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geladener, einstufiger Realisierungswettbewerb | 04/2018

Dorfplatz in Stattegg

Modellbild

Modellbild

Gewinner

Preisgeld: 4.000 EUR

HoG Architektur ZT GmbH

Architektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHER ANSATZ
Unbekanntes regt zur Vorsicht an. Auf diese psychologische Grundveranlagung baut das
Prinzip der Begegnungszonen. Sich umschauen, Blickkontakte suchen, Reaktionen
einschätzen bewirken gegenseitige Rücksicht und Respekt und machen gleichberechtigtes Nebeneinander erst möglich.
Wir wollen daher auf dem Dorfplatz für den „durchreisenden Autofahrer“ eine Atmosphäre
schaffen, die sich besonders deutlich von seinem Reservat der linearen Fahrbahn
unterscheidet. Auf eine kurze Distanz verliert er so die gewohnte Schiene und muss sein
Verhalten, das ihn auf das Streben von A nach B fokussiert, ungewohnten Gegebenheiten
anpassen.
Um diesen Überraschungseffekt zu erzeugen, gilt es die charakteristischen Merkmale der
Straße zu kontrastieren: #Linearität, #2-Dimensionalität und #Asphalt. Wir wählen als
konträren Gegensatz zur linearen Stringenz die Kreisform als primäres Gestaltungselement.
In verschiedener Weise angewendet spannen kreisförmige Elemente einen 3-dimensionalen Raum auf, der sich auch über die Fahrbahn spannt. Die Führung der Straße bleibt im Wesentlichen erhalten, verliert jedoch durch den Materialwechsel auf besenrauen Beton ihre Dominanz in der Fläche des Platzes.

Die Verringerung der Fahrgeschwindigkeit und die Gestaltung des öffentlichen Raumes sind einander wechselseitig beeinflussende primäre Parameter.
Ein großer Ring, in Platzmitte in 4,5 m Höhe von schlanken Stahlstützen abgehängt, erscheint schon aus möglichst weiter Distanz als ein Signal für Aufmerksamkeit – tagsüber durch seine glänzende Oberfläche, nachts in Form eines Lichterkreises. Die definitive optische Schwelle zum Platz bildet der Belagswechsel von Asphalt auf Beton, der bei zu schnellem Fahren auch ein akustisches Signal erzeugt. Die als Kaps ausgebildeten Bushaltestellen sind auf den Platz verlegt. Mit farbigen Bordsteinen markieren sie ebenfalls die Überleitung der Fahrstraße in einen multifunktionalen öffentlichen Bewegungs- und Aufenthaltsraum. Die im Bereich der Haltestellen 18 cm hohen Bordsteinkanten gehen durch eine Anrampung der Fahrbahn verlaufend in 3 cm hohe barrierefreie Fahrbahnbegrenzungen über.

Die Markthalle, eine mit Rank-Seilen bespannte grüne Pergola und die Wartehäuschen für
den Bus sind ebenfalls aus der Kreisform entwickelt und erzeugen einen fröhlich verspielten Gesamteindruck. Ihre Anordnung nimmt funktionell Bezug zu den umgebenden Gebäuden und lässt freien Raum für vielerlei Aktivitäten.

FREIRAUMGESTALTUNG
Der gestalterische Ansatz für den bestehenden Platz geht davon aus, dass in einer sehr stark landschaftlich geprägten Umgebung die für einen Dorfplatz gewünschte Zentralität nur durch eine konträre Gestaltung erzielt werden kann. Wir nehmen dieses Prinzip auf und verdichten es zu einer urbanen Begegnungszone. Die bestehenden quadratischen
Betonplatten, die durch Leisten aus Holzstöckelpflaster geteilt sind, bleiben daher das
durchgehende Gestaltungsmotiv für die Platzoberfläche. Das Muster wird an strategischen Stellen, die für Fußgeher-freundliche Mobilität erforderlich sind, durch neue Platten ergänzt, wobei die quadratische Teilung jedoch mit dünnen gefrästen Fugen nachgezeichnet. Im Bestand betonen zwei parallele Baumreihen den Straßenverlauf. Diese noch jungen Bäume werden in mehrere kleine, quer zur Straße gestellte Gruppen umgepflanzt. Zur Verstärkung der Torwirkung werden vor dem Kindergarten und anschließend an das Altenheim je eine Gruppe von mehreren hochstämmigen Bäumen (z.B. Schnurbaum, Saphora japanica oder Gleditschie, Gledicie triacanthos) gepflanzt. Für die Baumscheiben werden bestehende Betonquadrate abgebrochen und mit Holzstöckelpflaster auf die erforderliche Größe befestigt.
Vorhandene Grünflächen werden insbesondere vor dem Kindergarten so ausgeweitet, dass nur die tatsächlich für den Fahrverkehr erforderlichen Asphaltflächen übrig bleiben. Die Zufahrt zur Markthalle bleibt wie bisher.

BAUKÜNSTLERISCHE QUALITÄT
Das architektonische Grundprinzip des bestehenden Dorfplatzes mit seinen umgebenden
Bauten sowie die gute Qualität der Ausführung bilden für die neue Gestaltungsaufgabe eine wertvolle Ressource. Unsere Intervention konzentriert sich daher darauf, mit
überraschenden neuen Elementen dem Platz den Charakter des Besonderen zu geben. Im Vordergrund steht das Ziel, für die Bevölkerung von Stattegg einen öffentlichen Raum zu kreieren, der dazu einlädt, hinzugehen und sich dort nicht nur bei Veranstaltungen sondern alltäglich aufzuhalten. Die neuen Gestaltungselemente sollen gleichermaßen visuelle Attraktoren wie funktionelle Bereicherung sein.

Der große Ring bildet - einer imaginären Zirkuskuppel vergleichbar - das Zentrum des Platzes. Von 8 schlanken Stahlsäulen abgehängt gibt er dem Dorfplatz eine eigenständige Identität und macht den Platz zum Raum. Bei Dunkelheit erzeugen punktförmige Lichtquellen einen Sternenhimmel und eine zentrale Ausleuchtung des Platzes.
Die Markthalle in Form eines kreisförmigen Daches ist als Treffpunkt und Aufenthaltsraum
vor allem für Junge gedacht. Frei aufgestellte Sitzgelegenheiten und einzelne Markttische
sind das mobile Mobiliar. Das geschlossene Segment dient als verschließbarer Lagerraum für wertvolle Infrastruktur. Verschiebbare Elemente können als Windschutz hervorgeholt oder hinter dem Lagerraum abgestellt werden. Das Dach wird von zwei Stahlträgern, die sich auf das Lager und zwei schlanke Säulen stützen und dazwischen gespannten, miteinander verschraubten Kassetten aus Stahlblech getragen.

Die grüne Pergola gleicht einem traditionellen Pavillon und bietet im Sommer einen von
rankendem Grün umgrenzten schattigen Sitzplatz in der Nähe des Altenheimes. Vertikal
gespannte Stahlseile verdichten sich horizontal zu einem Netz und bilden das Rankgerüst für Wand und Dach. Die halbkreisförmige Sitzbank ist aus massivem, harzfreiem Birkenholz.

WIRTSCHAFTLICHKET DER ERRICHTUNG UND ERHALTUNG
Die Beibehaltung wesentlicher Teile der bestehenden Platzoberfläche und deren partielle
Ergänzung in gleichem Material ist eine wichtige Voraussetzung, das vorgegebene Kostenziel zu erreichen und die geplanten Investitionen auf zusätzliche Gestaltungs- und
Funktionselemente zu lenken. Die Ausbildung von Fahrbahnoberflächen in Beton hält sich
gegenüber Asphalt in einem wirtschaftlich sehr vertretbaren Rahmen, wenn die
Dauerhaftigkeit mitkalkuliert wird. Vor allem stark belastete Bereiche wie Bushaltestellen
werden standardmäßig so ausgeführt.
Die vorgeschlagenen Gestaltungselemente sind so konzipiert, dass kaum Wartungskosten
anfallen. Der Lichterkreis wird mit LED-Leuchtmitteln ausgestattet und deckt bereits
zumindest einen Teil der nicht mit zu kalkulierenden Platzbeleuchtung ab.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulicher Ansatz. Das Projekt zeichnet sich durch den unkonventionellen Ansatz aus, der sich erst durch die Betrachtung der einzelnen Maßnahmen in seiner Qualität erschließt. Die Gliederung des großen Platzbereichs durch kreisförmige Elemente definiert Aufenthalts‐ und Aufmerksamkeitszonen und bewirkt zugleich eine sehr effektive Form der Bewegungsführung. Ein großer Ring in Platzmitte fungiert als Lichtinstallation, eine runde Pergola vor dem Generationenhaus schafft einen attraktiven Aufenthaltsraum, und auch die Marktüberdachung kann in einem runden Bauwerk äußerst effektiv organisiert werden.

Verkehrstechnische Lösung.
Durch die Setzung der äußerst zarten baulichen Elemente wird ein nachhaltig irritierender Effekt für die Autofahrer ausgelöst, was eine Verlangsamung des Verkehrs bewirkt. Alle Elemente der Bewegungsführung werden räumlich ausgeprägt, wodurch sekundäre Maßnahmen der Verkehrslenkung nicht erforderlich sind.

Auflagen für die weitere Bearbeitung.
- Abbruch des bestehenden Lagers und Integration in das neue Lager innerhalb des
Marktdachensembles, wodurch sich das Lager insgesamt ein wenig vergrößert.
- Ausführung des Dachs derart, dass das Lager und die Überdachung umseitig zur Gänze (temporär) verschlossen werden können.
- Angemessene Vergrößerung des überdachten Marktbereichs.