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Award / Auszeichnung | 07/2011

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Kontext

Kontext

Fünf Häuser

CH-8640 Rapperswil SG

Auszeichnung: Wohnungsbau

Lukas Lenherr Architektur

Architektur

Pierre Robin Architekt

Architektur

Huber & Partner AG

Bauingenieurwesen

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 01/2009
    Fertigstellung: 01/2011

Projektbeschreibung

Wer durch die überbaute Landschaft der Schweiz wandert, erhält das Bild eines undicht besiedelten Szenarios aus Einfamilienhäusern, kleinbürgerlichen Villen, Mehrfamilienhäusern sowie kleineren Hochhäusern. Nachbarschaften sind nicht städtisch und auch nicht ländlich. Leicht erkennt man die einzelnen Gebäudetypen, wie sie nach ihren eigenen Regeln gegenüber Außenraum, direkter Umgebung, Aussichten, sowie über ihre verschiedenen Materialien reagieren. Leider endet diese Reaktion oft an der Grundstücksgrenze und schaut nicht über den Zaun in den weiteren Kontext hinaus.

„Fünf Häuser“ versucht über den Zaun zu schauen. Es spielen dieselben Regeln, die an einzelnen Häusern vorkommen, jedoch in der Vertikalen. Von einem grünen Ausgangspunkt im Garten, widerspiegelt das Gebäude ein Stockwerk höher eine eher urbane Situation, dann wiederum eine ländliche bis hin zur Abstraktion und zur Verschmelzung mit Panorama und Aussicht.

Das Gebäude kann als Collage gesehen werden, zusammengesteckt aus vorgefundenen Häusertypen der unmittelbaren Umgebung. Die zu den Außenräumen jeweils verschiedenartig reagierenden Häuser wurden – u.a. auch infolge der engen Platzverhältnisse der Parzelle – konsequent aufeinander gestapelt. Jeder Haustyp wurde, gemäß seiner eigenen Funktion bezüglich Außenraum und Aussicht, auf der ihm zugedachten Höhe der Vertikalen platziert.
Im Erdgeschoss wächst sprichwörtlich die „Garten-Villa“ aus dem Boden. Die typisch lang laufenden Mauern versinken im Garten und gewähren den Bewohnern Sichtschutz. Die Mauern sind begrünt mit wildem Wein oder Clematis, die - mittels angeschraubten Armierungsgittern als Rankhilfen - die Wände emporklettern. Die „Garten-Villa“ erfährt die Jahreszeiten um so mehr, weil sie im Inneren total in Weiß gehalten ist.

Ein Stockwerk höher gewährt die „Hochhauswohnung“ mit ihren Balkonen Schatten für die unter ihr liegende „Garten-Villa“. Auf dieser Höhe hat man noch keine weite Aussicht und nicht mehr Zugang zum Garten. Die im Innern und Äußern komplett in Misaporbeton gegossene Wohnung erinnert an den Ausschnitt einer Etage eines Sozialwohnungsbaus. Im Unterschied dazu wurden aber gleich bei allen Öffnungen Balkone angefügt. Diese, jeder mit einer speziellen Funktion als eigener Aussenraum, schützen dank ihren Betonbrüstungen auch gut vor Einblicken.
Das klassische - mit Eternit bekleidete - „Einfamilienhaus“, das in der Schweiz weit herum anzutreffen ist, belebt das zweite Stockwerk. Die verschobene, abgewinkelte Kiste schiebt sich auf der einen Seite über den Gebäudegabarit hinaus. Somit entsteht auf der Gegenseite eine kennzeichnende, in den Baumwipfeln versteckte, durchgehende Veranda. Durch diesen Vorgang lässt sich in der Küche - wenn die großen Hebeschiebetüren aufgeschoben sind - praktisch im Freien kochen. Die Küche bekommt auch Außenraum, wird sozusagen zum Grillplatz. Die typischen Blumenfenster à la 50er Jahre, außen mit übergroßen Zargen versehen, schaffen im Innern Nischen und rahmen gleichzeitig die Aussicht.

Auf dem „Einfamilienhaus“ sitzt ein trockener in Glas und Aluminium gehaltener „Pavillon“. Raumhoch verglast, rahmt sich diese Kiste die Aussicht auf das Bergpanorama. Durch das Öffnen der Hebeschiebetüren lässt sich die Natur direkt in den Wohnraum hereinholen und Außen- und Innenraum verschmelzen. Die Höhenlage dieses Stockwerks generiert selber schon genug Sichtschutz. Der „Pavillon“ sitzt genauso selbsteingenommen auf den drei anderen „Häusern“, ähnlich einem Pavillon in einem Garten, der nicht mit seiner Umgebung reagiert.
Das „Ferienhaus“, das auf dem Pavillon sitzt, ist eine sehr monolithische, archaische Erscheinung. Ähnlich trocken gehalten wie die vorgefundenen weißen Wohnwagen des nahen Campingplatzes, beherbergt es Sauna und Abstellplätze und dient zusammen mit der Dachterrasse allen Wohngemeinschaften.

Alle Stockwerke haben denselben inneren Kern, in dem sich zusätzlich Verteilung, Technik, zwei Nasszellen und die Küche befinden. Um diesen Nucleo herum wird gewohnt. Sackgassen wurden damit vermieden und der Wohnraum wirkt größer, wenn kreisähnlich gewohnt werden kann. Der Kern und die Fassade sind Tragwerk. Je nach Wunsch und Art des Haustyps wurden im Innern mittels modularen Leichtbauwänden an Zahl und Größe verschiedene Zimmer eingefügt.

Wo uns die Berge so viel Vertikalität zu verstehen geben wie in der Schweiz, sollte sich langsam auch auf der politischen Ebene etwas tun. In den Köpfen aber wird leider noch nicht vertikaler gedacht als anno dazumal. Wann nimmt das Häuschenbauen in der Schweiz ein Ende? Wenn wir vor lauter Hecken und Fahnenstangen den Horizont und die Berge nicht mehr sehen?
Die „Fünf Häuser“ insgesamt also eine Mustersammlung von helvetischen Versatzstücken? Und würde das bedeuten, dass das Projekt über die Zitierung und Verwendung unterschiedlicher Maßstäbe, durch die forcierten Fensterzargen und die Balkonorgie bis hin zu den Begrünungen in die Nähe der Ironie gerät? Weshalb nicht auch diese Lesart? Das Gute daran ist, dass gerade durch den Einsatz dieser Elemente das ganze Volumen nicht als große Masse wahrgenommen wird und damit das Quartier viel nachhaltiger prägt bzw. verdichtet, anstatt erneut eine urbane Bedingung zu bewirken, die an der Grundstücksgrenze aufhört. Unter der Berücksichtigung, die Vorstadt als neues Labor für experimentelle Typologien wahrzunehmen, wirkt "Fünf Hauser" als eine augenzwinkernde Einladung für mehr Dichte, soziale Interaktion und architektonische Vielfalt - mehr urbane Qualität also im semi-urbanen Raum.
Gartenville

Gartenville

Innen Gartenvilla

Innen Gartenvilla

Innen Hochhauswohnung

Innen Hochhauswohnung

Innen Einfamilienhaus

Innen Einfamilienhaus

Einfamilienhaus

Einfamilienhaus

Innen Pavillon

Innen Pavillon

Aussen Ferienhaus

Aussen Ferienhaus

Konzeptcollage

Konzeptcollage