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Projektwettbewerb, Selektives Verfahren | 06/2023

Ersatzneubau Mutthornhütte SAC Sektion Weissenstein (CH)

2. Rundgang

Baserga Mozetti architectes

Architektur

ingegneri pedrazzini guidotti sagl

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Projektverfassenden schlagen einen polygonalen, viergeschossigen Neubau mit einer schuppenartigen, umlaufenden Haut aus oxidiertem Cortenstahl und integrierten Photovoltaikpaneelen vor. Ein sorgfältig geplantes, fein ziseliertes Volumen, dessen Geometrie sich an die Form eines Glimmerkristalls anlehnt. Analog einem erratischen Block wird es an den südlichen Rand des vorgegebenen Plateaus gesetzt. Das Bauvolumen spielt im Spannungsfeld zwischen Orientierungspunkt und Einbindung in die alpine Landschaft.
Die Besuchenden werden zum südlichen, talseitigen Haupteingang in das Untergeschoss gelenkt, Der Eingang wirkt eher versteckt, die Auffindbarkeit ist nicht selbstverständlich. Die Raumorganisation der vier Geschosse ist auf den ersten Blick pragmatisch und um einen zentralen Treppenkern gut strukturiert: Eingang und Nebenräume im Untergeschoss, Aufenthaltsraum und Empfang sowie Küche im Erdgeschoss, Schlafzimmer im Ober- und Dachgeschoss.
Die grosszügige, nach Südwesten gerichtete Terrasse ist direkt vom Aufenthaltsraum aus zugänglich, jedoch nicht von der Küche. Aus landschaftlicher Sicht ist diese Lage für den Sitzplatz nicht ideal, gerade von der beeindruckenden Talsicht ist die Terrasse hier zu stark abgekoppelt. Eine separate Treppe verbindet die Küche mit den Zimmern des Bewartungsteams im Obergeschoss. In Einzelfällen ist die Raumorganisation nicht zufriedenstellend gelöst. Die Lagerräume im Untergeschoss sind z. B. nur über die öffentlich zugängliche Treppe erschlossen, der Geschossunterschied ist betrieblich suboptimal. Der Treppenkern ohne natürliche Belichtung ist unattraktiv, einzig im Erdgeschoss ist ein indirekter Lichteinfall über den Aufenthaltsraum möglich. Dem Fäkalienraum fehlt die geforderte Raumhöhe und ein Innenzugang.
Das statische und gestalterische Konzept wirft, trotz der einfachen, ansprechenden Form, Fragen auf. Der Aushubanteil ist gross, die umlaufende Bodenplatte im Untergeschoss ist an dieser Lage im Hochgebirge kostenintensiv und ermöglicht nicht die geforderte, setzungstolerante Bauweise. Hingegen ist die Gebäudeform günstig in Bezug auf die Ablenkung der potenziellen Steinschlag- und Lawinenkräfte.
Die Befensterungsart der Zimmer und des Aufenthaltsraums ist klar differenziert: vertikale, z.T. als Kastenfenster ausgebildete Schlitze hier, ein raumumspannendes, zum Weitblick in die Landschaft gerichtetes Fensterband dort. Die kleinen Zimmer- und Küchenöffnungen integrieren sich gut in dem geschuppten, facettierten Kubus; das Fensterband im Aufenthaltsraum wirkt hingegen fremd und unbeholfen, es durchschneidet auf eine unglückliche Art das Gesamtvolumen. Die in den Zeichnungen und der Innenraumperspektive nur angedeutete Tragstruktur dürfte in diesem Raum um einiges massiver und raumbildender sein, Angaben zur Beschattung und zum Schutz vor Überhitzung fehlen.
Die gewünschte Wiederverwendung einzelner Bauteile der bestehenden, abzubrechenden Hütte wird nicht thematisiert. Auch dürfte das Material der Aussenhaut die geforderte Sammlung und Nutzung von Dachwasser erschweren. Die berechneten Erstellungskosten liegen trotz der platzsparenden Volumetrie rund 20% über dem angegebenen Kostenrahmen. Insgesamt wirkt das Projekt trotz der ansprechenden Setzung, Volumetrie und den rationellen Grundrissen noch nicht fertig gedacht.