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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2020

Wohnbebauung Friesenstraße/An der Waldesruh in Mönchengladbach

1. Preis

Preisgeld: 25.000 EUR

bolzen + mehring architekten bda GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Identität schafft Heimat.
Neben der Schaffung von neuem Wohnraum steht vor allem die Wiederbelebung eines über mehr als 100 Jahre sehr lebendigen Schulareals inmitten des Mönchengladbacher Ortsteiles Giesenkirchen im Vordergrund.
Die drei ortsprägenden Denkmäler sind Bestandteil eines ehemaligen Schulkomplexes und wichtiges Zeichen der Zeit im architektonischen wie auch gesellschaftlichen Sinne. Eine behutsame Sanierung der historistischen Gebäude, die Addition von verbindenden Bauvolumen und die Schaffung von neuen Baukörpern transportieren das Areal in die heutige Zeit ohne den Charme der Geschichte zu verlieren.

Energieeffizienz und Nachhaltigkeit spielen bei Investoren wie auch Nutzern eine immer größere Rolle. Übersetzt in den Bausektor sind hier vor allem Faktoren zu nennen wie: Nutzen von Bestand durch Sanierung bzw. Aufstockung, Vermeidung von Flächenversiegelung für ruhenden Verkehr, bedachte Wahl ressourcenschonender, beständiger Materialien mit der Chance zur Rückführbarkeit in den Wertstoffkreislauf (Cradle-To-Cradle) nach Ende der Nutzungsdauer.

Die vorgefundene Materialität der Baudenkmäler, als prägende Charakteristik des Ortes (genius loci), wird aufgenommen und findet sich in den Ensemble-Ergänzungen wieder. Die Klinkerornamentik der historischen Gebäude wird abstrahiert in eine moderne, sich zurücknehmende Formensprache überführt. Es entstehen neue Fassadengliederungen. Die Gebäudehöhen der Ergänzungsbauten nehmen sich dabei jeweils zurück und setzen sich durch Flachdachausbildungen vom Bestand ab. Die bedeutenden Klinkerfassaden der Baudenkmäler bleiben erhalten, eine energetische Sanierung erfolgt über eine Innenraumdämmung.
Neben der langlebigen Materialität der Gebäude zeichnen diese sich durch den zurzeit modernsten, energetischen und bautechnischen Standardaus. Der Einsatz erneuerbarer Energien, das begrünen von Dächern und Tiefgaragengehören dabei ebenso zum Entwurfskonzept, wie auch die Beachtung des Verkehres. In größtmöglichem Umfang werden die parkenden PKW unter die Erde gebracht: Weniger Metall mehr Biodiversität! Zudem bieten großzügige, helle Flurgassen und überdachte Außenräume sichere Abstellplätze für Fahrräder.

Von den Baudenkmälern ausgehend bilden Sicht-wie auch Wegeachsen das konzeptionelle Rückgrat des Entwurfes. Über das Plangebiet des ehemaligen Schulkomplexes hinaus schaffen Fußverbindungen und die Verkehrsberuhigung vis-à-vis Ursprungsschulgebäudeseine Integration der gegenüberliegenden Bebauung und der vorhandenen Grünzone. Der Pflasterbelag der Wege durchzieht die breiten Flurzonen und wird somit zum Entwurfsthema –eine Verbindung von Innen und Außen, die Vermeidung dunkler Zonen und die Einbeziehung von Fahrradabstellmöglichkeiten in den Gesamtkontext.
Über das Element des Holzbaukörpers als Bindeglied setzen sich die Neubauten von den Bestandsgebäuden ab. Die wiederkehrende Rhythmik schafft ein Motiv, das -übertragen auf den Ideenteil 2 -mit den 50er Jahre Quartier „An der Waldesruh“ einen Dialog eingeht.
Die vorhandenen, prägenden Grünstrukturen werden mit Pflanzungen und wassergebundenen Wegen und Sitzgelegenheiten zu Orten für Freizeit und Erholung.

In seiner Gesamtheit erfährt das Gebiet eine Revitalisierung und schafft mit 38 Wohneinheiten Identität für den Standort Giesenkirchen und die Stadt Mönchengladbach.

Wohntypologien und Grundrisskonzeptionen.
Das Entwurfskonzept sieht eine Mischung aus Stadthäusern (Wohnen über zwei Ebenen) und Geschosswohnungen in unterschiedlichen Größen vor. Das Einbinden von Aufzügen, zum Teil von der Tiefgarage bis in das oberste Geschoss, und die Beachtung von barrierefrei konzipierten Räumen adressiert unterschiedliche Bewohnerstrukturen. Aktueller denn je, ist die Erkenntnis, dass sich ein positives Arbeitsumfeld auf das Wohlbefinden und die Produktivität von Mitarbeitern auswirkt, auf das zukunftsorientierte Wohnen zu übertragen. Die Gesundheit und Leistungsfähigkeit des Einzelnen gilt es ebenso in den eigenen 4 Wänden zu fördern. Die Grundrisskonfigurationen ermöglichen ein flexibles und agiles Arbeiten aus dem home office. Es gilt ein Wohn-, Arbeits-und Lernumfeld zu erschaffen, in dem ein stetig gesundes Raumklima herrscht. Im Sinne einer akustisch optimierten Planung wurde auf Fensteröffnungen zur Friesenstraße hin größtenteils verzichtet.
Die unmittelbare Sichtverbindung von Innen nach Außen, die maximierte Einbeziehung von Tageslicht z.B. über Lichtschächte und Lufträume sowie das Schaffen von privaten Außenräumen sind dabei die weichen Faktoren, die die Lebensqualität steigern.

N1
Insgesamt sind in dem unterkellerten Neubau 8 Wohnungen auf drei Ebenen wie auch der Keller mit Technik, Gemeinschaftskeller und Abstellräumen barrierefrei erschlossen. Die 2-und 3-Raum-Wohnungen haben eine Fläche von ca. 60 bis 83 m² zzgl. Außenflächen.

D2
Der vorhandene 80er Jahre Anbau an das Baudenkmal wird zurückgebaut. Die großzügigen Flurzonen bleiben in der Funktion und Charakteristik erhalten. Ein vorgestellter Aufzugskörper, der überdachte Eingangsbereich, wie die gartenseitigen Anbauten, bilden ein zum Gebäude abgesetztes mit Bezug auf das Gesamtareal jedoch verbindendes Element. Das Gebäude ist in 8 Wohneinheiten mit Größen zwischen ca. 53 bis 117 m² strukturiert.

N2 / N3
Diedas Denkmal flankierenden, 2-geschossigen Neubauten schließen über ein Bindeglied an D3 an. N2 hat einen direkten Zugang in die darunterliegende Tiefgarage mit Abstellräumen. 4 Stadthäuser von ca. 85 bis 116 m² mit eigener Gartenfläche und weitere 8 barrierefreie Wohnungen zwischen ca. 58 bis 120 m²zzgl. Außenflächenbieten neuen Wohnraum.

D3
Der über die Jahre verlorengegangene Gebäudesockel mit 3 Eingangsstufen wird wiederhergestellt. Die 5-achsige Teilung des Baukörpers wird aufgenommen und bietet 5 Stadthäusern Raum. Im Sinne der Fassadensymmetrie weichen die Brüstungen bodentiefen Fenster-bzw. Türanlagen. Lichtbänder, die in Bezug zu den Fensterachsen liegen belichten das Obergeschoss zum Teil über Lufträume bis in das Erdgeschoss hinein. Die Größen variieren von ca. 80 bis 86 m²und öffnen sich je zur eigenen Gartenfläche.

Tiefgarage
Die Tiefgarage bietet Platz für 28 PKW und insgesamt 25 Abstellräume. Ein zweiter barrierefreier Zugang (neben N2) befindet sich in einem Pavillon in der Sicht-und Wegeachse zu dem ehemaligen Schulgebäude D2.

Bereits gebaute Beispiele zeigen, dass klimaneutrale Gebäude schnell und auch wirtschaftlich sinnvoll entwickelt werden können. Die unterschiedlichen Typologien bieten ein gefragtes Angebot an Wohnraum in der Stadt Mönchengladbach.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Gestaltung der Grünflächen wird positiv beurteilt. Es wird eine Durchwegung in alle Richtungen angeboten, alle Außenanlagen sind gärtnerisch angelegt, die Parkplätze werden mittels Hecken abgeschirmt, zum Teil werden private Gärten angeboten. Gemeinsam mit der optisch ansprechenden Geschossigkeit der Neubauten wird eine gute Atmosphäre erzeugt. Die Zweigeschossigkeit im Süden belässt dem Ursprungsschulgebäude seinen Stellenwert. Die Verbindungsgebäude zwischen Ursprungsschule und Neubau werden kontrovers diskutiert: Einerseits werden sie als gut empfunden, andererseits als zu schmal und eng. Die Grundrisstypologie aus Geschosswohnungen und Stadthäusern ist angemessen, jedoch erscheinen die Grundrisse der Stadthäuser noch optimierungsbedürftig. Die Fassade ruft bei einem Teil des Preisgerichts die Assoziation zu einem Kindergarten hervor und wird als wenig differenziert und zu zurückhaltend beurteilt. Beurteilung aus Sicht des Denkmalschutzes: Der Entwurf ist ein konventioneller Entwurf. Im Bereich des Ursprungsgebäudes sind die sehr dominanten Dachflächenfenster und auch der Umbau der Doppelfenster zu einem großen Fenster wenig denkmalverträglich. Der direkte Anbau an die Schule ist aus denkmalpflegerischer Sicht schlecht. Es wäre besser gewesen, die Schule frei zu stellen. In jedem Segment der Schule wird ein eigenes Treppenhaus angeboten. Das bedeutet eine sehr hohe Anzahl an Durchbrüchen. Es bestehen Bedenken, dass von dem eigentlichen Gebäude fast nichts übrig bleibt. Zusätzliche Eingänge in das Ursprungsschulgebäude sind zwar nicht dargestellt, wären jedoch erforderlich und würden zu vielen Öffnungen in der Fassade führen. Insgesamt stellt der Entwurf einen Beitrag zur Aufgabenstellung dar, dessen besondere Stärken in einem differenzierten Wohnungsangebot und der hohen Ausnutzung der Flächen liegt.