modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 05/2009

Neubebauung Pelikan-Viertel

Nominierung / Auswahl (B2 und B3) 2. Stufe

ksw | kellner schleich wunderling

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

"Revolution ist, mit möglichst innovativen Mitteln alles beim Alten zu lassen."

Der für das Quartier als "footprint" ausgewählte städtebauliche Entwurf verspricht, zusammen mit dem von Ausloberseite favorisierten Nutzungsmix von Wohnen, Leben, Erholen und Arbeiten im Quartier eine Bebauung, die zeitgemäß die im Rückblick positiven Erfahrungen der Bürgerstadt des 19. Jahrhunderts mit denen der daraus resultierenden segregierten Stadt vereint und zu einem neuen, zukunftsorientierten und nachhaltigen Stadtbaustein zusammenfügt.

Die Gebäude verstehen sich deshalb als Teil eines Ganzen und ordnen sich in ihrer äußeren Gestalt in das Ensemble ein: Höhenstaffelung und Rücksprünge in den Geschossen sind der verdichteten Bauweise des neuen Quartiers geschuldet. Sie sichern den Komfortwohnungen der unteren Geschosse den zum Wohnen unabdingbar notwendigen Wohlfühlfaktor des direkten Sonnenlichteinfalls.
Daraus resultierende Freisitze garantieren neben der jeweiligen optischen Diskretion auch die Möglichkeit der Kontaktnahme und Anteilnahme zwischen Innen und Außen, öffentlichem und privatem Raum. Denn erst die Interaktion zwischen dem ganz normalen Alltag auf der Straße und der individuellen Wohnsphäre hinter den Fenstern oder auf den Freisitzen macht den neuen, urbanen Stadtraum zu einer selbstverständlichen Angelegenheit und trägt so zur Integration und Akzeptanz des neuen Stadtquartieres bei.

Im Inneren spiegelt die Umsetzung des Wohnstilkonzeptes die Vielfalt seiner zahlungskräftigen Bewohner unserer individualisierten Gesellschaft wieder:

Arrangiert um die vertikal notwendigen Installationskerne entfalten die unterschiedlichsten Grundrisskonzepte und Wohnungsgrößen ihre überraschende Wirkung auf Bewohner, Besucher und Wohnungsnachbarn. Das auf den ersten Blick chaotisch anmutende Entwurfskonzept orientiert sich einzig an der optimalen Ausgestaltung der einzelnen Wohnung und der Frage: "Wohnst du noch oder residierst du schon?"

- und das alles unter einem Dach.

Vom konventionellen Grundriss mit gewohntem Verteilerflur, über die Wohnung zum "Drumherumgehen", die Maisonette oder das fließende Raumkontinuum mit zum Teil zweigeschossigen Lufträumen ist alles vorstellbar, was den Städtern in den vergangenen Jahrzehnten im Eigenheim auf der grünen Wiese versprochen und nicht gehalten wurde.

Dabei lässt sich bei genauerem Hinsehen erkennen, dass Größe und Art der Wohnung von der Lage im Quartier und der Lage im Geschoss abhängen, Komfortwohnungen in aller Regel über einen Balkon verfügen, während bei "extravaganten" und "entspannten" Wohnungstypen der ebenengleiche Austritt auf die Loggia als Standard angesehen werden kann.

Liest man sich in die Grundrissstruktur ein, erkennt man schnell, dass einzelne Wohnungsbausteine durch andere ersetzt werden können und somit bis in die Detailplanungsphase hinein noch eine gewisse Flexibilität gewährleistet ist, da erfahrungsgemäß neben der Lage vor allem Ausstattungsstandards der Ausbaugewerke im Inneren den Preis einer Wohnung entscheiden.

Resummee

Die Adresse ist gegeben, für den einprägsamen Charakter und die Unverwechselbarkeit eine tragfähige Raumstruktur entwickelt, für Aneignung und Individualität Raum und Freiheit gelassen. Alle weiteren notwendigen Nachweise der architektonischen Gestaltung und Ausstattung bleiben in Abstimmung mit den Beteiligten des Planungsprozesses einem anderen Maßstab vorbehalten.

"Die Kunst des Fügens , die Baukunst selbst, ist aus den Fugen geraten. Sie kennt fast nur noch die Extreme. Alltag und Ausgleich sind ihr fremd. Im Alltag aber entscheidet sich die Bedeutung einer Kultur, die dem Existentiellen – und nicht dem Artifiziellen – verpflichtet ist.
Baukunst muss mehr Bau denn Kunst sein, muss viel mehr dienend als dominant sein, muss mehr praktisch und regelhaft als außergewöhnlich und theoretisch sein. Die Selbstverwirklichung aber, die heute gerade so lautstark auffällt, wo statt Häusern Zeichensysteme und statt Gebäuden Chiffren errichtet werden, illustriert nur eine überindividualisierte Gesellschaft, die stets das einzigartig Besondere sucht – um viel Vulgäres und Gemeines zu finden."
Gerhard Matzig