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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2020

Umstrukturierung des ehemaligen Spinnereiareals an der Schützenstraße in Hof

Quartierseingang Nord

Quartierseingang Nord

2. Preis

Preisgeld: 16.000 EUR

schott architekten

Architektur

Ina Ketterer Freie Architektin und Stadtplanerin

Architektur

Emily Murphy Architektin

Architektur

Erläuterungstext

Kontextur (von lat. contexere, dt. „zusammenweben“)
„Im Anfang war die textile Kunst“ (Gottfried Semper, 1860)

Textile Gewebe entstehen durch die kreuzweise Verflechtung zweier Fadengruppen. Dieses Motiv dient als Leitgedanke für die hier vorgeschlagene räumliche Struktur und die Einbindung des vorgefundenen Bestands.
Es beinhaltet das Verweben von Stadt und Landschaft, von Gebäuden und Freiräumen, von Bestands- und Neubauten, von Plätzen und Grünflächen, von Baumreihen und Häusern, von öffentlich und privat, von Wohnen, Zusammenleben, Lernen und Arbeiten.

Durch das entstehende urbane Gewebe sollen vorhandene, noch voneinander getrennte Stadtstrukturen miteinander vernetzt werden, indem das Hoftex-Quartier um die ehemalige Vogtländische Baumwollspinnerei zum verknüpfenden Element innerhalb wichtiger städtischer Wegeverbindungen wird. Über die Ausbildung neuer Quartierseingänge und attraktiver Durchwegungen, beispielsweise durch die Herstellung einer großzügigen Öffnung durch das ehemalige Spinnereigebäude hindurch entsteht ein Gelenk zwischen östlich gelegenem Zentrum und Kulturareal um Theater, Hofer Symphoniker und Freiheitshalle im Westen sowie zum südlich gelegenen neu geplanten Bahnhof „Hof-Mitte“.

Zugleich geht die geplante Neubebauung strukturell auf die unterschiedlichen Körnungen und die typologische Vielfalt der vorhandenen Stadtbausteine ein und fügt lineare Elemente aus den ehemaligen Bahnhofsgebäuden mit dem Maßstab des stadtbildprägenden Baukörpers der imposanten Baumwollspinnerei zu offenen Hofstrukturen zusammen. Durch versetztes Anordnen der Baufelder bilden sich öffentliche Freiräume als Quartiersplätze und Grünzonen, die zu Trittsteinen innerhalb der Durchwegung des Gebiets werden.

So entstehen rund um den Bestand moderne Blöcke aus jeweils Ost-West-orientierten Stadthäusern und Nord-Süd-orientierten Zeilen. Die Blöcke verdichten sich in Richtung Osten und öffnen sich nach Westen zum baumbestandenen Hang in Richtung Hochstraße, wodurch der bestehende Landschaftsraum durch grüne öffentliche und halböffentliche Grünzüge ins Quartier hineingezogen werden kann.
Zu den Plätzen hin werden mit den Stadthäusern klare Raumkanten ausgebildet. Hier können vor allem in den Erdgeschosszonen auch das Wohnen ergänzende Nutzungen vorgesehen werden, während die anderen Wohn-Erdgeschosse als Hochparterre ausgebildet werden, um den Bewohnern eine gute Privatheit zu garantieren.

Neben der Wohnnutzung sind Sonderwohnformen wie Seniorenwohnen und Jugendherberge/Hostel sowie eine Kindertagesstätte und ein „Stadtsalon“ als Familien- und Jugendzentrum mit angegliederter Bibliothek an wichtigen Punkten im Quartier verteilt und dienen als Ergänzung zu den insbesondere im Erdgeschoss des Spinnereigebäudes vorgesehenen Gewerbe-, Dienstleistungseinheiten und kulturellen sowie Freizeiteinrichtungen.

Für das Gesamtareal ist eine klimaneutrale Energieversorgung vorgesehen, indem Geothermie durch oberflächennahe Erdwärmesonden im Straßenverlauf des Neubaugebiets über ein kaltes Nahwärmenetz (KNW) an die Gebäude verteilt wird und dort über dezentrale Sole-Wasser-Wärmepumpen zur Beheizung und Warmwasserbereitung genutzt wird.
Die Stromversorgung der Wärmepumpen erfolgt ebenfalls klimaneutral aus den PV-Anlagen auf den Gebäudedächern, wobei diese an ein Arealnetz angebunden werden, das zentral im Untergeschoss der Spinnerei gesteuert, Strom zwischengespeichert und bedarfsgerecht an die umliegenden Nutzer und die E-Mobiliäts-Hubs verteilt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf beschreibt die Entwicklung eines möglichen stadträumlichen Webmusters für das Quartier. Dadurch gelingt eine hohe Vielfältigkeit von Strukturen und Nutzungen. Es kann damit eine hohe Durchmischung von Zielgruppen und Nutzern für das Quartier erreicht werden. Es ist gut nachvollziehbar, wie die Integration des Kerngebäudes der Spinnerei in ein neues Quartier erfolgen soll. Besonderes Merkmal ist die Bestandsumwandlung des Hauptgebäudes mit drei Lichthöfen in Wohnen und Dienstleistungen.
Überzeugend sind unterschiedliche Bautypen für Wohnen, Gewerbe und Dienstleistung mit variierenden Gebäudehöhen und Grundrisstypologien. Das Quartier bildet damit eine hohe Vielfalt mit abgestuften Verkehrsflächen und Wohnungsumfeldern.
Mit einer Abfolge von Aufenthaltsbereichen kommt die Absicht eines verkehrsberuhigten Quartiers zum Ausdruck. Die Erreichbarkeit des Quartiers wird durch eine verbesserte Anbindung an den ÖPNV nachgewiesen. Der ruhende Verkehr wird mit zwei Schwerpunktangeboten an Parkhäusern (Quartiersgaragen) und zwei Tiefgaragen organisiert, wobei die Lage der östlichen Tiefgarage die Qualitäten der Aufenthaltsbereiche stören dürfte.

Der Charakter der Schützenstraße mit seiner Grundstruktur von Bebauung und Freiflächen wird weitgehend erhalten und punktuell fortentwickelt. Die Bebauungshöhen orientieren sich im gesamten Quartier an vorhandenen Gebäuden. Die Transformation des Quartiers bekommt mit der Entkernung des historischen Bestandsgebäudes einen sichtbaren Ausdruck. Es entstehen variierende Wohntypen.
An der Güterhalle/Poststraße ist vorgesehen, ein achtstöckiges Wohngebäude als städtebauliche Dominante zu setzen. Damit entsteht ein bemerkenswerter Orientierungspunkt mit einer Scharnierfunktion innerhalb des Quartiers. Eine Blickachse von der Poststraße nach Westen in das Quartier wird dadurch generiert.
Die ergänzende Bebauung im Süden und Westen des Quartiers ist im Sinne der flexiblen Weiterentwicklung eine hilfreiche Grundstruktur. Damit werden die Erfordernisse einer gewollten innerstädtischen Durchmischung von Wohntypen und Nutzergruppen gut zu erreichen sein.

Das Entree zur Spinnerei wird mit dem „Stadtsalon“ neu markiert. In diesem Zusammenhang entsteht ein wohltuender Freiraum mit angemessenem Abstand zum Kerngebäude. Eine Wegebeziehung durch das Spinnereigebäudes ist erfreulicherweise gegeben und stellt damit eine günstige fußläufige Verbindung von Nord nach Süd dar. Mit einer Abfolge von unterschiedlich dimensionierten Stadtplätzen entstehen Aufenthaltsqualitäten, die mit Richtungswechseln und verschiedenen Raumöffnungen zur Erlebnisvielfalt beitragen.
Im Ideenteil der Arbeit finden sich beachtliche Nutzungsvorschläge die eindrucksvoll die urbane Qualität des Gesamtquartiers unterstreichen können. Die Erfordernisse der Funktionen der Feuerwehr sind dabei voll umfänglich gewährleistet. Die angedachte Fahrradverbindung von Nord nach Süd erscheint im Hinblick auf eine konfliktfreie Verkehrsfunktion der Feuerwehr problematisch.

Im Ideenteil ist für das Spinnereigebäude in der dritten Entwicklungsphase vorgeschlagen Räume für Ausstellungen, Events, Café und ein Gründerzentrum im Erdgeschoss zu schaffen. In einer weiteren Entwicklungsphase – falls gegeben – wird vorgeschlagen, nach vollständigem Rückbau des Kerngebäudes eine Auflösung der Grundstruktur mit Punkt- und Stadthäusern vorzunehmen. Hiermit wird auch Platz angeboten für weitere Dienstleistungen und für Räume der Kreativwirtschaft. Für die Einsteighalle wird als Nachnutzung ein Science-Museum vorgeschlagen. Der Platz der ehemaligen Synagoge soll als Gedenkstätte umgewandelt werden.

Eindrucksvoll wird gezeigt, dass das Quartier vielfältige Nutzungen und Gebäudetypen aufnehmen kann, um ein urbanes Stadtgebiet zu entwickeln. Einer bunten Nachbarschaft aus mehreren Generationen und sozialen Strukturen bietet dem Quartier vielfältige Möglichkeiten und ist das Grundprinzip des Entwurfs.
Die ökologische Qualität des Quartiers soll durch verschiedene Maßnahmen wie Großgrün, Dachbegrünung, sowie Sicherung von Gehölzbeständen nachhaltig Qualität erhalten. An mehreren Stellen sind im Quartier kleinere Wasserflächen geplant, die stadtklimatologische Verbesserungen entfalten werden.
Ein guter Beitrag ist die große Vielfalt im Ideenbereich als notwendige Ergänzung zur Hinführung des Quartiers zur Innenstadt.
Die nachvollziehbare Heterogenität des künftigen Quartiers bietet einerseits hohe Flexibilität der Bebaubarkeit, andererseits muss im Hinblick auf längere Umsetzungsphasen mit Unwägbarkeiten hinsichtlich der Dichte und Platzierung der Baukörper zu Lasten einer Prägnanz des Quartiers einschränkend hingewiesen werden.
Lageplan 1/500

Lageplan 1/500

Konzept / Masterplan

Konzept / Masterplan

Quartierungseingang Süd

Quartierungseingang Süd

Schnittansicht Nord-Süd 1/500

Schnittansicht Nord-Süd 1/500

Schnittansicht West-Ost 1/500

Schnittansicht West-Ost 1/500

Nachhaltigkeitskonzept

Nachhaltigkeitskonzept

Ostansicht

Ostansicht

Westansicht

Westansicht