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Offener Wettbewerb (auch für Studenten) | 09/2020

Stadt im Wandel - Stadt der Ideen 2020: "Nachhaltige Kreislaufkonzepte für das Planen und Bauen in Berlin-Brandenburg"

Paradigmenwechsel Transformation Kaufhaus

ein 1. Preis

Wenzel Meyer

Student*in Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Arbeit greift die „Krise des Kaufhauses“ als eine hochaktuelle Problematik des
Einzelhandels auf, die neben den direkten wirtschaftlichen und beschäftigungspolitischen
Folgen eine hohe stadtentwicklungspolitische Brisanz für viele deutsche Innenstädten
birgt. Hatte das Universal-Kaufhaus mit seinem Versprechen „alles unter einem Dach“ bei
seiner erfolgreichen Ausbreitung zur Verdrängung erheblicher Teile der kleinteiligen
Einzelhandelsgeschäfte aus den Innenstädten geführt, so gerät dieses Konzept nun auf der
einen Seite durch die immer spektakulärere „Einkaufserlebnisse“ versprechende Shopping-
Malls und auf der anderen Seite durch den zunehmenden Online-Handel unter Druck.
Verschärft durch die Beschränkungen in Folge der aktuelle Corona-Pandemie zeigt die
Insolvenz des Kaufhof-Karstadt-Konzerns die existentielle Krise des Konzepts Kaufhaus,
die bereits zur Schließung zahlreicher Standorte geführt hat. Was als wirtschaftlicher
Strukturwandel vermutlich unabwendbar und im Sinne Schumpeters als „schöpferische
Zerstörung“ gelten mag, erweist sich hinsichtlich der baulichen Hinterlassenschaften als
hochproblematisch für die betroffenen Innenstädte: Die maßstabssprengenden,
monofunktionalen Baumassen werden mit der Obsolenz ihrer öffentlichen
Versorgungsfunktion zu leblosen Fremdkörpern, zu schwarzen Löchern im städtischen
Leben. Aufgrund ihrer Dimensionen, ihrer überwiegend fensterlosen Hermetik und ihrer
baulichen Struktur sperren sich diese seinerzeit allein für diesen einen vorgesehenen
Zweck optimierten Gebäude gegen alle sinnvollen Umnutzungen, vergleichbar vielleicht
einzig mit den (oft direkt angeschlossenen) Parkhäusern. Hier setzt diese als Masterarbeit
entstandene Arbeit an und entwickelt am Beispiel eines konkreten Kaufhaus-Gebäudes in
Darmstadt einen durchaus auf andere Standorte übertragbaren Vorschlag für den Umbau:
Konkret sieht der Entwurf das Aufteilen des riesigen Kaufhaus-Monoliths in vier einzelne,
durch öffentliche Fußgängerflächen auf Abstand gehaltene Baukörper vor. Erst durch diese Aufteilung können die verbleibenden Geschossflächen natürlich belichtet und belüftet
werden und so für kleinteiligere Nutzungen wie verschiedene Formen von Arbeits- und
Wohnräumen erschlossen werden. Es entstehen eigenständige Gebäude mit eigener
Identität und Adresse, die durch ihre unterschiedliche Fassadengestaltung den Stadtraum
kleinteiliger gliedern. Parallel dazu wird ein differenziertes Konzept für die
Weiterverwendung rückgebauter Bauteile und die Wiederverwertung von Baustoffen
entwickelt, das sowohl ein hohes Maß an Einsparung grauer Energie als auch einen
kulturellen Mehrwert insofern verspricht, als die Geschichte dieses Umbaus in der
gestalterischen Integration weiterverwendeter Elemente erlebbar bleibt. Damit bietet der
Vorschlag einen überzeugenden Ansatz für eine wirtschaftlich funktionierende
Weiternutzung obsolet gewordener Gebäude, und verbindet dies in preiswürdiger Weise
mit wichtigen gesellschaftlichen Aspekten wie der Rückgewinnung von Freiräumen für die
städtische Öffentlichkeit und mit dem Gedanken des nachhaltigen Umgangs mit bereits
verbauten Ressourcen.