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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2020

Schlachthofquartier in Offenburg

Schlachthofquartier Offenburg - Kreatives Arbeiten und Wohnen am Mühlbach

Schlachthofquartier Offenburg - Kreatives Arbeiten und Wohnen am Mühlbach

3. Preis

Preisgeld: 15.000 EUR

SEETAL Susan Eipper et al. Architektur und Stadtplanung

Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Die geplante Umnutzung des ehemaligen Schlachthofgeländes im Baden-Württembergischen Offenburg, in zentraler Lage nahe der historischen Altstadt, eröffnet die Möglichkeit, diesen Teil des urbanen Raums zukunftsweisend, den gesellschaftlichen Prozessen angepasst und entsprechend den lokalen Gegebenheiten stimmig zu entwickeln.

Die Formung eines Kreativ- und Kulturwirtschaftszentrums (KuK) schafft neue urbane Nutzungen und aktiviert Ressourcen im wachsenden Wirtschaftszweig der kreativen Industrien.

Dieser Querschnittsbereich aus Produktions-, Dienstleistungs- und Handelssektoren weist eine heterogene Struktur aus Klein(st)unternehmen auf, deren Erfolg auf innovativen Denkansätzen und interdisziplinärer Zusammenarbeit fusst.

Das Leitbild der hier vorgestellten Konversion ist
- eine stark diversifizierte, durchlässige Struktur zu bilden, die durch räumliche Gestaltung unvermittelten Austausch zwischen den Nutzungen fördert. Die so entstehenden Synergieeffekte sind der Stimulus für eine möglichst hohe Funktionalität und Produktivität des KuKs.
- die historische Bausubstanz zu bewahren und zu beleben.
- das Gebiet, unter Berücksichtigung ökologischer Gesichtspunkte, durch gezielte lokale Anbindungen und städtebauliche Setzungen mit einer starken Identität ausgestattet, in das urbane Umfeld zu integrieren und selbiges durch seine städtebaulichen Qualitäten und Nutzungsangebote zu bereichern.

Das neue Schlachthofquartier in Offenburg ist in klare unabhängige Bauabschnitte gegliedert. Sie gruppieren sich nach Nutzungsarten und erlauben eine sukzessive Entwicklung des Gebietes. Synergien entstehen innerhalb und zwischen den jeweiligen Nutzungen.

Das historische Schlachthofgebäude dient neben seinem nutzungsbezogenen Zweck auch als Orientierungsbau. Es steht im Mittelpunkt des Gebietes und die quartiersinternen wichtigen Nord-Süd- und Ost-West-Verbindungsachsen treffen sich im multifunktionalen Foyer dieses Gebäudes. Somit erhält das Gebäude die Funktion eines wichtigen Verbindungselementes.

Die östliche Grenze des Quartiers ist vom Mühlbach definiert. Erhöhung der Aufenthaltsqualität dieses Raumes ist Hauptaufgabe des Entwurfes in diesem Bereich. Hier entsteht als Fortführung des Mühlbachgrünzuges eine Promenade am Mühlbach, die gleichzeitig das Areal mit den umgebenden Stadtteilen verbindet.

Der westliche Quartiersrand benötigt aufgrund der angrenzenden Nutzungen und Erweiterungsoptionen zwei sequenzielle städtebauliche Ansätze. Die nördliche Seite hat eine geschlossene Raumkante nach Westen während der südliche Teil durchlässig gehalten ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser gliedern das Gesamtquartier in zwei Sequenzen, dem eigentlichen KuK-Quartier im Süden am denkmalgeschützten Schlachthofgebäude und einem nördlichen Wohnquartier mit ergänzenden gewerblichen und sozialen Nutzungen. Diese beiden eigenständig für sich stehende Quartiere sind sowohl von ihrer städtebaulichen Figur als auch ihren Nutzungszuordnungen klar getrennt, werden aber verbunden durch eine Zwischenzone aus zwei neuen Solitärgebäuden sowie dem ehemalige Schalthaus nördlich.

Im Westen schlagen die Verfasser eine neue Erschließungsachse vor, die jedoch nicht komplett durchfahrbarsein soll. Im Quartiersinneren gibt es nur unter geordnete Erschließungen auf shared spaces. Für den Fußverkehr werden über eine lockere Abfolge von öffentlichen und halb-öffentlichen Räumen attraktive Wege angeboten.

Das für das KuK abgefragte Raumprogramm konzentriert sich auf den denkmalgeschützten Hauptbau und westlich davon liegende II-IV geschossige Modulbauten. Größere Flächen werden nur im Solitär im Zwischenbereich vorgesehen. Diese orientieren sich an der Grundfläche des denkmalgeschützten Pumpenhauses und
nehmen dieses in ihre Mitte. Diese Module bergen Räume und auch Freiräume gerade für kleinere start-ups.

Die Module wären auch als gestapelte Container gut vorstellbar und geben dem KuK einen experimentellen Charme, der Innovation und Kreativ fördern kann. Den südlichen Abschluss bildet einer neuer Riegel an der Wasserstraße, der an die Freibank anschließt und selbstverständlich in die neue westliche Erschließungsachse leitet.

Wohl proportioniert ist der KuK-Platz am nördlichen Hauptportal des Schlachthofs, der auch die Verbindung zum nördlichen Wohnhof durch eine lockere Wegeführung selbstverständlich ermöglicht. Hier liegen mit Veranstaltungsstätte und weiteren öffentlichen Nutzungen attraktive Bereiche für die Aneignung und Nutzung der angebotenen Räume für die Öffentlichkeit. Dazu müsste jedoch auch der Sonderbau für die „Industrie 4.0“ als Teil dieses Ensemble zwingend mit attraktiven, öffentlichkeitsbezogenen Nutzungen im EG belegt werden. Zu kritisieren ist die Dimensionierung des Parkhauses als westlicher Abschluss der Zwischenzone, insb. hinsichtlich der Höhenentwicklung. Dadurch wird dieses Funktionsgebäude zu einer bestimmenden Dominante im Quartier, die ihrer Nutzung so nicht zukommt, auch wenn die Verfasser gerade in den Erdgeschossbereichen eine Belegung mit gewerblichen Nutzungen, Mobilitätsangeboten zur Belebung vorsehen. Für die Integration
des Tafelladens ist die Fläche deutlich zu klein dimensioniert.

Auf der Ostseite schlagen die Verfasser auf Höhe des Haupteingangs zum Schlachthof ein siebengeschossiges Punkthaus vor. Dieses wird grds als städtebaulich gut vorstellbare Setzung angesehen, da hierdurch zwei gut proportionierte Freiräume entstehen, die den vorhandenen Baumbestand weitestgehend integrieren. Als
Punkthaus erschlägt dieses Gebäude jedoch gleichsam seine Umgebung und ist für die von den Verfassern gewollte Adressbildung nicht erforderlich.

Das nördliche Quartier ist in seiner städtebaulichen Figur aus Zeilen zum Mühlbach und einem geschlossenen Blockrand nach Westen und Norden als Wohnquartiert gut vorstellbar. Dazu trägt auch der Innenhof mit dem innenliegenden Mehrgenartionenhaus mit Kita bei. Letztere wäre aber bereits im ersten Bauabschnitt notwendig. Allerdings ist die vorgeschlagene Integration von gewerblichen Nutzungen im EG kaum vorstellbar. Ziel
der Ausloberin war jedoch explizit nicht die Entwicklung eines Wohnschwerpunktes. Der Nordbereich fungiert daher leider nicht als Ergänzung und potenzieller Entwicklungsraum für das KuK.

Die Freiraumgestaltung und das Angebot an nutzbaren Freiräumen sind insgesamt angemessen. Die Fortführung des Mühlbachpromenade ist konsequent in der angebotenen, abschnittsweise unterschiedlichen Gestaltung mit Sitzstufen, einer Mühlbachterrasse und sehr grünen Bereichen sehr gut vorstellbar. Allerdings lässt
die gewählte Anbindung der Erschließungsstraße im Norden an die Freiburger Straße keine Fortführung dieses schönen Ansatzes zu.

Insgesamt kann die Arbeit vor allem im südlichen eigentlichen KuK-Bereich und durch das Angebot an vielfältigen, gut proportionierten öffentlichen (Frei-)Räumen überzeugen. Im zentralen Zwischenbereich wäre ein stärkeres Angebot an öffentlichkeitswirksamen Nutzungen gewünscht gewesen. Im Abschnitt Nord wird die starke Ausrichtung auf eine Wohnnutzung hinterfragt. Hier fehlt das Potenziale für künftige KuK-Erweiterungen.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschossplan

Erdgeschossplan

Freiraumkonzept

Freiraumkonzept

Erschließungskonzept

Erschließungskonzept

Bauabschnitte und Nutzungsgruppen

Bauabschnitte und Nutzungsgruppen

Nutzungen

Nutzungen

Ansicht Wasserstraße

Ansicht Wasserstraße

Ansicht Mühlbachpromenade

Ansicht Mühlbachpromenade

Schnitt BB

Schnitt BB