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Offener Wettbewerb | 05/2021

Neubau Sozialversicherungsgericht in Winterthur (CH)

2. Preis

Preisgeld: 50.000 CHF

KARAMUK*KUO ARCHITECTS

Architektur

Schnetzer Puskas Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

Lorenz Eugster Landschaftsarchitektur und Städtebau GmbH

Landschaftsarchitektur

Wirkungsgrad Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

studio durable - Planung und Beratung GmbH

Bauphysik

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit der präzisen Setzung eines gut proportionierten sechsgeschossigen Baukörpers entsteht zusammen mit der Bezirksanlage eine stimmige räumliche Komposition, die mit einem viergeschossigen Erweiterungsbau später selbstverständlich ergänzt werden kann. Die beiden Neubauten gruppieren sich um einen länglichen Platz und erweitern auf natürliche Weise die bestehende Platzsequenz nach Osten. Durch die selbstbewusste, städtebaulich jedoch fein austarierte Präsenz des neuen Sozialversicherungsgerichts entsteht ein subtiler Dialog mit der historischen Bezirksanlage am Park Bühler-Egg. Das Prinzip begrünter Intarsien mit Baumhainen, die mit sorgfältig gewählten Baumarten bepflanzt werden, wird zugunsten der Kohärenz der Gesamtanlage weitergestrickt. Deren Realisierbarkeit würde in Teilen allerdings aufwendige Schüttungen auf der Untergeschossdecke der Garage erfordern und die Grösse der Baumpflanzungen einschränken. Die unvermittelten Übergänge dieses repräsentativen Bereichs zum durchgrünten Saum zwischen Gleisraum und Neubauten sind weniger gut gelöst und die Präsenz der Velorampe und der Parkplätze schmälert die Aufenthaltsqualität des neuen Ankunftsplatzes. Aus der insgesamt überzeugenden städtebaulichen Disposition heraus finden die verschiedenen Zugänge zum Sozialversicherungsgericht auf selbstverständliche Art und Weise ihren richtigen Ort: der öffentliche Zugang zu den Gerichtssälen über den neuen Vorplatz im Süden, Personaleingang und Garagenzufahrt vis-à-vis der Bezirksanlage über den zentralen Aussenraum des «Justiz Campus». Der Versuch, die Garagenrampe in das Gebäudevolumen zu integrieren, wird grundsätzlich begrüsst, allerdings wird die derzeit geplante Rampe den ersten Gerichtssaal kaum kollisionsfrei unterqueren können. Das räumliche Organisationsprinzip des Hauses ist klar und konstruktiv durchdacht. Ein T-förmiges Foyer im Erdgeschoss aus Beton in Kombination mit den zwei Treppenhäusern regelt die internen und externen Personenflüsse und Sicherheitsaspekte auf natürliche Art und Weise. Gerne hätte man diesen Räumen hier vielleicht noch etwas mehr lichte Raumhöhe zugestanden. Über dem halböffentlichen Erdgeschoss entwickelt sich ein vier- bis fünfgeschossiges Atriumhaus mit einer expressiv durchgearbeiteten Innenwelt. Als eigentliches Haus im Haus besteht diese aus den notwendigen Infrastruktur- und Erschliessungselementen und ist als fein ausgearbeitete Raumskulptur in eingefärbtem Beton ausgebildet, die von einer ringförmigen, flexiblen Büroschicht in Holzbauweise eingefasst wird. Eine grosszügige, ab dem ersten Obergeschoss offen geführte Wendeltreppe verbindet alle internen Nutzungen miteinander und unterstreicht den offenen, kommunikativen und gleichzeitig doch intimen Charakter dieses zentralen kollektiven Raumes. Einzelne strukturelle Elemente, wie das sehr komplex ausformulierte Fluchttreppenhaus in Kombination mit dem Liftkern/Dachgartenanschluss, müssten allenfalls noch etwas nachjustiert werden und auch hinsichtlich Brandschutz (Atrium Typ A) wären noch ein paar knifflige Aufgaben zu lösen. Die Verortung des Raumprogramms mit den zentralen Diensten und dem Aufenthalts- und Pausenbereich inklusive Eckloggia im ersten Obergeschoss und den Büros für die Richterinnen, Richter und Gerichtsschreibenden in den darüberliegenden vier Geschossen ist sinnvoll und gut gelöst. Die Fassade schliesslich tritt neben der kollektiven Mitte und dem Holzring als drittes, eigenständiges, räumlich-strukturelles Element in Erscheinung. Durch die bewusste Artikulation der offen ausformulierten Knotenpunkte des feingliederigen Betonstabwerks wird der nichtragende beziehungsweise verkleidende Charakter der Fassadenschicht visuell betont. Zusammen mit den texturierten Blechverkleidungen der Brüstungsbereiche entsteht so ein luftiger und eleganter Ausdruck (allerdings mit einem sehr hohen Glasanteil von fast 70 Prozent!), der im kräftig ausformulierten Dachabschluss einen anständigen Ausdruck erhält. Insgesamt handelt es sich bei diesem Vorschlag um einen städtebaulich und architektonisch wertvollen und auf allen Ebenen gut durchdachten Beitrag, der dem neuen Sozialversicherungsgericht sowohl nach aussen als auch nach innen einen würdigen Auftritt verschaffen könnte