Award / Auszeichnung | 09/2023
ArchitekturPreis Berlin 2023
©Yohan Zerdoun
Studio D / Künstleratelier
Preisträger
Preisgeld: 1.500 EUR
Architektur
Projektdaten
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Gebäudetyp:
Büro-, Verwaltungsbauten
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Projektgröße:
954m² (geschätzt)
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Status:
Realisiert
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Termine:
Baubeginn: 01/2016
Fertigstellung: 01/2021
Projektbeschreibung
Durch seine Lage direkt oberhalb des Berliner Nord-Süd S-Bahn-Tunnels blieb dieses, von der Torstraße etwa 70m in das grüne, brachliegende Innere eines Berliner Blocks zurückversetzte Grundstück eines der letzten freien Bauplätze in einem zentralen Teil Berlins zwischen Rosenthaler Platz und Friedrichstraße.
Der Bauherr wünschte an dem Standort eine möglichst große Atelier-Halle für die Kunstproduktion. Die Zwänge des Grundstücks, statisch durch den nicht zu belastenden, diagonal unter dem Grundstück verlaufenden Tunnel und räumlich durch einen Kastanienbaum, der einen großen Teil des Grundstücks besetzt, führten zu einer vollständig elastisch gelagerten Stahlrahmenkonstruktion des Gebäudes, deren mittlerer Teil über ca. 20m Länge den Tunnel wie eine Brücke überspannt.
Das Studio tritt pragmatisch, wenn auch mehrdeutig in Erscheinung. Die immer gleiche Proportion der Fensteröffnungen bildet eine Verwandtschaft zu der Befensterung der angrenzenden Plattenbauten, ist aber vergrößert und perforiert die Gebäudehülle unmittelbar am Boden oder eng unter der Dachkante. Die Funktion des Gebäudes bleibt vage.
Im Kontrast zu den großen Öffnungen und den langen, geschlossenen Fassadenflächen steht das 6x3cm-Raster der Faserzement-Schindeln, das die Gebäudehülle vollständig bedeckt, und auf das alle Maße des Gebäudes abgestimmt sind. Erscheint die Fassade von der Straße aus noch als gleichmäßig graue Fläche, erhält sie mit zunehmender Annäherung an das Gebäude Textur und materialisiert sich schließlich als geschuppte Hülle aus unzähligen kleinen, 4mm dünnen Schindeln, die wie Pappe anmuten.
Während die Ansichten nur schmale Schatten durch eine leicht überstehende Dachtraufe und die wenige Zentimeter tiefen Fensterlaibungen erhalten und sich dünn und flach zeigen, wirkt das Innere des Studios durch tiefe Fensterlaibungen vom Außenraum entrückt. Das Studio besteht aus einem einzigen, nicht unterteilten Raum und eine daran anschließende Galerieebene, die durch eine offene Stahltreppe miteinander verbunden sind.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Standort, der durch seine Lage über dem Nord-Süd-Tunnel der Berliner S-Bahn und durch einen großen Kastanienbaum bestimmt wird, war lange Zeit unbebaut. Nun wurde dort eine Atelierhalle zur Herstellung von Kunstwerken gebaut. Dieses Gebäude musste erstens die komplizierte Gründungssituation des Grundstücks bewältigen und zweitens einen architektonischen Ausdruck von Innen und Außen entwickeln, der eine Antwort auf den unklaren städtischen Restraum mit seiner nicht definierbaren Atmosphäre gibt. Das Atelier ist von außen auf eine äußerst würdige und angenehm freundliche Weise sichtbar. Dieser Ausdruck wird durch volumetrische Einfachheit, die Positionierung der Öffnungen und die Wahl des Fassadenmaterials in Schindeltechnik bestimmt, welches der gesamten Kubatur einen recht homogenen Ausdruck verleiht, der nicht durch irgendwelche Unterbrechungen (Fugen) irritiert wird. Auch wenn sich das Gebäude völlig von den umliegenden Gebäuden unterscheidet, fügt es sich perfekt in die Umgebung ein. Es ist ein gelungenes Beispiel für die Nutzung vorhandener Restflächen innerhalb der gebauten Stadtstruktur.
©Yohan Zerdoun
Hof mit Kastanie
©Nic Tenwiggenhorn, 2021 – VG Bild-Kunst, Bonn
©Nic Tenwiggenhorn, 2021 – VG Bild-Kunst, Bonn
©Nic Tenwiggenhorn, 2021 – VG Bild-Kunst, Bonn
©Nic Tenwiggenhorn, 2021 – VG Bild-Kunst, Bonn
©Nic Tenwiggenhorn, 2021 – VG Bild-Kunst, Bonn
©Nic Tenwiggenhorn, 2021 – VG Bild-Kunst, Bonn
©Yohan Zerdoun
Eingang
©Yohan Zerdoun
das Studio erscheint vom Außenraum entrückt
©Yohan Zerdoun
Studio und Büro sind über eine offene Treppe verbunden
©PASZTORI & SIMONS ARCHITEKTEN
Schnitt
©PASZTORI & SIMONS ARCHITEKTEN
Grundriss