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Studienauftrag im selektiven Verfahren | 10/2021

Gesamtsanierung und Erneuerung Freibad Marzili in Bern (CH)

Sieger

Trachsel Zeltner Architekten AG

Architektur, Projektsteuerung

Joliat Suter

Architektur

akkurat bauatelier GmbH

Architektur

DUO Architectes paysagistes / Landschaftsarchitekten Sarl

Landschaftsarchitektur

Kannewischer Ingenieurbüro AG

TGA-Fachplanung

Kissling + Zbinden AG

Wasserbau

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf der Grundlage einer sehr sorgfältigen Analyse der bestehenden Qualitäten und Defizite entwickelten die Verfassenden ein überzeugendes Gesamtkonzept. Das Marzili wird dabei als eine der bedeutenden Freizeitanlagen Berns am Übergang zwischen Aareraum und Stadtquartier verstanden und soll sanft transformiert werden. Die Kernidee des Entwurfs besteht darin, die Randbereiche des Freibads zu stärken und die Mitte als grosszügigen Park mit Liegewiese und Wasserbecken freizuhalten. Die bestehenden, qualitätsvollen Bauten und Anlagen sollen dabei sorgfältig angepasst und weitergenutzt werden. Als Referenz für das Gesamtkonzept dient die historische Struktur des Marzilibads um 1938. Als gestalterisch und funktional geschickt wird die Idee einer zusätzlichen Wegverbindung, dem Löifuweg, umgesetzt. Mit dem Weg soll der zugeschüttete Aarelauf zwischen dem neuen Aarehafen im Süden und dem Bueberseeli im Norden des Areals nachgezeichnet werden. Durch das Aufgreifen der historischen Spur werden die verschiedenen Bereiche des Areals auf selbstverständliche Art miteinander verbunden. Neue Baumgruppen und Liegepritschen werden so platziert, dass die Lage des ehemaligen Löifus im Areal wieder erkennbar wird. Die Neubauten werden so platziert, dass sie die bestehende Einfassung des Marzilis mit den heutigen Holzkabinen fortsetzen. Die bestehenden Baumgruppen der Liegewiese werden mehrheitlich erhalten und ergänzt. Bis die neuen Bäume hinreichend Schatten spenden, wird der Einsatz von Sonnensegeln vorgeschlagen. Für die Jury nicht überzeugend ist die neue Baumreihe entlang der Wegverbindung vom Hauptzugang zu den Schwimmbecken. Die Platzierung des neuen, zweigeschossigen Eingangsgebäudes wird als Chance genutzt, den Freibadpark besser mit dem Quartier zu verbinden. Die räumlichen Qualitäten der bestehenden Umrandung mit den Holzkabinen werden durch die geschickte Platzierung der neuen Holzbauten gestärkt. Der Hauptzugang zwischen der Bäckerei Fürst und dem Neubau überzeugt, liegt er doch an jener Stelle, wo sich die Strassen bündeln und sich die öffentlichen Nutzungen im Quartier bereits heute konzentrieren. Der neue Marziliplatz wird mit Sitzgelegenheiten und einem Brunnen ausgestattet. Die Anbindung ans Quartier ist sehr gut gelöst. Der neue Zugangsbereich mit Bäumen zwischen der Bäckerei Fürst und dem Eingangsgebäude mit Loge, Gastronomie, Dachterrasse und Betriebsräumen bietet attraktive Aufenthaltsflächen für die Gäste mit direktem Sichtbezug sowohl zum Quartier als auch zum Freibadpark. Der sehr zurückhaltende architektonische Ausdruck des Eingangsgebäudes mit seiner streng kubischen Form mit knapp bemessenen Vordächern lässt attraktive Übergangsbereiche zwischen Aussen und Innen vermissen und vermag den Wunsch nach der Anknüpfung an den Charme der Bestandesbauten nicht zu erfüllen. Das Betriebsgebäude setzt die Einfassung des Marzilis unauffällig fort. Zwei eingeschossige Bauten mit Satteldächern quer zur Marzilistrasse bilden zusammen mit der Holzeinfassung einen Hof für den Materialumschlag. Die vorgeschlagenen Eingriffe im Be- stand sind ebenso zurückhaltend wie der architektonische Ausdruck der Neubauten. Ziel der Projektverfassenden ist es, die neuen Elemente behutsam in den Kontext einzubinden, dementsprechend sind feingliedrige Holzbauten mit zurückhaltender Farbgebung vorgesehen. Als Analogie für das Marzilibad verwenden die Projektverfassenden den Begriff «ÖKOTON». Damit wird generell ein artenreicher Übergangsbereich zwischen zwei Lebensräumen bezeichnet. Mit artenreich sind hierbei sowohl die ökologisch wertvollen Lebensräume für Flora und Fauna als auch die für uns Menschen als soziale Wesen wichtigen Aufenthaltszonen mit unterschiedlichem Charakter entsprechend den Bedürfnissen der unterschiedlichen Nutzergruppen gemeint. Die Platzierung der Nutzungszonen im Areal ist geschickt gewählt. Das Paradiesli, der Ruhebereich und der Familienbereich mit Spielplatz bleiben im Wesentlichen am heutigen Ort. Im Spitz wird ein weiterer Spielbereich mit Tischtennistischen vorgeschlagen, welcher auch ausserhalb der Betriebszeiten des Freibads genutzt werden kann. Durch den neuen Löifuweg wird das Freibad an den südlich gelegenen Spitz und den neu geschaffenen Freiraum anstelle der aufgehobenen Parkplätze angebunden. Dadurch wird die Liegefläche des Freibads optisch und flächenmässig deutlich grösser. Betriebswege und Besucherströme sind gut voneinander getrennt. Das neue Betriebsgebäude an der Marzilistrasse ermöglicht effiziente Arbeitsabläufe. Die Räume für das Chemielager und die Entsorgung werden geschickt im heutigen Garderobengebäude nördlich der Dampfzentrale eingebaut. Alle Becken werden mit Chromstahl ausgekleidet, der bestehende unterirdische Raum für die Badewassertechnik wird weitergenutzt. Mit einer Rampe über die ganze Beckenbreite des Nichtschwimmerbeckens wird ein attraktiver und zugleich hindernisfreier Wasserzugang ermöglicht. Die Einsehbarkeit der Becken für die Badeaufsicht wird durch das Anheben des Wasserspiegels und die Ergänzung mit Treppen und Rampen bei den Nichtschwimmerbecken grundsätzlich verbessert. Deren Anordnung gilt es in Absprache mit dem Sportamt zu optimieren. In den Erdgeschossen der Badewärterhäuser an der Marzilistrasse 45 sowie an der Aarstrasse 111 sollen Zusatzangebote für die Gastronomie entstehen. Die Hauptgastronomie ist im Eingangsgebäude mit einem Selbstbedienungsangebot an Theken (Freeflow) vorgesehen. Die zweigeschossige Organisation mit der Infrastruktur im Erdgeschoss und dem Hauptangebot an Sitzplätzen im Obergeschoss ist betrieblich nachteilig. In unmittelbarer Nähe der Badewärterhäuser werden die bestehenden Sanitäranlagen ausgebaut und konzentriert. Ein dritter Standort befindet sich an der Nordecke der Paradiesli- Umfassung, ebenfalls ein bereits bestehender Standort. Die Sanitäranlagen werden ausschliesslich in bestehende Gebäude und Kabinen integriert. Das ÖKOTON-Konzept mit den «artenreichen Rändern» stärkt die bestehenden Naturwerte. Zudem sind zusätzliche Pionierflächen, eine Wildhecke und eine naturnahe Umpflanzung der Wasserbecken vorgesehen. Die zusätzlich vorgesehenen, schattenspendenden Bäume könnten sich positiv auf das Stadtklima auswirken. Notwendig wird dazu eine enge Abstimmung mit dem Baumbestand, um eine positive Baumbilanz zu erreichen. Die neuen, nicht unterkellerten Holzbauten mit Solaranlage sind öko- logisch positiv zu bewerten. Mit der leichten Versetzung von Teilabschnitten der bereits geplanten Hochwasserschutzmauer zwischen Dampfzentrale und Bueberkanal kann ein grösserer Grünstreifen entlang der Aare geschaf- fen werden. Das Promenieren am Aareuferweg wird dadurch noch attraktiver. Der Aarehafen mit einer Bogenbrücke analog jener beim Bueber ist sorgfältig gestaltet. Die zu erwartenden Kosten sind allerdings vergleichsweise hoch, und die Geometrie ist strömungstechnisch nicht optimal ausgelegt. Die Anforderungen für die Ver- und Entsorgung und die Rettungsfahrzeuge sind erfüllt. Die Unterflurcontainer werden zum Nebeneingang Aarstrasse 111 verschoben. Die Veloparkplätze sind in den Randbereichen und bei den Nebeneingängen verteilt, wenn auch etwas weiter weg vom Hauptzugang als heute. Ein Grossteil der neugeschaffenen Veloabstellplätze liegt im Bereich des Übergangs von der Dampfzentrale zum Spitz. Die Standorte der Veloparkplätze und des Publibike-Angebots sind in Absprache mit der Verkehrsplanung zu optimieren. Die zu erwartenden Baukosten bewegen sich im Mittelfeld der sieben eingereichten Projekte. Das im Studienauftrag formulierte Baukostenziel von CHF 45,0 Mio. kann eingehalten werden. Die Betriebskosten werden vom Sportamt im Quervergleich als durchschnittlich eingeschätzt. Die vorgeschlagene Etappierung ist plausibel. In einem ersten Schritt sollen Becken und Bädertechnik sowie die Garderoben und Sanitäranlagen erneuert werden. Anschliessend folgt das neue Betriebsgebäude und die Umnutzung der Badewärterhäuser für die Gastronomie. Die dritte Etappe umfasst den Neubau des Eingangsgebäudes und die Anpassungen im Freiraum vom Bueber bis zur Dampfzentrale. Als letzte Etappe ist die Umgestaltung im Bereich des Spitzes mit dem erweiterten Bereich für Spiel sowie Sport und dem Aarehafen vorgesehen. Das auf den ersten Blick unspektakuläre Projekt entpuppt sich, je näher man es betrachtet, als raffinierte, sorgfältige Weiterentwicklung des heutigen Marzilis. Die ausführlichen Analysen, verbunden mit einem sehr guten Verständnis für die vorhandenen Qualitäten und Defizite, bilden die Grundlage für den von den Projektverfassenden gekonnt ausgearbeiteten Vorschlag. Der behutsame Umgang mit dem Bestand und die gezielte Aufwertung, insbesondere an den Schnittstellen zum Quartier, haben die Jury überzeugt. Auch die Wünsche und Bedürfnisse aus der Partizipation werden mit dem Siegerprojekt aus dem Studienauftrag weitgehend erfüllt.