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Offener Wettbewerb | 02/2023

Neues Gemeindehaus in Münsingen (CH)

5. Rang / 5. Preis

Preisgeld: 21.000 CHF

Soliman & Zurkirchen Architekten

Architektur, Landschaftsarchitektur

Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebauliches / Ortsbauliches Konzept

Die Gesamtidee des Projektes folgt der starken Ost-West-Ausrichtung des Ortes. Der Chutzenplatz, der heute eher als Weg, denn als Platz in Erscheinung tritt, wird durch eine geschickte Setzung und Proportionierung eines Ost-West verlaufenden Volumens zu einem Ort. Mit einer Sockelausbildung und einer grosszügigen Treppenskulptur, welche übereck an den Bahnhofplatz anschliesst, gelingt es den Verfasser:innen, aus dem Dualismus der westlichen Bahnhofsituation und des weiter oben gelegenen Strassenzugs des Kreuzweges eine einzige Adresse auszubilden. Der neu entstandene Raum wird mit einer der Längsfassade folgenden Auskragung in seiner Ausrichtung nachgezeichnet und damit verstärkt. Anstelle einer diffusen Wegverbindung ist ein gut erkennbarer öffentlicher Raum entstanden, der in selbstverständlicher Weise auf den Haupteingang des neuen Gemeindehauses hinweist und überraschend gut auch als Aufenthaltsort mit Sitzstufen funktioniert. Folgerichtig werden der Nebeneingang für Mitarbeitende auf der Südseite und die Garagenzufahrt ebenerdig im Westen über den Bahnhofplatz angeordnet.

Architektonisches Konzept

Das Gemeindehaus wird an den Längsfassaden mit ondulierenden Holzmodulelementen konzipiert, welche die Ost-West Ausrichtung des Gebäudes, ähnlich einem Erkerfenster, thematisieren. Die sorgfältig gezeigte Tektonik der Fassaden verleiht dem Gebäude einen adäquaten Auftritt. Der Sockel überbrückt nicht nur die unterschiedlichen Höhenlagen entlang des Chutzenplatz, sondern schliesst das Gebäude sinnvoll zum Bahnhofsplatz ab. Der im Sockel integrierte Zugang zur ebenerdig dahinterliegenden Garage löst mit geringem Tiefbau die Parkierung. Gerade hier nutzt das Projekt seine eindeutige Adressbildung und vermeidet den Konflikt, die Garagenzufahrt mit Haupteingängen kombinieren zu müssen. Der Haupteingang wird innenräumlich mit einem vertikalen Atrium zwischen zwei Erschliessungskernen fortgesetzt. Der östliche Kern priorisiert die internen Verbindungen, die westliche Erschliessung wird für Kundenzugänge genutzt. Das Atrium bleibt jedoch einem repräsentativen Charakter verpflichtet und leistet keinen Betrag für eine interne Vernetzung der Gemeindeverwaltung. Das Untergeschoss, die Erschliessungskerne und die das ovale Atrium umfassenden Geschossdecken sind in Ortbeton konstruiert. Die aussenliegenden Geschossdecken bestehen aus Rippendecken in Holz-Beton-Verbundbauweise. Die Auskragung der Obergeschosse auf der Nordseite wird über die Brettschichtholzunterzüge, welche im Verbund mit dem Überbeton wirken, realisiert. Die Gebäudeaussteifung soll über die beiden massiven Erschliessungskerne erfolgen. Der westliche Kern endet jedoch im Erdgeschoss und wird kaum zur Aussteifung beitragen können.

Landschaftsarchitektonisches Konzept

Der längliche Baukörper orientiert sich in Ost-West-Richtung dicht gelegen entlang der südlichen Parzellengrenze und generiert damit einen ausgedehnten Platzraum zur Nordseite. Auf Höhe Kreuzweg und mit Geschosshöhe über dem Bahnhofsplatz schiebt sich der neue Chutzenplatz in den Raum, begleitet von einer mit dem Terrain verlaufenden Wegverbindung und einer immergrünen Nadelgehölzreihe. Zweiseitig umlaufend wird der Chutzenplatz von einer doppelkaskadigen, in den Hang verlaufenden Treppenanlage gefasst, ab dem Kreuzweg erfolgt die hindernisfreie Erschliessung. Folgerichtig zur Grunddisposition liegen Haupterschliessung mit Adressierung am neuen Chutzenplatz. Dieser legt sich als offene und weitgehend leere Fläche und in einer Ausgestaltung mit sickerfähigem Natursteinbelag vor das Gemeindehaus. Diskutiert werden Fragen zur Dimensionierung, zur räumlichen Erscheinung über dem Bahnhofplatz und seinem ökologisch-stadtklimatischen Wert.

Funktions- und Nutzungsqualität

Die Erschliessung ist übersichtlich und ermöglicht eine einfache Orientierung für Kunden wie für Mitarbeitende. Empfangssituation und Sozialdienste sind betrieblich sehr gut gelöst. Die Büroflächen lassen sich entweder in Kombination mit Kundenschaltern oder über die ganze Raumtiefe nutzen und können mit unterschiedlichen Arbeits- und Raumlayouts bespielt werden. Bei einer Nutzung über die ganze Raumtiefe fallen jedoch die inneren Arbeitsplätze von denjenigen entlang der Aussenfassen deutlich in ihrer Qualität ab. Die Drittnutzung im 2. und 3. Obergeschoss kann gut als Flächenreserve der Gemeindeverwaltung eingesetzt werden. Das gewählte Stützenraster schränkt eine optimale Nutzung der Raumtiefe massgeblich ein. Die Veloeinstellplätze offen in der Garage und in dem vorgeschlagenen Layout unter der Aussentreppe fallen in der Qualität ab.

Energie und Nachhaltigkeit in Bau- und Betrieb

Die Effizienz des Sockelgeschosses und der Tiefgarage sind vorbildlich. Mit Ausnahme des Siegerprojekts ist auch hier wie bei den übrigen Projekten der engeren Wahl der Glasanteil der Fassade zu hoch. Auch bezüglich versiegelter Grundstückfläche schneidet das Projekt im Nachhaltigkeitsrating ungünstig ab.

Wirtschaftlichkeit, insbesondere Bau- und Betriebskosten

Das Projekt bleibt bei der Drittnutzung mit rund 390 m2 unter dem vorgegebenen Soll. Sowohl bei der ober- als auch der unterirdischen Geschossfläche liegt das Projekt unter dem Durchschnitt aller eingereichten Projekte. Die wirtschaftlichen Voraussetzungen werden insgesamt als durchschnittlich eingestuft.

Swing ist ein wertvoller und gut durchgearbeiteter Beitrag. Entscheidende Nachteile sind der zweite Kern, der nicht bis ins Sockelgeschoss geführt werden kann, und die prägnante Figur des inneren Oculus, die zu wenig gut bespielt werden kann. Auf ortsbaulicher Ebene wird auch deutlich, wie der imaginierte Chutzenplatz trotz kompetenter Gestaltung unter der Orientierung nach Norden und der Sprachlosigkeit der gegenüberliegenden Migros-Fassade leidet.