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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2021

Neubau einer 4-fach Sporthalle im Unionviertel in Dortmund

1. Preis

BAURCONSULT Architekten Ingenieure

Architektur

Hauck.Modelle Konzept + Realisation

Modellbau

Erläuterungstext

STÄDTEBAU UND VERKEHRSORGANISATION
Die neue Víerfachsporthalle im Bereich Unionstraße / Übelgönne situiert sich an der Nordwestecke des Grundstückes, greift die Raumkanten des benachbarten Einzelhandelsstandortes sowie des Freizeitzentrums West auf und wird dadurch selbstverständlich zum neuen Baustein des Unionviertels. Der kompakte rechteckige Baukörper nutzt die topografischen Gegebenheiten, um den privaten und öffentlichen Eingang klar zu trennen und Sportlern wie Besuchern eigene Anlaufstellen zu bieten: Nach Süden hin spannt sich eine neue große Freiraumachse auf, die Bezug zum östlich gelegenen „Dortmunder U“ nimmt und Zuschauer wie Besucher künftig über einen einladenden Boulevard zum Publikumseingang an der Südfassade führt. Durch einen Rücksprung des Eingangsbereiches entsteht hier ein überdachter Vorplatz, welcher die Eingangsgeste verstärkt und zum Verweilen vor Spielbeginn einlädt. Die Freiraumachse zum „Dortmunder U“ wird durch zusätzliche Sitzgelegenheiten, Baumreihen und eingangsnahe Fahrradstellplätze gestärkt und soll die künftig zu erwartenden Besucherströme besser lenken und kanalisieren.
Nach Norden hin wird dem Hangverlauf folgend ein zusätzliches Hanggeschoss ausgebildet. Hier findet der VIP- bzw. Sportler-/Schüler-Eingang Platz, über welchen man auf direktem Wege barrierefrei in die Halle gelangt. Die Vordachgeste der Südfassade findet auch an der Nordfassade ihre Entsprechung und bietet Platz für überdachte Fahrradstellplätze. Eine neue Bushaltespur für VIP bzw. Anlieferung und eine Stellplatzreihe werden oberirdisch im Norden ergänzt. Der übrige PKW-Verkehr wird durch Tiefgaragenzufahren klar von den Fußgängerströmen getrennt. Die Hauptzufahrt für Zuschauer schließt im Süden an die bestehende Zufahrt des Einzelstandortes an und nutzt die bereits vorhandenen Ein- und Ausfahrten. Für VIP gibt es zur nördlichen Übelgonne eine weitere Zufahrt, um sich den Blicken der Publikumsmassen zu entziehen.

INNERE FUNKTION UND GESTALTUNG
Die innere Organisation des Gebäudes ist leicht verständlich und wird logisch aus den Anforderungen an einen geordneten Sport- und Veranstaltungsbereich abgeleitet. Vier große Erschließungskerne gruppieren sich windmühlenartig um den Hallengrundriss und spannen jeweils zu einer Himmelrichtung orientierte, großzügige Raumbereiche auf. Im Erdgeschoss sammeln sich die Besucher im Veranstaltungsfall unter dem südlichen Vordach und gelangen kontrolliert in das langgestreckte, helle Foyer zum Ticketkauf bzw. zur -kontrolle vor dem Spiel. Sämtliche Publikumsaufzüge aus der Tiefgarage führen ebenfalls hierhin. Über die erdgeschossigen Verteilerflure und die Treppenhauskerne gelangt man anschließend zu den Plätzen. Die Publikumstribünen für 3.255 Besucher organisieren sich um das zentrale Spielfeld und sind in einen baulichen Nord- und Südblock unterteilt. Für Sportwettkämpfe mit Maximalbelegung können an der Ost- und Westseite zusätzliche Teleskoptribünen ausgefahren werden. Sämtliche Tribünen werden dabei von oben erschlossen um zu vermieden, dass sich Zuschauer auf den Sportflächen aufhalten können.
Entlang der Fassaden finden großzügige Pausen- und Gastronomiebereiche zu allen Himmelsrichtungen Platz. Kurze Wege von sämtlichen Plätzen, jeweils zugeordnete Lager- und Vorbereitungsräume sowie spannende Ein- und Ausblicke zur Nachbarschaft des Unionviertels versprechen eine effiziente und angenehme Pausenversorgung. Die Cateringküche liegt obergeschossig im Norden und ist über einen Aufzug bis in die Tiefgarage zur Anlieferung und Verteilung auf allen Ebenen optimal angebunden. Direkt angrenzend befindet sich der VIP-Bereich, inklusive eigener Erschließung und Zugang zu den Parkierungsanlagen, als autarke Einheit. Sowohl der Loungebereich samt Logenplätzen für 300-400 Gäste im Norden, als auch der Regie- und Pressebereich entlang des Spielfelds im Süden, verfügen über einen direkten Blick auf das Spielfeld.
Die Umkleiden für Schüler und Sportler befinden sich im Hanggeschoss und werden über ein eigenes Sportlerfoyer von Norden erschlossen. Die 4 Hallenteile sind auf kurzem Wege über den Turnschuhgang erreichbar, zudem werden Gymnastik- und Krafträume samt eigenen Lagerräumen direkt angebunden. In den Hang eingegraben findet auf der südlichen Hallenseite die Geräte- und Technikraumspange Platz. Die notwendigen Sanitäranlagen für den Sport- und Veranstaltungsbetrieb sind dezentral in Blöcken organisiert und werden sinnvoll um notwendige Pflege-, Lager- und NR-Flächen ergänzt und verteilt. Die Tiefgarage mit 426 PKW-Stellplätzen ist auf 2 Parkebenen organisiert und wird um einen Müllraum nahe der Anlieferung ergänzt. Die Wegeführung aus den Parkebenen in das Gebäude ist durch die Treppenhauskerne samt Aufzügen kontrolliert gewährleistet und alle Ebenen barrierefrei miteinander verbunden.

ÄUSSERE GESTALT UND KONSTRUKTION
Vereinfacht lässt sich zwischen der aus Beton-Thermowänden hergestellten Basis und der lichten Laterne des Hallenbaukörpers unterscheiden. Mit ihren werksmäßig feinen Stahlbetonschalen gilt die Rohbaukonstruktion innen wie außen als oberflächenfertig, ist dauerhaft, haltbar und im Unterhalt günstig. Trockenbaukonstruktionen sind auf ein notwendiges Minimum in hoch installierten Bereichen der Umkleide-, Sanitär- und Küchenräume reduziert. Der hohe Vorfertigungsgrad garantiert gleichmäßige Materialqualität und eine kurze Bauzeit. Das Hallenvolumen wird über ein wirtschaftliches Stützentragwerk aus Stahlbeton-Fertigteilen mit einem Dachtragwerk aus Spannbetonträgern generiert. Die Festlegung der Tragkonstruktionsachsen bedeutet eine der Bauart und dem Baustoff optimierte Stützweite. Die vier Treppenhauskerne mit geschlossenen Wandscheiben sind aussteifend geplant, die Belichtung erfolgt über die Längs- und Querseiten. Schlanke Pfosten-Riegel-Fassaden gewähren im erd- und obergeschossigen Pausen- bzw. Zuschauerbereich den freien Blick in die Umgebung und lassen den Hallenbaukörper im oberen Bereich hell erstrahlen. Im Veranstaltungsfall zur Verschattung zusätzliche benötigte Vorhänge/Screens können auf der Innenseite angeordnet werden. Umhüllt wird die Laterne von einem kupferfarbenen Gewand aus mäanderförmig gefaltetem Aluminium-Lochblech. Die Kantung bewirkt eine Aussteifung und hilft zur Materialeinsparung, die Lochung streut das Licht tagsüber blendfrei in die Halle. Nachts erhellt die strahlende Laterne das Unionviertel und fungiert als Landmark für ankommende Besucher zu den nördlichen Bahngleisen. Der Kupferfarbton kann als Referenz zu den kupfernen Brauereikesseln der ehemaligen Union-Brauereien gesehen werden, oder als entsprechende Interpretation des Ziegelrots der historischen Brauereigebäude bzw. der Neubauten des Berufskolleges im Osten. Das Innere der Halle wird gekennzeichnet durch Beton- und Putzoberflächen, ein den Wettkampfanforderungen gerecht werdender Sportboden und helle Holzprallwände, welche mit dem Grün des Außenraums kontrastieren. Die robusten Betonwände der Basis und die durch die Faltung und das Schattenspiel lebendig wirkende Laterne verleihen dem Bauwerk von außen betrachtet sowohl eine stoische Einmütigkeit als auch einen delektierten Elan, die im heterogenen Umfeld ihre Präsenz entwickeln und den Zeichencharakter des Bauwerks unterstreichen.

WIRTSCHAFTLICHKEIT, BAU- UND BETRIEBSÖKOLOGIE UND ENERGIEEFFIZIENZ
Die strukturierte Organisation im Raster mit wiederkehrenden Details und Fertigteilen verspricht einen bauunterhalts-optimierten Betrieb. Die Höhenposition unter Nutzung eines Hanggeschosses reduziert den Eingriff in den Baugrund und dessen Wasserverhältnisse. Die großzügigen Hallenverglasungen reduzieren den Kunstlichtbedarf nachhaltig, wartungsarme Stoffbehänge ergänzen die Lichtlenkung ins Gebäude, Belüftung und Entrauchung erfolgen über die gegenüberliegenden Fensterflächen. Somit wird passiv der Energiebedarf reduziert. Das Hallendach kann ohne Durchdringungen hergestellt werden. Die Hallenunterdecke ist für die raumakustischen Erfordernisse maßgebend und integriert die erforderliche Anlagentechnik. Neben der gezielten Verwendung von Recyclingstoffen bei den eigentlich energieintensiven Bauteilen des Rohbaus und der Fassade wird Holz als wesentlicher Baustoff in der Innenausstattung vorgesehen, darüber hinaus werden ganzheitliche Planungsansätze zur Innenraumlufthygiene und Baustoffökologie verfolgt. Durch die Wahl einer einfachen Baukonstruktion und nachhaltiger Materialien wird in Betrieb und Wartung eine hohe Wirtschaftlichkeit angestrebt. Durch den hohen Vorfertigungsgrad ist eine schnelle und reibungslose Bauausführung zu erwarten. Die Barrierefreiheit wird in allen Ebenen durch diverse Personen- und Lastenaufzüge vollständig gewährleistet. Auch bezüglich der Fluchtwege ist die Situation den Vorschriften entsprechend, da ausreichend Fluchtwege (jeweils zwei Fluchtwege) über Direktausgänge ins Freie aus allen Hallen- und Nebenbereichsteilen bestehen. Der klare Grundriss ermöglicht im Alltag wie im Veranstaltungsfall einen reibungslosen Betrieb, dem Nutzer und Besucher wird ein Gefühl von Behaglichkeit und Sicherheit vermittelt. Die kompakte Bauform, eine hohe Vorfertigung, einfache Konstruktionen und ökologische Baustoffe ergeben ein einfach nutzbares, wartungsarmes und langlebiges Bauwerk.

TECHNIKKONZEPT
Für die Wärmeerzeugung wird der Neubau an das bestehende Wärmenetz des benachbarten Schulkomplexes U-Viertel angeschlossen. In Verbindung mit einer Solar- und Fotovoltaik Anlage entsteht eine sichere und redundante Energieversorgung. Dadurch können die Anforderungen der EnEV und des EEWärmeG sicher erfüllt werden. Die Mehrzweckhalle wird über Sportbodenheizung und Lüftungsanlage gleichmäßig erwärmt und so effektiv nach Bedarf und Benutzerverhalten konditioniert. Flure und Nebenräume werden mit statischen Heizflächen beheizt, mit der eine einfache und günstige Raumkonditionierung erfolgt. Die Umkleide- und Duschbereiche erhalten aufgrund der hohen Behaglichkeit und des Sicherheitsaspektes, dass ein feuchter Boden schneller trocknet, eine Fußbodenheizung. Ebenso die Pausen- und Loungebereiche.
Die Trinkwarmwassererzeugung erfolgt dezentral an dem Ort, an dem sie benötigt wird, über Frischwasserstationen bei großen Verbrauchern, sonst über elektrische Durchlauferhitzer. So können sich auch bei längeren Stillstandzeiten, wie in Ferien oder im Nicht-Veranstaltungsfall, keine Legionellen oder andere Krankheitserreger im Trinkwasser bilden. Grundsätzlich wird aufgrund der Trinkwasserhygiene soweit wie möglich auf Kaltwasser reduziert konzipiert.
Die Mehrzweckhalle wird über zentrale Geräte mit Wärmerückgewinnung be- und entlüftet. Im Winterbetrieb wird durch den effektiven Wärmerückgewinner mehr als 85 % des Energiegehaltes der Abluft zurückgewonnen, was die Lüftungswärmeverluste stark reduziert. Die bedarfsgerechte Lüftung erfolgt durch die Einzelraumregelung über CO2-Sensoren für einen energetisch sinnvollen Betrieb.
Wenn das Tageslicht nicht ausreicht, schaltet die tageslichtabhängige Steuerung Kunstlicht zu, wenn der Raum belegt ist (Präsenzsteuerung). Verkehrswege werden mit Präsenzmelder und Tageslichtsteuerungen bei Bedarf automatisch beleuchtet. Insgesamt liegen die Kernpunkte des Energiekonzepts im sehr guten Wärmeschutz, Luftdichtheit und der Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Diese Aspekte schaffen eine sehr gute Voraussetzung, auch den für Mehrzweckhallen oft ausschlaggebenden sommerlichen Überhitzungsschutz gewährleisten zu können.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit platziert einen kompakten rechteckigen Baukörper in eine stringent ausgeprägte, mit Einzelbäumen markierte Freiraumachse zum Dortmunder U. Der Baukörper nimmt dabei nachvollziehbar die Raumkante des FZW auf. Durch einen Rücksprung des Eingangsbereichs entsteht ein Vorplatz, der eine schlüssige und angemessene Eingangssituation für Besucher generiert. Dieses architektonische Element wird ebenfalls auf der Nordseite gewählt, sodass auch zur Übelgönne ein angemessenes Erscheinungsbild erzielt wird.

Die Erschließung der zweigeschossigen Tiefgarage erfolgt zweigeteilt von Westen und Norden; die Nutzung der vorhandenen Zufahrt zum Einkaufszentrum wäre jedoch im Hinblick auf ihre verkehrstechnische Leistungsfähigkeit und Verträglichkeit zu überprüfen.

Um den Stellplatzschlüssel zu erfüllen, wird ein Teil der erforderlichen Stellplätze in den Straßenseitenräumen von Übelgönne und Unionsstraße untergebracht. Um das zu erreichen, wird die vorgegebene Bushaltestelle von Westen nach Norden verlegt. Das Preisgericht sieht einen solchen aufwendigen Umbau im Straßenraum kritisch und funktional nicht erforderlich. Positiv zu vermerken ist die witterungsgeschützte und gut integrierte Platzierung der Fahrradstellplätze im nördlichen und südlichen Rücksprungbereich des Gebäudes.

Der Baukörper besticht durch seine schlichte Eleganz und eine moderate Plastizität. Durch die Ausnutzung der nach Norden hin fallenden Topografie entsteht ein Hanggeschoss, das eine schlüssige Umsetzung des Raumprogramms fördert. Der Gebäudekubus weist dabei an allen vier Seiten gleichwertige Gestaltungsqualitäten im Stadtraum auf.

Die Zweiteilung in einen Sockel aus Glas und einen Hauptbaukörper, die sogenannte Laterne, mit einer Vorhangfassade aus mäanderförmigem Alu-Lochblech integriert sich in das städtebauliche Umfeld und setzt zugleich einen eigenständigen Akzent. Der Bedarf an künstlicher Beleuchtung und der Einsatz von Verschattungselementen werden durch dieses Fassadenkonzept deutlich reduziert. Durch die perforierte Fassade entsteht ein interessantes Wechselspiel zwischen Außen- und Innenraum, das eine hohe Aufenthaltsqualität für Besucher und Nutzer im Gebäude gewährleistet. Auch in den Abendstunden wird ein interessanter Kubus im städtebaulichen Kontext sichtbar sein.

Was die kompakte, schnörkellose Architektur qualitätsvoll macht, ist bei den Außenanlagen zu wenig ausgearbeitet: die wenigen, mit Abstand in durchgängig versiegelte Flächen gesetzten Bäume an allen vier Gebäudeseiten wirken fast wie ein abgerungenes Zugeständnis. Der öffentliche Freiraum um eine derart exponierte, intensiv genutzte Sporthalle dürfte - bezogen auf Aufenthaltsqualität und stadtökologische Erfordernisse - etwas mehr aufbieten.

Die inneren Funktionen sind sehr effektiv funktional zugeordnet und lassen ein ökonomisch umgesetztes Raumprogramm erkennen, das die Vorgaben der Auslobung sehr gut umsetzt und dem Anspruch an Wettkampf- und Schulsport gerecht wird, wobei die Hallenhöhe hinsichtlich einer Wettkampftauglichkeit zu überprüfen wäre.

Die Baukonstruktion mit einem Stützentragwerk aus Stahlbeton-Fertigteilen mit einem Dachtragwerk aus Spannbetonträgern ist nachvollziehbar. Allerdings wird mit den angegebenen Kosten der vorgegebene Rahmen der Auslobung überschritten.

Im Hinblick auf die Nachhaltigkeit lassen sich aus der Arbeit wenig innovative Ansätze erkennen. Die energetischen Standards bewegen sich im üblichen Rahmen. Aussagen zu konkreten Begrünungselementen, wie z.B. Dachbegrünung, fehlen. Auch ist nicht nachvollziehbar, inwieweit vorhandener Gehölzbestand in die Außenanlagen integriert wird, was bei der Konzeption durchaus möglich wäre.

Insgesamt kann die Arbeit die Jury sowohl städtebaulich als auch funktional überzeugen. Mit stadträumlicher Ausstrahlung gelingt Verbindung von Alltags- und Wettbewerbstauglichkeit.