahl, den Städtebau, die Gebäudearchitektur, die Gestaltung der Außenanlagen, die Innenausstattung und Möblierung wie die Gestaltung der grafischen Elemente (Typographie und Logo). Im Sommer 2021 errichteten die Studierenden den Bau in Selbstbauweise.
Visuelles Erscheinungsbild
Anlässlich der Errichtung der Forschungsstation entwickelten die Studierenden der visuellen Kommunikation das visuelle Erscheinungsbild von TRACES. Yannick Stark, Lotte Frank und Julia Reinhold bringen bei der Gestaltung des Logos Interaktion und das gemeinsame Erleben von Wissenschaft als Kernbotschaft von TRACES zum Ausdruck. „Die Bewegungslinien, die sich zu dem Schriftzug zusammensetzen, erzählen die Geschichte verschiedener Menschen, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen und sich auf ihrem Weg treffen. Sie erleben einen Teil des Weges zusammen, trennen sich dann wieder und am Ende ergeben ihre Spuren in ihrer Gesamtheit TRACES.“
Beurteilung durch das Preisgericht
Modulare Bauten und studentische Projekte kennen wir aus der Baugeschichte einige. Der Wunsch, Häuser in Einzelteile zerlegen zu können, diese zu transportieren und an verschiedenen Orten wieder aufbauen zu können, beschäftigt Architekt*innen und Planer*innen seit langer Zeit. Nomadische Strukturen vereinen aber auch viele Anforderungen hinsichtlich ihrer Witterungsbeständigkeit, ihres Gewichts und Transports. Dass sich eine Studentengruppe mit diesem Thema befasst, ist nicht weiter überraschend. Geht doch die Forschungsstation „Traces“ in Kassel auf ein studentisches Projekt an der Universität Kassel zurück.
Die Forschungsstation bewegt sich irgendwo zwischen dem Haus von Jean Prouvé und den Installationen von raumlaborberlin. Was dieses Projekt aber auszeichnet, ist zum einen die bemerkenswerte Durcharbeitung im Detail und zum anderen die sehr gute innenräumliche Atmosphäre. Auch die architektonische Eingliederung im Stadtraum ist geglückt, was der Verkettung vieler günstiger Umstände, wie Sichtbeziehungen, natürliche Verschattung, Anbindung an die lokale Infrastruktur, usw., zu verdanken ist.
Was die Ausführung angeht, so fällt auf, dass aus dem Transformationsprozess Anpassungen erfolgt sind, wie die Küchennische mit separatem Zugang oder wie das Sonnendach für outdoor-Veranstaltungen, die schlüssig und durchdacht erscheinen. Man könnte sagen, dass dieser Prozess zu einer besonderen Gestaltungsqualität geführt hat. Bemerkenswert ist auch die innenräumliche Qualität, die eine solide, angenehme und überhaupt nicht barackenartige Empfindung generiert. Die Räume sind funktional, einfach zusammenzuschalten und auch einzeln nutzbar. Insgesamt ein durchdachtes Konzept, was einen hohen Grad an Verbindung mit dem Außenraum ermöglicht.
„Traces“ ist ein rundes, nicht nur funktional, sondern auch gestalterisch sehr gelungenes Projekt, von dem wir uns noch viele Nachahmer*innen wünschen. Hervorzuheben ist die Tatsache, dass mit dieser Forschungsstation ein Kreis geschlossen wurde, der mit einer studentischen Arbeit begann und sich dann materialisierte. Inzwischen wurde die Station mindestens einmal auf- und ab- und wieder aufgebaut und bietet nun an einem innerstädtischen Brennpunkt in Kassel auf einem ehemaligen Friedhof verschiedenen Kulturinstitutionen ein Heim.
Was für eine glückliche Verkettung von bemerkenswerten Faktoren? Oder das Ergebnis stetiger Nachfragen und langfristiger Bemühungen, um dieses Resultat realisieren zu können. Jeder der baut, weiß, was da unterwegs alles schiefgehen kann. Dass das nicht passiert ist und ein reifes und überzeugendes Gebäude an einem brisanten Ort genutzt wird, ist sehr anerkennenswert.