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Einstufiger Projektwettbewerb | 05/2023

Neubau Dreifachsporthalle in Ostermundigen (CH)

Aussenbild, Eingangssituation

Aussenbild, Eingangssituation

Mary Poppins

1. Rang / 1. Preis

Preisgeld: 40.000 CHF

MJ2B Architekten AG

Architektur, Projektsteuerung

Schmid Urbscheit Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Bächtold & Moor AG

Tragwerksplanung

Ingenieurbüro IEM AG

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Städtebau und Architektur:
Das Projekt «Mary Poppins» reiht sich nahtlos an den Bestandsbau und fasst die neue Nutzung in einem Gebäude zusammen. Durch die klare Volumetrie erweitert der Neubau in einer Flucht die vorhandenen Gebäude.
Die städtebauliche Setzung formuliert eine einladende Eingangssitua-tion zur Forelstrasse und schafft eine klare, eigenständige Adressie-rung für die neue Sporthalle. Dem hohen Hallenvolumen wird dabei eine zweigeschossige Raumschicht vorgelagert, die zwischen den verschiedenen Massstäblichkeiten des Kontexts vermittelt. Über den geschaffenen Kopfbereich erfolgt der Zugang in die Sporthalle, mit dazugehörender gedeckter Eingangszone.
Erschliessung:
Die neue Sporthalle soll für den Langsamverkehr im Südosten des neuen Platzes erschlossen werden. Die Zufahrt für Autos und Motor-fahrzeuge wird auf der Seite des Werkhofs stattfinden, was zu einer klaren Trennung zum Langsamverkehr führt. Eine neue Erschlies-sungsstrasse für den Werkhof, welcher direkt von der Forelstrasse zugänglich ist, wurde schlüssig platziert. Der Zugang zu den Kletter-hallen wird für den Langsamverkehr auf der Nordostseite der Parzelle weiterhin erfolgen.
Umgebung und Landschaftsarchitektur:
Der durchgrünte Eingangsplatz mit Sitzgelegenheiten und schatten-spenden Bäumen lädt zum Verweilen ein und empfängt Vereinssport-ler und Schüler der Schule Mösli.
Entlang der Forelstrasse entsteht ein Blumenbeet mit Sträuchern und einheimischen Bäumen, welche zugleich als Abgrenzung zur Strasse dienen. Der gesamte Baumbestand auf der Nordost-, wie auch auf der Südwestseite des Neubaus bleibt erhalten und wird durch Neupflan-zungen ergänzt. Der Fahrweg nordöstlich des Gebäudes wird mit ei-nem befestigten Belag bis zur bestehenden Erschliessung weiterge-führt. Von hier aus werden die gedeckten Fahrradabstellplätze entlang der Nordostfassade erschlossen.
Innere Organisation:
Untergeschoss:
Über eine kurze Zufahrtsrampe werden sämtliche Parkplätze im Un-tergeschoss, welches nur um ca. ein Drittelgeschoss abgesenkt ist, erschlossen. Ein direkter Zugang zum Treppenhaus mit Lift ermöglicht den Zugang zum Eingangsbereich und Sporthalle. Die nötigen Technik-räume für das Untergeschoss sind logisch angeordnet.
Erdgeschoss:
Der zentrale Eingangsbereich mit Buvette/Kiosk ist ebenerdig vom Aussenraum zugänglich und orientiert sich über den gedeckten Ein-gangsbereich zum vorgelagerten Grünbereich hin. Diese Disposition führt insbesondere für ausserschulische Nutzungen zu einer hohen Polyvalenz.
Über die grosszügige, zentrale Treppe wird im Hochparterre das Sporthallenniveau erschlossen. Via Mittelgang erreichen Sportler die individuell erschlossenen Hallen. Die offenen Sprossenwände ermöglichen eine natürliche Belichtung bis ins Rauminnere und sorgen für den direkten visuellen Bezug vom Gang zum Sportbereich.
Sämtliche Geräteräume sind zusammengefasst und vom Hallenniveau aus zugänglich. Dies ermöglicht eine hohe Flexibilität insbesondere bei der Geräteausstattung.
Obergeschoss:
Der Zuschauerbereich mit den Garderoben fügt sich schlüssig auf der Längsseite der Sporthalle an. Durch die strukturelle Überspannung des Zuschauerbereichs wird einerseits ein störfreies Sichtfeld gene-riert und zusätzlich wird der Zuschauerbereich von der Zirkulationszo-ne abgegrenzt. Die Lehrerräume, Toiletten und nötigen Technikräume situieren sich stirnseitig und schliessen somit die Ummantelung schlüssig ab.
Die klare und systematische Aufteilung der Räume ermöglicht den Nutzern eine gute Auffindbarkeit und Orientierung im Alltag.
Materialisierung:
Äussere Erscheinung: Mit seiner Erscheinung nimmt das Projekt die örtlichen Gegebenheiten auf und führt diese weiter. Eine Doppelsteh-falzfassade kleidet den Holzbau ein. Die starke horizontale Gliederung der Geschosse wird durch die Doppelstehfalzfassade in vertikaler Richtung gebrochen und lehnt sich somit an die Fassaden der Be-standsbauten an. Mit dem teilversenkten UG und teils EG in Ortbeton zeichnet sich der Massivbau in der Fassade ab und hilft das grosse Volumen zu gliedern.
Innere Erscheinung: Im Innern zeichnet sich die verwendete Holzkon-struktion ab. Natürlich belassene Holzoberflächen der Struktur und Bekleidungen verleihen dem Hallenraum eine warme Atmosphäre und ein angenehmes Raumklima.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliches / Ortsbauliches Konzept
Das Projekt schlägt ein subtiles Anbauen der neuen Dreifachsporthalle an die Klettersporthallen vor. Volumetrisch wird der Anschluss in deren Traufhöhe von 13m gesucht und als Dachrand der Sporthalle fortgesetzt. Gleichzeitig erlangt die Sporthalle aber Eigenständigkeit dank deren artikulierter Silhouette sowie der Ausformulierung einer zweiseitigen Arkade. Diese strukturiert das Volumen und schafft einen geschickten Übergang zum O-Bloc in Massstab und Nutzung.

Nutzungskonzept, Erschliessung, Auffindbarkeit
Der Hauptzugang erfolgt via Arkade von der Forelstrasse. Entlang dem Weg zu den Kletterhallen werden unter der Arkade gedeckte Velo-Parkplätze angeboten. Diese sind sowohl für die Sporthalle als auch für die Kletterhallen attraktiv. Die Einfahrt in die Einstellhalle erfolgt direkt von der Forelstrasse her ebenfalls über die Arkade. Die Parkierung liegt knapp 1m unter Terrain. Gegenüber einer unterirdischen Anlage werden damit Aushub und Rampenlänge signifikant reduziert. Die Möglichkeiten zur natürlichen Belichtung und Belüftung der Einstellhalle bleiben jedoch ungenutzt. Wenig nachvollziehbar ist auch der ungenutzte Raum zwischen Einstellhalle und O-Bloc, welcher beim Bauen ohnehin entsteht. Garageneinfahrt und Haupteingang liegen etwas nahe beieinander, was vor allem bei Anlässen zu Konflikten führen könnte. Vom gedeckten Eingang gelangt man in die anderthalbgeschossige Eingangshalle, leider ohne Sichtbezug zur Sporthalle. Eine grosszügige Treppe verbindet die verschiedenen Ebenen in einer «Split Level»-Lösung miteinander und führt zunächst auf Hallen-Niveau. Der Geräteraum ist indirekt über die mit Sprossenwänden getrennte Hallenerschliessung mit der Halle verbunden. Darüber in der Arkade befinden sich die Garderoben, welche über die als Zuschauerbalkon genutzte Galerie erschlossen werden. Im Kopfbereich der Halle konzentrieren sich auf diesem Geschoss alle Sanitär-Räume für die Sportler und Zuschauer. Diese Trennung von der Spielebene dürfte für den alltäglichen Betrieb nicht optimal sein. Eine für alle Nutzungen gut platzierte zweite Treppe am Übergang zur Kletterhalle ergänzt die Haupterschliessung.

Architektonisches Konzept
Das grosse Gebäudevolumen wird horizontal geschickt gegliedert. Bei der Fassadengestaltung wird das Thema der Metallverkleidung der Klettersporthallen variiert. Ausnahme bildet die Arkade, welche einen eigenständigen Ausdruck erhält. Der attraktive Halleninnenraum lässt dank einem geschosshohen Fensterband südwestseitig und Oblichtern über dem Zuschauerbalkon eine angenehme Stimmung erwarten. Diese wird unterstützt durch den Einsatz von Holz im Innenausbau.

Aussenraumkonzept
Mary Poppins spannt einen weiten, von einem grossen Blumenbeet deutlich von der Forelstrasse abgegrenzten chaussierten Platz zum überdeckten Haupteingang an der Südfassade auf. Entlang der Nordostseite verläuft der Fuss- und Veloweg zur Bolligenstrasse. Dieser erschliesst gleichzeitig die gedeckten Veloparkplätze. Bäume stehen in den von Sitzgelegenheiten gesäumten Blumenbeeten und spenden Schatten. Die ungedeckten Veloabstellplätze sind etwas unglücklich zwischen Fussweg und Platz angeordnet. Mary Poppins landet auf einem der öffentlichen Nutzung würdigen und grosszügigen Platz mit guter Aufenthaltsqualität, der sich in angemessener Weise zur Forelstrasse abgrenzt, ohne dass dabei die Sporthalle ihre räumliche Präsenz verliert.

Wirtschaftlichkeit
Die geforderten Nutzflächen sind ausgewiesen. Das Projekt weist sowohl im Hallenbereich als auch für die Parkierung viel Verkehrsfläche auf. Dies führt zu einem vergleichsweise hohen, jedoch kompakten Gebäudevolumen. Die prognostizierten Erstellungskosten liegen leicht über dem Durchschnitt. Positiv erachtet das Preisgericht den geringen Anteil an unterirdischem Gebäudevolumen und die grosse PV-Anlage.

Gebäudetechnik
Das Projekt schlägt eine Trennung von Regen- und Schmutzwasser vor. Eine bedarfsgeführte Lüftung wird auch für die Nachtauskühlung genutzt. Die Wärmeverteilung erfolgt bei Niedertemperatur über Heizkörper. Die ergänzenden Deckenstrahler sind zu überprüfen.

Tragwerk
Über einem Sockel in Massivbauweise besteht das Tragwerk aus Holz. Die Dreifachturnhalle wird mit Brettschichtholzträgern überspannt, quer dazu mit einer Brettstapeldecke. Das Hallendach wird über an drei Seiten angeordnete Holzwände ausgesteift. Der Höhenversatz der Dachscheibe zusammen mit den nicht konsequent durchlaufenden Wandscheiben erschwert die Abtragung der Erdbeben- und Windkräfte. Es ist zu überprüfen, ob die Südwestfassade auch zur Aussteifung herangezogen werden kann. Dies würde die Dachscheibenausbildung mit den Oblichtern erleichtern. Alles in allem handelt es sich um ein für diese Aufgabe angemessenes Tragwerkskonzept.

Nachhaltigkeit im Bau und Betrieb
Die Ökobilanz fällt auch durch das nicht über den gesamten Turnhallenperimeter genutzte Untergeschoss insgesamt mittelmässig aus. Ungünstig sind auch die vorgesehenen Metallfenster und die Alufassade. Mit der grossen Photovoltaikanlage dürfte insgesamt ein effizient erzeugter, hoher Jahresertrag erzielt werden können. Die Zielwerte für Erstellung und Betrieb gemäss SIA-Effizienzpfad Energie 2040 werden nicht erreicht, die Anforderungen Minergie-A-ECO sind jedoch erfüllbar.

Würdigung
Die Autor-innen des Projekts «Mary Poppins» versuchen, das «Weiterbauen» der Gesamtanlage mit der Schaffung einer eigenen Identität und Adresse zu kombinieren. Dies gelingt auf überzeugende Weise. Es stellt sich die Frage, wie weit die Gestaltung der Klettersporthallen als «fait accompli» für die neue Dreifachsporthalle von Ostermundigen übernommen werden soll, oder ob sich diese nicht noch selbstbewusster als eigenständiger öffentlicher Bau auszeichnen darf
Innenbild, Sporthalle

Innenbild, Sporthalle