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Einladungswettbewerb | 09/2007

Rathaus Neu-Isenburg

2. Preis

russ und russ architekten

Architektur

mtp architekten gmbh Martin Rudolf, Nana Busch, Erol Örtlek

Architektur

Erläuterungstext



Das Bekenntnis zum Rathaus als ein Fixpunkt für die Geschichte Neu-Isenburgs halten wir für absolut richtig. Angesichts der Tatsache, dass immer mehr Gebäude modernisiert und umgebaut werden, wird der Verlust originaler Bausubstanz immer gravierender. Dies gilt auch zunehmend für die Gebäude der Aufbauphase nach dem 2. Weltkrieg. Daher unser Motto: „Ein Original für die Zukunft“.

Das Rathaus stammt aus dem Jahr 1956. Seine Erweiterung nach Süden aus dem Jahr 1969 und 1981 sowie der Ausbau des 6. OG aus dem Jahr 1981 versuchen nicht sehr glücklich die Architektur des Ursprungsbaus weiterzuführen. Man kann sie als „Jahresringe“ eines wachsenden Rathauses verstehen. Besonders störend empfinden wir allerdings den Ausbau des 6. Obergeschosses. Hier wird von uns ein Abriss und Ersatz durch eine leichte Stahl-Glas-Konstruktion vorgeschlagen, um den Charakter des Luftgeschosses wieder erlebbar zu machen.

Entwurfskonzept
Ziel ist der Erhalt bzw. die weitest mögliche Rekonstruktion der Fassade nicht nur in ihrer Proportion, sondern auch in ihrer Materialstruktur, ihrer Farbe und vor allem in ihrer Plastizität. Daher wurde die Entscheidung getroffen eine Innendämmung zu verwenden. Von Vorteil ist dabei u.a., dass an Gebäude-innen- und -aussenecken keine Konflikte auftreten und Sonderlösungen nicht erforderlich werden.

Maßnahmen aussen
Die Betonkonstruktionen erhalten eine hochwertige Betonsanierung, um die Substanz dauerhaft zu bewahren. Horizontale Betonflächen, wie die Fensterbänke erhalten unauffällige Metallabdeckungen. Die Farbe des sanierten Betons soll entsprechend der damaligen Architekturauffassung wieder betonfarben sein. Die Brüstungsbekleidungen (Fliesen) werden erhalten. Die Fenster werden durch Aluminiumfenster mit 3-Scheiben-Wärmeschutz-Isolierverglasung (Ug=0,7W/m²K) ersetzt. Sie nehmen die weiße Farbe und die Profilierung der alten Holzfenster auf und gewährleisten möglichst schmale Profilbreiten und einen geringen Wartungsaufwand. Die ursprünglichen Stahlfenster der Sonderfassaden (Vorraum Plenarsaal, Büro Bürgermeister, Eingangs- und Treppenhausfassaden, Plenarsaal) werden durch eine neue thermisch getrennte Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Stahl erneuert. Sie erhalten eine 3-Scheiben-Isolierverglasung (Ug=0,7W/m²K) mit, wo erforderlich, neutraler Sonnenschutzbeschichtung. Die Sonnenschutzverglasungen sind somit optisch an die Wärmeschutzverglasungen der Bürofenster angepasst.

Maßnahmen innen
Zur Verbesserung des derzeit unzureichenden Wärmeschutzes der Wandflächen ist eine Innendämmung aus Schaumglas (d=16cm, WLG 040) vorgesehen. Dabei lokal entstehende Wärmebrücken im Bereich von Decken- und Wandanschlüssen wird durch eine stärkere Dämmung in der Fläche entgegengewirkt. (Die Wärmeschutzbe-rechnungen wurden unter Berücksichtigung der Wärmebrücken (Werte in Klammer!) erstellt.) Der Kondensat-bildung im Bauteil wird durch eine dampfdichte Ausbildung der Innendämmung vorgebeugt. Da das Dämm-material Schaumglas selbst dampfdicht ist, braucht keine Folienabdichtung ausgeführt werden. Der Innenputz kann direkt auf das Schaumglas aufgebracht werden. Zur Vermeidung von Kondensatbildung auf Wandober-flächen (insbesondere die Fensterbank-, Sturz- und Laibungsflächen) werden speziell profilierte Aluminiumtafeln als „Wärmeleitprofile“ eingesetzt. Die sehr aufwändigen Berechnungen des Isothermenverlaufs zeigen, dass bei einer Außentemperatur von -10° C die Oberflächentemperatur der Wärmeleitprofile noch + 17° C beträgt (Raumtemperatur + 20° C).

Flächenökonomie
In den Büros gibt es trotz Innendämmung keinen Raumverlust, da die bestehenden Fensterbanktiefen auch mit 16cm Innendämmung und optimierten Heizkörpern nicht überschritten werden. Lediglich die Dämmung der geschlossenen Wandflächen der Ostgiebel von Südtrakt (d=12cm) und Hochhaus (d=16cm) reduzieren die Bürofläche geringfügig.

Sommerlicher Wärmeschutz
Der Sonnenschutz der Fenster und Sonderfassaden wird verbessert. Im Bürobereich sind außen liegende Lamellenraffstores vorgesehen, im Bereich der Sonderfassaden innen liegende Vertikallamellen. Folgende Qualitäten sind geplant:
Verglasung Büros: Energiedurchlässigkeit 50% (g=0,50), bei geschlossenem äußeren Lamellenraffstore nochmals Reduzierung um 25% (Fc=0,25) auf nur 12%
Verglasung Sonderfassaden: Energiedurchlässigkeit von 23% (g=0,23), bei geschlossenem inneren Blendschutz (Vertikallamellen) (Fc=0,80) Gesamtenergiedurchlässigkeit bei ca. 18%
Da am Südgiebel des Westflügels die vor den Fenstern angebrachten Sonnenschutzanlagen sehr störend sind, empfehlen wir auch hier eine Ausführung wie bei den Sonderfassaden.

Winterlicher Wärmeschutz
Die bereits erwähnten, hohen Oberflächentemperaturen sorgen für ein behagliches Raumklima; Zugerscheinungen werden vermieden.

Schallschutz
Aufgrund der 3-Scheiben-Isolierverglasung wird eine ausgezeichnete Schalldämmung erzielt. Wo erforderlich kann diese durch spezielle Wahl des Glases noch weiter erhöht werden.

Wärmeschutzberechnungen
Die Berechnungen der Transmissionswärmeverluste unter Berücksichtigung der Wärmebrücken erfolgten mit dem Programm „flixo“ (Version 5,0) der Firma Infomind. Flixo analysiert 2-dimensionale Bauteilknoten bei stationären Randbedingungen. Flixo ist ein nach EN ISO 10211-1 und EN ISO 10077-2 zertifiziertes Wärmebrückenprogramm. Es wurden zunächst die U-Werte für den ungestörten Bereich und dann die PSI-Werte für die Wärmebrücken berechnet. Abschließend wurde für Horizontal- und Vertikalschnitte der Isothermenverlauf für den Temperaturbereich von – 10° C bis + 20° C berechnet. Die Berechnung sämtlicher Schnitte für den Fall Sanierung zeigten, dass keine Tauwasserbildung auf den Oberflächen erfolgt. Die umfangreichen Berechnungen (50 Seiten) sind beim Ersteller hinterlegt.

Haustechnik
Ökologischer Energieverbund nach optimierter Lösung der Gebäudehülle

Heiztechnik
Da sich der Wärmedurchgang U-Wert (Watt/m²K) durch die Fassadenaufbauten erheblich zum jetzigen Bestand reduziert hat, wurden entsprechende Heizungssysteme unter ökologischen Gesichtspunkten untersucht: Für die Wärmeerzeugung werden 3 Wärmepumpen eingesetzt, die in der jetzigen Heizzentrale zur Ausführung kommen.
Das Potential der Wärme wird aus Erdsonden (ca. 120 m tief) entnommen und den Wärmepumpen zugeführt. Durch die in den Wärmepumpen integrierten Verdichter erhöht sich das Wärmepotential um die elektrische Leistung, so dass die gesamte Leistung dem neuen Heizungsverteiler zur Verfügung gestellt wird.
Der neue Fassadenaufbau ermöglicht wesentlich niedrigere Vorlauf-Temperaturen, kleinere Temperaturspreizungen und die Versorgung der statischen Heizflächen getrennt nach Nutzung. Durch die Aufteilung der Nutzungsbereiche lässt sich durch Zu- und Abschaltung der Pumpen und Heizkreise erheblich Energie einsparen.
Um für die raumlufttechnischen Anlagen, sowie für die Unterstation Plenarsaal ein höheres Temperaturgefälle zu bekommen, ist es notwendig, dass ein Kleinmodul als BHKW, thermisch geführt, mit einem Pufferspeicher dazwischengeschaltet wird.
Durch das BHKW fällt zusätzlich eine elektrische Leistung an, die dem vorhandenen Elektronetz zur Verfügung gestellt werden kann.
Am Pufferspeicher werden gleichzeitig die Vorkehrungen für die spätere Anbindung einer Brennstoffzelle vorgesehen. Brennstoffzellen sind zur Zeit auf dem Markt in der Entwicklung und stellen in der Zukunft eine höhere Effizienz dar.

Kühlung
Durch die Erdsonden wird eine Sohle mit ca. 8-10°C zur Verfügung gestellt, die zur weiteren Kühlung von raumlufttechnischen Anlagen und Kühldecken genutzt werden kann. Da die Kühlsegel in der Praxis mit einer Temperatur vom 17/19°C gefahren werden, muss keine mechanische Kälteanlage dazwischengeschaltet werden.
Die Versorgung der einzelnen Sonderräume geschieht ebenfalls über vorgenanntes System und wird mit einer Temperaturspreizung von 4 Kelvin gefahren.

Verteilsystem
Sämtliche Hauptverteilleitungen des Heizungssystems werden im Untergeschoss Flurbereich an der Decke verzogen und in die einzelnen Steigestränge an den Fassaden eingebunden. Die Hauptversorgungstrassen für das Kühlwasser liegen ebenfalls unter der Decke im Untergeschoss und splitten sich auf in 4 Hauptstränge, von denen aus evtl. Kühldeckensegel angebunden werden können.
Ein weiteres Kühlwasserverteilsystem mit einer tieferen Temperatur wird für die Versorgung der dezentralen Umluftkühlgeräte und Lüftungsanlagen verwendet.
Eine Alternative ist, dass stockwerksweise ein Regelkreis für die Kühlsegel installiert wird und das notwendige Kühlwasser vom Hauptstrang entnommen wird.
Raumlufttechnik
Bei größeren Wärmelasten werden statt Kühlsegel Umluftkühlgeräte eingesetzt, die mit entsprechendem Kühlwasser versorgt werden. Der Plenarsaal wird mit einer neuen raumlufttechnischen Anlage nach den hygienischen Vorschriften der VDI 6022 versorgt einschl. Wärmerückgewinnungssystem mit einem Wirkungsgrad von ca. 90%.
Durch die neue raumlufttechnische Anlage ist eine wesentlich höhere Effektivität gewährleistet.

Mess-, Schalt- und Regeltechnik
Sämtliche Anlagen werden durch DDC-Unteratationen dezentral gesteuert und geregelt und über BUS-Leitungen mit einer übergeordneten Gebäudeleittechnik verbunden. Über die Gebäudeleittechnik kann vor Ort und extern die Überwachung der Anlagen vorgenommen werden.