Award / Auszeichnung | 10/2023
Arc Award 2023
©Paola Corsini
Umnutzung "Wohnen im ehemaligen Weinlager"
CH-4056 Basel, Weinlagerstrasse 11
Sieger Kategorie Wohnen
Architektur
Architektur
Stauffer Rösch Landschaftsarchitekten
Landschaftsarchitektur
Tragwerksplanung
Ingenieurbüro Aegerter + Bosshardt
Tragwerksplanung
TGA-Fachplanung
Bauherren
Projektdaten
-
Gebäudetyp:
Wohnungsbau
-
Projektgröße:
keine Angabe
-
Status:
Realisiert
-
Termine:
Fertigstellung: 03/2020
Projektbeschreibung
Für die Umnutzung des ehemaligen Coop Weinlagers im Basler Stadtteil ‘Lysbüchel Süd‘ gewannen Esch Sintzel Architekten den von der Stiftung Habitat ausgeschriebenen Studienauftrag. Ihr Entwurf wird den Anforderungen an modernes Wohnen gerecht und respektiert zugleich die Biografie des Hauses.
Charakteristische Elemente, wie zum Beispiel die Beton-Pilzstützen, blieben erhalten. Dies trotz der für die Transformation notwendigen massiven Eingriffe in den Rohbau des Bestandsgebäudes.
Die Reduktion der Gebäudebreite, die zusätzlichen Geschosse und die Anforderungen hinsichtlich des erdbebengerechten Bauens machten diverse statische Massnahmen notwendig. So wurden u. a. an der Ost- und Westseite jeweils ein Kern zur Stabilisierung und im ersten Untergeschoss ein Sprengwerk erstellt. Des Weiteren mussten die bestehenden Geschossdecken zurückgeschnitten werden. Durch ständiges Beobachten der statischen und bautechnischen Abhängigkeiten und dank der strikten Einhaltung der definierten Bauabläufe konnten wir die Tragsicherheit gewährleisten.
Das Gebäude wird im Erdgeschoss Gewerberäume und in den Obergeschossen eine Vielzahl an unterschiedlichen Wohnungstypen inkl. Gemeinschaftsflächen beherbergen. Grossen Wert legt die Bauherrin auf eine ökologische Bauweise. Die Energiebezugsfläche pro Person ist auf 45 m² begrenzt.
Als ‘ARGE-Partner‘ von Esch Sintzel übernahmen wir das Projekt- und Baumanagement. Ab der SIA-Phase 41 führten wir das Generalplaner-Team. Im Frühjahr 2023 konnten die ersten Wohnungen bezogen werden.
Beurteilung durch das Preisgericht
Laudatio Dominique Salathé
Im Lysbüchel-Quartier in Basel West, nahe der französischen Grenze, ist Leben eingekehrt. Kleinteilige Genossenschaftsbauten entstehen, Nachbarschaften bilden sich, Pflanzen beginnen zu spriessen. Etwas am Rande des Geschehens liegt ein ehemaliges Weinlager. Esch Sintzel haben es in einen Wohnbau verwandelt – einen kraftvollen und doch zugleich filigranen Zeilenbau. Beim Betreten des Hauses werden Ursache und Motiv deutlich: Der Bestand – die kräftige Struktur des ehemaligen Lagergebäudes mit seinen für hohe Lasten ausgelegten, überhohen Geschossen – war Ausgangspunkt für die Neuerfindung dieser grossen Wohngemeinschaft. Stabilisiert durch neue Volumen im Osten und Westen, wurde dem ehemaligen Industriebau eine neue Nutzung eingeschrieben. Für das genossenschaftliche Wohnen haben die Architekt*innen eine pragmatische Typologie und doch zugleich vielfältige und faszinierende Raumfiguren entwickelt. Zwei Rues intérieures und vier Treppenhäuser erschliessen ein reichhaltiges Universum, das aus dem pragmatischen Bestand heraus raffinierte und einzigartige Qualitäten entwickelt. Die tiefen, durchgesteckten Grundrisse im überhohen Obergeschoss, die über und unter dem Korridor angeordneten Maisonettewohnungen oder die grosse schiffsähnliche Dachterrasse, die einen gemeinschaftlichen Abschluss schafft – alles scheint einen klaren Grund zu haben und am richtigen Ort zu sein. Erst auf den zweiten Blick erfasst man die Ingeniosität, die diesen Reichtum schafft. Die Pilzstützen des Bestandes wurden freigestellt und skulptural inszeniert. Fassadenseitig wurden sie durch archaisch anmutende Stützen aus geschälten Holzstämmen ergänzt, die dem Bestand an Eigenständigkeit ebenbürtig sind. Alt und Neu finden so ein charakterstarkes, stellenweise poetisches Miteinander auf Augenhöhe, das dem Haus eine neue, kraftvolle Identität verleiht. Nach Süden und Norden scheint sich das Gebäude in feingliedrige Balkonschichten aufzulösen. Trotz der Grösse ist so ein wohnlicher Massstab entstanden. Mit dem Umbau ist es den Architekt*innen gelungen aufzuzeigen, welche Freiheiten und Entdeckungen im Umgang mit dem Bestand möglich sind. Die Jury gratuliert zur vielseitigen und poetischen Wohnmaschine.