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Offenes Verfahren | 07/2016

Areal Hardturm

Teilnahme

Preisgeld: 80.000 CHF

theo hotz partner | architekten

Architektur

Erläuterungstext

Team

Investor/in:
Schweizerische Lebensversicherungsgesellschaft AG c/o Helvetia Versicherungen │ Zürich
Architekt/in 1:
Theo Hotz Partner Architekten AG │ Zürich
Architekt/in 2:
burkhalter sumi architekten │ Zürich
Architekt/in 3:
Philippe Cabane Stadtentwicklung │ Basel
Bauingenieur/in 1:
schleich bergmann partner │ Stuttgart ( D)
Bauingenieur/in 2:
wlw Bauingenieure AG │ Zürich
Landschaftsarchitekt/in: raderschallpartner ag │ Zürich
Realisator/in 1:
Mettler2Invest AG │ Zürich
Gemeinnütziger Wohnbauträger: Baugenossenschaft Freiblick │ Zürich

Stadtfussball beruht auf der Idee die 3 geforderten Teilbereiche (Stadion, Genossenschaftliches Wohnen und Investorenprojekt) als ein neues Gesamtquartier Hardturmareal mit maximalen Wohnanteil darzustellen. Um diese Idee umsetzen zu können wurde das Stadion einerseits entlang der Pfingstweidtrasse ausgerichtet und andererseits die äusseren Abmessungen minimiert. Durch diese Massnahmen wird das Stadion dreiseitig gefasst und Teil des übergeordneten neuen Hardturmquartiers.

Insgesamt entstehen so über 1000 Wohnungen. Sämtliche Hochhäuser sind dabei weniger als 100m hoch.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Aufgabenstellung des Studienauftrags für das Hardturmareal wird richtigerweise zum Anlass genommen, an diesem trotz der guten Erschliessung etwas peripheren Ort ein lebendiges, urbanes und durchmischtes Quartier mit hoher Dichte zu schaffen. In diesem soll gelebt, gearbeitet, aber auch Fussball gespielt werden. Als Leitidee für die angestrebte Quartieridentität schlagen die Projektverfassenden ein stimmiges Bild einer städtischen Fussballwiese mit einer unmittelbar angrenzenden, sehr dichten Stadt vor. Das neue Fussballstadion wird daher mitten in ein neu gebautes, dichtes Stück Stadt gestellt, welches wiederum als Quartierbaustein von Zürich West interpretiert wird. Um zusätzlichen Raum für weitere Nutzungen zu schaffen, wird die Stadionachse gedreht. Mit diesem Entscheid gelingt es, das Stadion zum Mittelpunkt des neu geplanten Quartiers zu machen. Schliesslich ist die Hauptaufgabe dieses Studienauftrags der Stadionbau.
Die vorgeschlagene städtebauliche Setzung fasziniert vorerst. Bewusst wird mit den anderen Bauten die Nähe zum Stadion gesucht. Der Beitrag erinnert an alte englische Fussballstadien, die mitten im Wohnquartier stehen. Durch die Setzung dieser Bauvolumen entstehen vielfältige Stadträume, die sich auf selbstverständliche Art und Weise mit den bestehenden Freiraumverbindungen vernetzen. Gekonnt wird die Abfolge von engen Räumen mit unterschiedlichen Freiraumnischen gesucht, zusammen mit den verschiedenen Sichtbezügen, den differenzierten Höhenentwicklungen der Gebäude und dem Fussballstadion entsteht damit eine eigene Welt. Das kleinräumig gegliederte, dichte Quartierfragment schafft einen bewussten Kontrast zu den grossdimensionierten, fliessenden Strassen und Quartierräumen der Umgebung. Die verwinkelte Organisation mit den kargen Gassen zwischen Stadion und umgebender Gebäudekruste, mit dem Kranz von kleinen Baumplätzen zur Hardturmstrasse und dem introvertierten Gartenhof verringert aber auch die Durchlässigkeit. Ausserdem wird die Orientierung eingeschränkt. Ausserdem sind die Stadionzugänge für grosse Besuchermassen zu klein dimensioniert, ein eigentlicher Stadionplatz fehlt.
Eine Besonderheit des Projekts stellt die Einführung einer halbprivaten Freiraumebene dar. Eine um zwölf Meter angehobene «Beletage» mit Gemeinschaftsterrassen für die Bewohner und Bewohnerinnen verbindet sich zu einem zusammenhängenden, siedlungsbezogenen Freiraum. Diese ‚Parallelwelt‘ ist jedoch problematisch, da die Entflechtung von zwei Freiraumebenen zu einer verminderten Belebung des Stadtbodens führt. Zudem steht die exklusive, halbprivate Zugänglichkeit des Stadionumgangs funktional zu sehr im Kontrast zum Stadion, dessen Nutzung per se eine öffentliche ist.
Oberhalb der «Beletage» wird die Baumasse aufgelockert. In Länge und Breite ähnlich grosse Bauten binden die unterschiedlichen Baufelder visuell zusammen und versuchen auf diese Weise einen gemeinsamen identitätsbildenden Nenner vom Hochhauscluster bis zur Genossenschaft im Osten des Grundstücks zu bilden. Ihre Körnung unterscheidet sich aber in Massstab und Volumen klar von ihrer Nachbarschaft, die von massigen funktionalen Industrie- und Dienstleistungsbauten geprägt ist. Mit dieser städtebaulichen Setzung wird Zürich West daher nicht fertig gebaut, sondern erhält einen weiteren, neuen Quartierbaustein, der an diesem wichtigen städtebaulichen Ort die Ein- und Ausfahrt aus der Stadt definiert. Der direkte Bezug der Bauten zur unmittelbaren Nachbarschaft fehlt jedoch. Obwohl der Ansatz interessant ist, hat der Entwurf, im Stadtmodell der Stadt Zürich eingesetzt, etwas Irritierendes. Er wird innerhalb des Beurteilungsgremiums intensiv und teilweise kontrovers diskutiert.
Damit ein dichtes Stück Stadt entstehen kann, wird der Fussabdruck des Stadions bewusst minimiert. Die überraschende Kompaktheit des Stadions wird dadurch erreicht, dass sich die Zuschauer über sieben Geschosse auf übereinander gestapelten und überhängenden Tribünen verteilen. Der von den beiden Fussballclubs herbeigesehnte Hexenkessel entsteht. Die überhängenden Galerieränge bringen auch die höher liegenden Zuschauerplätze in eine überraschende Nähe zum Geschehen. Diese einzigartige Attraktivität hat aber auch ihre Nachteile: Wegen der überhängenden Auskragungen und den schräggestellten Glasbrüstungen, die es braucht, damit das Geschehen auf dem Fussballfeld eingesehen werden kann, müssen die Besucher dieser «oberen» Ränge schwindelfrei sein.
Die Erschliessung über sieben Geschosse und den dazugehörigen Treppenanlagen ist sehr aufwendig. Um in den Pausen kurz zu einer Verpflegungsstation oder einer WC-Anlage zu gelangen, müssen die Matchbesuchenden teilweise bis vier Geschosse überwinden. Im Weiteren offenbart der Schnitt durch die überhängenden Zuschauerränge eine Unlogik. Je höher diese Ebenen angeordnet sind, umso grösser werden die Erschliessungsflächen, während die Zuschauerzahl mit jeder Ebene nach oben logischerweise abnimmt.
Die Sicherheit im öffentlichen Raum ist gewährleistet. Insbesondere überzeugt die Anordnung der Heim- und Gastkurve, die sich im selben Sektor befindet. Dadurch ist eine unproblematische Fantrennung ausserhalb des Stadions – eine Bedingung für die Sicherheit - möglich.
Der Investor plant und baut die gesamte Überbauung. Er erstellt somit die Genossenschaftssiedlung, das Fussballstadion mit rund 18‘000 Zuschauerplätzen und ein Investorenprojekt mit 82‘000 m2.
Das Stadion verbleibt nach der Fertigstellung durch den Totalunternehmer im Besitz der Helvetia AG. Das Fussballstadion wird von der Stadioneigentümergesellschaft an die Stadionbetreibergesellschaft vermietet, welche den Betrieb und den Unterhalt gewährleistet. Der Betrieb des Stadions erfolgt durch eine Betriebsgesellschaft, an der die beiden Clubs beteiligt sind.
Das Investorenprojekt wird im Auftrag der Helvetia durch den Totalunternehmer Mettler2Invest erstellt und vollständig durch die Helvetia finanziert. Es verbleibt im Eigentum der Helvetia Lebensversicherungsgesellschaft, die die Wohnungen, Büros und Gewerbeflächen vermietet.
Der gemeinnützige Wohnungsbau wird durch den Totalunternehmer schlüsselfertig erstellt und anschliessend an die Baugenossenschaft Freiblick übergeben. Es entstehen 176 Genossenschaftswohnungen. Im Erdgeschoss befinden sich ein Kindergarten, einzelne Wohnungen und Gewerbeflächen. Für alle drei Teilprojekte wird der Stadt Zürich ein Baurechtszins bezahlt.
Das Konzept des Teams «JALKAPALLO» baut auf einer klaren und einfachen Eigentümerstruktur mit relativ geringen Risiken für die Stadt Zürich auf. Die Vermarktungsrechte liegen je zur Hälfte bei der Stadioneigentümergesellschaft und der Betriebsgesellschaft. Die Rückstellungen für den grosszyklischen Unterhalt des Stadions sind knapp bemessen.
Der Beitrag fasziniert, weil der gewünschte Hexenkessel fast wörtlich geschaffen wird. Gleichzeitig überzeugt er durch seine gut verständliche Bearbeitung, welche angesichts der Komplexität der Aufgabenstellung nicht selbstverständlich ist. Insbesondere die unterschiedlichsten Wohnungsgrundrisse gefallen sowohl in ihrer Nutzbarkeit als auch in ihrer Bearbeitungstiefe. Auch der Businessplan mag zu überzeugen.
Die Hauptkritik des Entwurfs liegt einerseits in seiner städtebaulichen Setzung, die auf die bestehenden Morphologie Zürich Wests mit einer neuen Quartierstruktur reagiert; andererseits überzeugt die Idee, zwei unterschiedliche Freiraumebenen zu schaffen, nicht. Obwohl diese «Beletage» interessante räumliche Situationen schafft, das Stadion über Brücken mit Dachterrassen verbunden wird und sich auf diese Art und Weise mit den umliegenden Bauten vernetzt, wird diese Massnahme hinterfragt, weil das versprochene und angestrebte lebendige Quartierleben auf zwei Ebenen verteilt wird, diese sich gleichzeitig gegenseitig konkurrenzieren werden. Die sehr aufwendige und etwas unpraktische Erschliessung lässt das Beurteilungsgremium zudem an der praktischen Gebrauchsfähigkeit des entworfenen Fussballstadions zweifeln.