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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2019

Innenstadt am Wasser in Nordhorn

Anerkennung

Preisgeld: 2.500 EUR

LINDSCHULTE Ingenieure + Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Mit der Hinwendung zur Vechte im Rahmen des Stadtplanungsprojektes “ Nordhorn – Innenstadt am Wasser “ betont die Stadt Nordhorn die besondere Lage und Atmosphäre zu einem maritimen Stadtraum. Prägnante Orte wie der Stadtstrand, das Nord“Horn“, das Europahaus und das Torhaus am neuen Nordhorner Hafen reihen sich aneinander und ziehen den Blick auf Wasser und Weite. Das Freiraumkonzept greift die historisch gewachsenen Gebäudestrukturen und deren Wegeverbindungen auf und entwickelt um einen, die Quartiersmitte betonenden zentralen Hafen eine modellierte Landschaft „Grüner und befestigter Freiräume“. Während der neue Hafen, der zukünftig bis zu 30 Liegeplätze für Touristenboote bietet und den neuen Anlegersteg für die Rundfahrboote aufnimmt, mit seinen langen, die Form des Hafenbeckens nachzeichnenden Sitzelementen zum Verweilen einlädt, schaffen umlaufende Freiflächen offene Räume, um sich zu lebendigen Promenaden und Platzflächen zu entwickeln. Im Zusammenhang mit der für die Stadt Nordhorn typischen zwei bis dreigeschossigen Gebäudearchitektur am neuen Hafen stellen die Promenaden, Stege, Plätze und Grünräume einen unmittelbaren Bezug zum Wasser her, eine wechselnde Landschaft in einem menschlichen Maßstab, die den Menschen näher an das Wasser und seine Atmosphäre heranbringt. Das typische und prägende Motiv bildet neben dem neuen ´Nordhorner Hafen´ die elegante Biegung der beiden von Norden nach Süden verlaufenden Uferseiten. Sie werden differenziert gestaltet, reflektieren die unterschiedlichen Bebauungen innerhalb des Geländes, korrespondieren mit den verschiedenen Nutzungen und werden zu abwechslungsreichen kleinen Milieus innerhalb eines prägnanten städtebaulichen Architekturrahmens geformt. Eine klare steinerne und gestufte Erschließungskante, dem sog. ´Schlemmersteg´, im Westen als Fortsatz der Torbrücke mit der bestehenden alten Kaimauer, steht im spannungsvollen Kontrast zu der weichen, mit grünen hügeligen Inseln überlagerten Kante, dem sog. ´Stadtstrand´. Die Anlegestelle der „Jantje“ wird in Richtung Süden zum Nord“Horn“ verlegt, ein neuer Blickfang an der Marienburgbrücke mit der Bastion am Hafenbecken. Der Bereich des Stadtstrandes wird auf Wasserebene herabgesenkt, der sich hier anschließende höhergelegene Strandboulevard mit seinem flankierenden Baumbestand verliert seine Umfassungsmauern und gewährt so den Blick vom Alten Markt, mit der Ev. ref. alten Kirche im Osten, auf die Wasserfläche mit der dahinterliegenden Stadtsilhouette im Westen. Ist die Promenade heute eher optisch eine Barriere, wird sie im nun im Zusammenspiel mit dem Alten Markt ein Fenster zum Wasser. Die Marienburgbrücke wird in ihrer Substanz und Lage durch das Nord „ Horn“, ein Konglomerat, geformt aus dem Stadtwappen und dem Logo der Stadt Nordhorn, gestärkt und stellt die wichtige Verbindungsachse zwischen Altstadt und neuem Hafen dar. Der neue Hafen mit dem Europahaus, dem Torhaus und der neuen Anlaufstelle für den VVV wird, unterstützt durch die gastronomischen Einrichtungen im Erdgeschoss der Gebäude, zu einem Ort, der zum Besuchen und Verweilen einlädt. Mit seinen Arkaden und Gassen verschmilzt der Hafen mit dem Alten Markt und den sich hier anschließenden Stadträumen. Die Höhenlage des alten Marktes wird in den Stadthafen übertragen, störende Treppenanlagen werden hier geschliffen. Der alte Markt wird im Süden über das Europahaus, ein Ort der Verständigung und Begegnung unterschiedlicher Nationen, und dem Eventcafe neu gefasst. Das Eventcafe, ein eingeschossiger Marktpavillon mit Glasfassade, überspannt den Marktplatz mit einer prägenden textilen Bedachung. Unter dem schwebenden Dach findet die neue Bühne ihren Platz und lädt zum Public Viewing ein. Die flankierende Seite des Cafes im Norden bildet mit der Musikschule und der alten Kirche den sog. Musikplatz, ein Ort der Bewegung. Der historische alte Brunnen, an seinem neuen Standort, dient hier als Vermittler zwischen Alt und Neu. Im südlichen Abschluss des neuen Hafens findet das Bootshaus seinen Platz. Es beherbergt im Untergeschoss, von der Vechte befahrbar, die Rundfahrboote für die Touristen. Der Entwurf schlägt für den neuen Hafen eine angemessene Dichte vor, um im Hafenquartier beispielsweise ein Zukunftsfenster für Forschung, Technologie und Innovation zu integrieren. Zur CO2 neutralen Versorgung der neuen Gebäude mit Heizenergie könnte das Flusswasser ( Hafenwasser ) der Vechte in Kombination mit einer Wärmepumpe als Energiequelle genutzt werden. Um den charakteristischen Hafenbogen räumlich zu stärken und den Blick von der Altstadt nach Osten zur Vechte zu fokussieren, befindet sich am östlichen Rand des Hafens das sogenannte Torhaus. Eine Gebäudeeinheit, die als Vermittler und Zeichen zwischen Hafen und den angrenzenden Stadtquartieren dient. Das hier bestehende Pumpenhaus wird in die neue Gebäudeeinheit integriert. Die Sitzstufenanlage im Hafen erinnert in Teilen an ein Amphitheater und wird mit einer zurückhaltenden Beleuchtung durch LED-Leuchten im Unterschnitt der Sitzstufen spektakulär akzentuiert. Ein gläserner Aufzug stellt den barrierefreien Zugang zu den Anlegestegen sicher. Von Süden aus betrachtet bildet eine ausgeprägte Horizontale, der Wassersteg, eine befestigte Wege- und Verweilfläche mit darüber liegender grüner Böschung die Basis für die senkrechten Kirschbäume an der Parkpalette Vechteinsel. Der hier gewonnene Freiraum bietet, im Zusammenhang mit der Wasserfläche, den Beschäftigten und Bewohnern im Viertel eine hohe Aufenthalts- und Lebensqualität. Gegenüberliegend wird das Vechteufer als offen gestalteter Grüner Raum mit Solitärbäumen und Rasenflächen ausgebildet. Wege und Gassen mit unterschiedlichen Baumbepflanzungen komplementieren das Angebot öffentlicher Räume im neuen Quartier.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Arbeit gelingt es, durch im Maßstab richtig gesetzte, bauliche und landschaftsarchitektonische Interventionen, die Leitidee 'Nordhorn _ Innenstadt am Wasser' umzusetzen.
Es werden unterschiedliche 'Erlebnisplätze' entwickelt, die sich in die vielfältigen Wegebeziehungen einordnen und neue anbieten. Der Alte Marktplatz wird in seiner baulichen Ausformung weitgehend erhalten. Auf der bisher als Parkplatz genutzten Fläche wird ein 'Event-Café' positioniert, das ein Gegenüber zur Musikschule, dem Alten Rat-haus bildet und so den neuen Platz, den 'Musikplatz', formuliert. Die bauliche Ausformung als große Dachkonstruk-tion wird kontrovers diskutiert, gerade auch bezüglich ihrer Fähigkeit als Raum- / Platzkante zum Alten Markt zu funktionieren.
Die Entwicklung eines abgesenkten Stradtstrandes am Übergang vom Marktplatz zur Vechte wird positiv bewertet, es kann sich hier an der Sonnenseite ein spannender, neuer Ort im urbanen Kontext Nordhorns entwickeln, der vor allem auch nichtkommerzielle Angebote bietet.
Der neue Stadthafen ist in seiner Lage in der Verlängerung der Synagogenstraße richtig gesetzt. Er bietet neue, vielfältig nutzbare Orte an, das vorgeschlagene 'Nord-Horn' als Akzentuierung der Brücke scheint allerdings ver-zichtbar. Das Hafenbecken selbst kann die gewünschten Anforderungen wie Tretboothafen und Anlegestelle der Rundfahrtboote gut aufnehmen. Der Verzicht auf eine Hafenbrücke als schnelle Verbindung zwischen Park-haus und Innenstadt wird unterschiedlich bewertet. Der Verzicht unterstreicht aber besonders die Ausformung des Ha-fens als Erweiterung der visuell erlebbaren Wasserfläche von der Innenstadt kommend.
Die hochbauliche Fassung des Hafenbeckens ist in seiner Figuration überzeugend, wird in seiner Maßstäblichkeit gerade im Übergang zum Alten Marktplatz aber als maßstäblich zu klein bewertet. Ansonsten werden die räum-lichen Angebote für den VVV und die Bootsgarage sehr gut verortet.
Insgesamt entwickeln die Verfasser durch ihre sensiblen Eingriffe spannende Raumfolgen, die dem Duktus der Nordhorner Stadträume folgen und vielfältige neue Orte entstehen lassen.
Der Flußraum wird geschickt inszeniert, der 'Stadtstrand' und der 'Schlemmersteg' sind richtige Antworten auf die gewünschte Angebotsvielfalt. Der Alte Marktplatz ist für die Marktnutzung und als Eventfläche gut geeignet. Die alte evangelisch-reformierte Kirche bleibt gut sichtbar und so in ihrer einzigartigen Raumwirkung erhalten.